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Alle Menschen werden Schwestern

Alle Menschen werden Schwestern

Titel: Alle Menschen werden Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F Pusch
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getroffen hatten [...]. (Brinker-Gabler in Schultz 1981: 81)

    Kann ich davon ausgehen, daß die Tänzerinnen bzw. die Künstlerinnen die einzigen Frauen auf diesen Gesellschaften waren? Oder soll mit der eigenwilligen Sprachgestaltung in (36) nur angedeutet werden, daß bei Tänzern und Tänzerinnen das Geschlecht eine wichtige Rolle spielt [»Er hebt, sie schwebt«], daß die Tänzerin im Gegensatz zum Tänzer gerade auf festlichen Gesellschaften eine willkommene erotische Zutat ist, während bei den übrigen Berufsgruppen die Information über das Geschlecht uninteressant ist? Wie erklären sich unter dieser Voraussetzung aber die Künstlerinnen in (37) gegenüber den Aristokraten? Gab es in dem Salon der Henriette Herz einfach keine Aristokratinnen, oder sind sie hier — im Gegensatz zu den Künstlerinnen — nur zufällig mal wieder »inkorporiert«? [Nach den weiblichen Gelehrten frage ich gar nicht erst, denn Gelehrte sind ja eh männlich — dabei ist Gelehrte eine theoretisch-grammatisch geschlechtsneutrale Bezeichnung.] Es ist wohl müßig, das Rätsel dieser beiden Belege lösen zu wollen. Möge die Feststellung genügen, daß die Suche nach Frauen in unserer deutschen Männersprache nicht selten eine unlösbare Aufgabe ist.

6 Entwürfe, Vergleiche, Metaphern — Frauen und männliche Rollenvorbilder

    Soll die Frauenbewegung etwa [...] um das weibliche Recht kämpfen, Henker werden zu können?
    Parnass 1983: 77

    In Beispiel (16) hieß es, Helmut Schmidt habe in der »herben Hamburgerin« Anke Fuchs »das Zeug zum Bundeskanzler« entdeckt. Warum nicht »das Zeug zur Bundeskanzlerin«? Weil es bisher noch keine gegeben hat. Wenn Schmidt in Fuchs das Zeug zu einer entdeckt hätte, so wäre das etwa so, wie wenn sie in ihm das Zeug zu einem »Barherrn« entdeckt hätte, m. a. W. zu etwas, das es gar nicht gibt. Wenn sie sich ihn hingegen als Bardame vorstellen könnte, so wäre das zwar skurril, aber noch verständlich, weil ja alle wissen, was eine Bardame ist [oder ein Bundeskanzler]. Alle haben schon mal eine oder einen gesehen, entweder »in Wirklichkeit« oder in den Medien.
    Als ich klein war, wollte ich Schuster werden, nicht Schusterin. Schusterinnen gab es nicht. Ich hatte nur die Wahl, entweder etwas zu werden, was ich als Mädchen nicht werden konnte [Schuster], oder etwas, was es nicht gab [Schusterin]. Alles Essig — so oder so. Diese Lektion lernen Mädchen sehr früh.
    Seit den Anfängen der Frauenbewegung beklagen und kritisieren wir das Fehlen weiblicher Vorbilder in der Realität [keine Bundeskanzlerinnen, Schusterinnen usw.] und in der Literatur [keine Heldinnensagen, keine Häuptlinginnen, Trapperinnen, Sheriffinnen, Seeräuberinnen, Kalifinnen]. Das Schlimme ist, daß dieses System sich immer wieder selbst erneuert, daß die Geschichte sich gestaltet nach dem Prinzip »wer hat, dem wird gegeben« — falls wir nicht bewußt gegensteuern.
    Alles Neue baut auf Altem auf, neue Formen werden gebildet aus altem Stoff. Kinder orientieren sich bei ihren Spielen und sonstigen Zukunftsentwürfen an den »Gegebenheiten«. Metaphern und Vergleiche, und seien sie noch so kühn, operieren ebenfalls mit »Gegebenheiten«. Deshalb sind fast alle Metaphern und Vergleiche, die Personen involvieren, männlich fundiert, denn Männer besetzen die Tradition und die Öffentlichkeit, also denjenigen Teil der Realität, der sichtbar, »gegeben« ist. Das Perfide an der ganzen Chose ist nun, daß Sprache und Denken metaphorisch strukturiert sind und daß ohne Metaphern offenbar überhaupt kein Denken, geschweige denn denkerischer Fortschritt möglich ist, wie Lakoff und Johnson (1980) und Lakoff (1987) ziemlich überzeugend dargelegt haben. Die Struktur und nötigenfalls die Umstrukturierung von Metaphern und Vergleichen gehen uns Frauen also ganz zentral an.
    Metaphern und Vergleiche stellen eine Verbindung her. Die Verbindung, Gleichsetzung sollte neu, ungewohnt, überraschend sein und ist es auch manchmal. Die beiden Pole aber, die miteinander verknüpft werden, sind nicht neu. Sie sind gegeben, vertraut, bekannt, sonst hängt der Vergleich in der Luft. Nehmen wir die Metapher Achill, das Vieh. Die Gleichsetzung der beiden ist neu, aber die verknüpften Teile sind bekannt. Oder nehmen wir Vergleiche:

    Eduard sieht aus wie eine Nonne/Kuh/Linsensuppe.
    Eduard sieht aus wie ein weiblicher Papst/der Papst auf weiblich.

    Das kann ich ohne weiteres sagen, aber nicht:

    * Eduard sieht aus wie eine

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