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Alle Farben der Welt - Roman

Alle Farben der Welt - Roman

Titel: Alle Farben der Welt - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deutsche Verlags-Anstalt
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völlig verdreckten, schmierigen Metallkasten herauf, den eine Gittertür verschloss. Er riss sie auf, forderte mich auf, einzusteigen und meine Holzschuhe auszuziehen, nahm sie mir ab, gab mir eine Lampe und riet mir, mich an den Gitterstäben festzuhalten. So fuhr ich hinab, dorthin, wo der Anfang vom Ende der Welt war.
    Der Käfig machte einen gespenstischen Lärm.
    Wenn ich die Augen schließe, spüre ich noch immer, wie der Boden unter mir bebt, spüre ich, wie der Käfig schwankt, vor und zurück wie ein gigantisches Pendel. Das nie mehr anzuhalten scheint. Ich hielt den Atem an, mein Herz hämmerte. Das Licht über mir verschwand allmählich, es wurde immer kleiner, und unter mir war es wie Feuer, als wollte die Erde mich kochen. Fünfzig Meter, hundert Meter, es wurde heißer und heißer.
    Ich fuhr mehrere Ebenen in die Mine hinab, bevor der Kasten ratternd zum Stehen kam. Ich schaute nach oben. Das Tageslicht war nicht größer als ein Stern am Himmel.
    »Ist hier jemand?«, rief ich.
    Ein Mann mit einer Fackel kam auf mich zu. Er war vollkommen rußbedeckt und schaute mich ungläubig an. »Wer bist du denn?«, fragte er, während er die Käfigtür öffnete.
    »Ich heiße Teresa Ohneruh«, antwortete ich und hielt ihm das gelbe Blatt hin, das der Wachmann unterschrieben und abgestempelt hatte.
    »Und zu wem willst du?« Er legte einen Steg aus hellem Holz zwischen Boden und Gitterkasten. Lesen war dort unten unmöglich.
    »Zu Icarus Broot.«
    »Den findest du da hinten.« Er wies in die einzig mögliche Richtung, auf einen langen Stollen.
    Es war ein überaus finsterer, schauriger Ort.
    Aus allen Ritzen sickerte Wasser. Das Licht meiner Lampe rief eine eigenartige Wirkung hervor und spiegelte sich wie in einer Tropfsteinhöhle. Die Grubenarbeiter, die ich ringsumher sah, waren ausgemergelt und fieberfahl, verwittert und frühzeitig gealtert. Auch die Frauen waren blassgelb und verwelkt. In einem niedrigen, engen Gang, der durch rohes Holzwerk gestützt wurde, reihte sich Zelle an Zelle. In jeder war ein Arbeiter in grobem Leinenanzug, schwarz und schmutzig wie ein Schornsteinfeger, beim matten Licht eines Lämpchens damit beschäftigt, die Kohle loszuhacken. Es sah aus wie in einem unterirdischen Kerker. In einigen dieser Zellen standen die Männer aufrecht, in anderen lagen sie auf dem Boden. Die ganze Einrichtung ähnelte den Zellen in einem Bienenkorb, oder eigentlich sahen sie aus wie eine Reihe Backöfen, wie man sie bei den Bauern findet. Die Kohle wurde vorwiegend von Kindern verladen, von Jungen und Mädchen, die Karren auf Rädern befüllten. Ein Stück weiter war eine Art Stall mit sieben alten Lastpferden. Sie zogen die Karren bis zu der Stelle, von wo aus sie nach oben befördert wurden.
    Ich ging weiter.
    Vorsichtig setzte ich auf dem schlüpfrigen Boden einen Fuß vor den anderen und tastete mich mit den Händen an der Wand entlang.
    Ein beißender Geruch stach mir in die Nase. Ein Geruch, den ich noch immer in mir habe, der mir in die Kehle steigt wie ein Brechreiz. Ein Geruch nach verdorbenem Essen.
    »Icarus! Icarus!« Ich erhielt keine Antwort.
    Der Stollen wurde noch enger, und ich bekam es mit der Angst zu tun. Ich konnte nichts sehen, meine Haube verfing sich am Gestein, ich hörte ein Reißen, und ein Stück Stoff strich über meine Wange, ich kauerte mich hin, war ein Hase mit bebenden Nüstern, bereit, davonzuschnellen. Ich fragte mich, ob mich dieser Stollen überhaupt irgendwohin führte. Ich fragte mich, ob ich je zurückkehren würde.
    Da erlosch meine Lampe. Ganz plötzlich, Monsieur van Gogh. Als hätte sie jemand ausgeblasen. Ich erschrak, konnte jedoch nicht schreien, die Luft blieb mir im Hals stecken, ich atmete etwas Heißes ein, das mir den Gaumen verbrannte. Ich hustete, verschluckte aber auch etwas von diesem Rauch. Tausend kleine Nadeln stachen mir in die Kehle und gelangten in meinen Bauch. Die Haut an meinen Armen spannte sich. Sie fühlte sich an wie ein Schildkrötenpanzer.
    Da erblickte ich etwas vor mir, eine zarte Frauengestalt in Weiß, ein Schattengebilde. Sie sah genauso aus, wie Gaston mir meine Mutter beschrieben hatte, oder vielleicht, wie ich sie mir erträumt hatte, und hinter ihr sah ich eine Flamme, eine Flamme, die sie verbrannte und über ihr zusammenschlug. Eine riesige Flamme, einen Scheiterhaufen mit unzähligen, schneeweißen Rauchlinien, die tanzten und immer schneller wurden, und laut.
    Ich blinzelte, und die Erscheinung verschwand, doch meine

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