Daemonenmal
Prolog
„Setz dich. Dorthin.“
Harter Parketthoden. Und in der Mitte des Raumes, der sich in der Weite verlor, ein einsamer Holzstuhl unter kaltem Neonlicht.
Ich setzte mich vorsichtig, schlang die Finger um die Armlehnen und empfahl Gott meine Seele an.
Naja, vielleicht war „anempfehlen“ ein bisschen hochgegriffen. Man könnte auch sagen, dass ich einfach nur richtig, richtig heftig betete.
Er umkreiste den Stuhl, jeder Tritt gerade schwer genug, um ihn auf den blanken Dielen zu hören. Meine Waffen und mein Mantel lagen auf einem Stapel neben der Tür. Und selbst das eine Messer, das mit einem Lederband um meinen Oberschenkel geschnallt war, würde mir wenig nützen. Ich war gefangen in einem Zimmer mit einem gierigen Tiger, der auf und ab lief und sich Tritt für Tritt näherte.
Ich saß wie zu Eis erstarrt.
Starrte nur quer durch den Raum ins Leere und gönnte meinen Augen Leerlauf. Nicht so viel, um völlig in meinem Kopf zu versinken – das käme einem Todesurteil gleich. Ein Jäger muss immer wachsam sein, sagt Michail. Immer. Jede Unaufmerksamkeit ist eine Einladung für den Tod.
Und der Tod lässt sich nicht lange bitten.
Jedes Mal, wenn er direkt vor mir vorbeiging – immer gegen den Uhrzeigersinn –, wurde er zu einem bloßen Schatten. Und ich fragte mich allmählich, ob er vielleicht einen Rückzieher machen würde. Aber natürlich war genau das seine Absicht -mich zu verunsichern.
Aufpassen, Jill. Lass dich nicht aus der Ruhe bringen. Ich schluckte und wünschte mir sofort, ich hätte es nicht getan. Ein winziges Stocken in seinem gleichmäßigen Schritt, und schon vermutete ich, dass er das verräterische kleine Zucken in meiner Kehle gesehen hatte.
Ich mag es nicht, wenn mir eine Ausgeburt der Hölle auf den Hals starrt.
Die silbernen Amulette, die in mein Haar geflochten waren, klirrten, als das geweihte Metall auf die fauligen Ausdünstungen des Höllenfreaks reagierte, die auf einmal den Äther erfüllten. Der Typ hier war langweilig, nicht so umwerfend gut aussehend wie die übrigen Verdammten. Er sah eher blass, mager und schwächlich aus.
Aber mein Lehrmeister hatte ihn gefürchtet. Genau genommen hatte dieser Kerl ihm eine Scheißangst gemacht.
Nur ein Idiot fürchtet sich nicht vor einer Höllenbrut. Das ist keine Schande. Als Jäger darf man sich für seine Angst nicht schämen. Das bremst einen nur aus, und das kann man sich nicht leisten.
„Schön.“
Um ein Haar wäre ich zurückgewichen, als sein Atem mein Ohr streichelte – ein heißer, schwerer Hauch, viel zu dampfig, um menschlich zu sein. Er atmete mich ein, und eine Welle des Ekels jagte mir durch den Körper. Eine Gänsehaut überzog meinen Körper, die hart wie Stein war. Schuppen der Angst.
„Folgender Vorschlag.“ Die Worte pressten sich fast schon obszön gegen meine nackte Haut. Etwas berührte mein Haar, und das Silber darin antwortete mit knisternden blauen Funken. Ein Zischen drang an mein Ohr, und auf einmal war es eindeutig zu feucht.
Nicht, dass ich schwitzte. Es war sein Atem, der sich in feinen Tropfen auf mir absetzte.
Großer Gott. Ich war kurz vorm Kotzen. Aber ich schluckte die Galle runter und hielt völlig still, während jeder einzelne Muskel in mir förmlich danach schrie, aufzuspringen und von hier zu verschwinden.
„Ich werde dich brandmarken, meine Liebe. Solange du dieses Zeichen trägst, wirst du über unermessliche Kraft verfügen. Du kannst es wie ein Portal verwenden. Es wird dich stark machen und schnell – stärker und schneller als alle anderen deiner Zunft. In puncto roher Magie wirst du die Nase weit vorne haben. Auch wenn das, was ihr armen Würmer so selbstherrlich Magie nennt, nur ein lausiger Witz ist.“
Die Höllenbrut hielt inne. An mein nasses Ohr wehte kalte Luft. Ein einziger kondensierter Tropfen rann über meine Haut, wurde immer dicker und kitzelte unerträglich. Wie ein toter, wabbliger Finger floss er schließlich an die Stelle, wo Hals und Ohr zusammenstoßen – ein zarter, verletzlicher Fleck.
„Ich werde sogar so weit gehen und dir dabei helfen, diese Stadt von den höllischen Scharen zu säubern, die aus der Reihe tanzen. Davon würden wir beide profitieren. “
Ein leises, knurrendes Kichern strich mir über die Wange -begleitet vom schimmligen Atem der Verwesung.
Ich hielt die Klappe. „Warte ab, bis er sein letztes Angebot macht, Milaya.“ Das hatte Michail mir geraten. Ein guter Rat. Ich war auf das hier vorbereitet worden –
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