Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Alle Menschen werden Schwestern

Alle Menschen werden Schwestern

Titel: Alle Menschen werden Schwestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise F. Pusch
Vom Netzwerk:
Beispiel die Sekretärinnen oder Ehefrauen der Männer, die er jeweilen auf dem Kieker hat:

    [...] der Fürst blieb im Zustand von 1938 erhalten wie tiefgefroren, Schnauz, Lächeln, Ehefrau: alles ist noch da. (Tats. 90)

    Zwar verfügt er nicht wie Küher über eine Sekretärin, auch nicht über Briefpapier mit Briefkopf [...] (Spaz. 237)

    Man sieht also, daß die Pariser Korrespondenten in ihrer jetzigen Form abgeschafft werden können. Am besten beruft man sie in die Heimat zurück, welche sie mental nie verlassen haben. Dort reserviert man ihnen auf den entsprechenden Redaktionen einen gemütlichen Raum, darin ein Fernsehgerät mit Spezialantenne, ein gutes Radio und ein Abonnement auf alle Pariser Zeitungen, mit Express-Luftpost-Zustellung. Also präzis dieselbe Umwelt wie in Paris. Außerdem eine Sekretärin, deren Parfüm ihnen Pariser Atmosphäre garantiert. (Frkr. 14)

    Die Frau als Teil der körperlichen oder sonstigen Ausstattung des Mannes, auf derselben Stufe wie der Schnauz des Fürsten, das Briefpapier des Chefs. Ich möchte Herren-Ausstatter M. eine Variante vorschlagen, nur so, zur Belebung des Stils: »Außerdem einen Clochard, dessen pittoresk zerlumpte Kleidung samt Fusel-Ausdünstung ihnen Pariser Atmosphäre garantiert.«

Witwe Göhner. Dieser ungemein bekannte Bauunternehmer

    Die folgende Lesefrucht zeigt nicht nur den Herren-Ausstatter und Sprachkünstler in Aktion; sie diene hier auch als Übergang zu einer ganzen Flut von Belegen für eine weitere Eigentümlichkeit der Meienbergschen Welt-Anschauung, die ihm jedwede gemischtgeschlechtliche Gruppe von Menschen zu einem wohlgeordneten System mit männlichem Zentrum nebst weiblichen Satelliten geraten läßt:

    Von Tütsch und seinem Gespons wurde man zuerst in den Salon gebeten [...] (Tats. 137)

    Auf der Terrasse des Restaurants [...] sitzt ein straffer, strammer, klammer Herr samt Frau und Töchterlein beim Abendessen. (Spaz. 227)

    Etwas seltener, vielleicht alle sechs Wochen, kommen die Straßensänger, ein blinder Mann mit Frau und Kind, und singen Lieder, wie sie auf keiner Schallplatte zu haben sind. (Frkr. 20)

    [...] ist dem Chronisten in Erinnerung geblieben, daß ein älterer Herr und seine Dame die Treppe zur Bar hinunterstürzten und übereinanderkollerten [...] (Spaz. 92)

    Einer Chronist in wäre vielleicht in Erinnerung geblieben, daß eine Frau und ihr ältlicher Begleiter übereinanderkollerten...; im folgenden Beispiel hätte sie wohl eher eine Frau Eisenring nebst Gemahl wahrgenommen:

    Herrn Eisenring und seine teuer geschmückte Frau zieht es wieder zur Musik [...] (Spaz. 92)

    Meienberg erbost sich in dem Artikel übrigens besonders über die »teuer geschmückten« Frauen. Das ändert allerdings nichts an seiner eingeschliffenen Wahrnehmungsweise.

    [Im Feinschmeckerlokal:] Auch Aznavourkommt, Goldenberg ist ein Geheimtip unter Feinschmeckern. Auch Joseph Kessel kommt, de l’Académie française. Und natürlich Serge Gains-bourg mit der trottelhaften Jane Birkin. [...] Nach der Mahlzeit [...] hat man keine Wahl, man muß noch auf einen Sprung ins türkische Schwitzbad. [...] Wie ungemein verbrüdernd wirkt das! Leider bleibt auch hier noch ein kleiner Unterschied, ist doch ein Beschnittener von einem Unbeschnittenen sofort zu unterscheiden. (Frkr. 31 f.)

    Nach der Mahlzeit, gerade noch rechtzeitig vor der »ungemeinen Verbrüderung«, hat sich die »trottelhafte Jane Birkin« anscheinend in Luft aufgelöst.

    Unvergeßliche Menschen wohnen dort, wie jener Jacob Fleischli, cand. phil. und Tristanforscher, der sich regelmäßig am Freitagnachmittag von seinen Büchern fortstiehlt und im Schlachthof als Pferdemetzger arbeitet, mit seiner blutbespritzten Schürze. Oder jener Jean-Maurice de Kalbermatten, dessen Schwester eine Nebenbeschäftigung als Leichenwäscherin gefunden hat, obwohl sie hauptamtlich Sekundarlehrerin ist. (Schwz. 127 f.)

    Frau reibt sich verwundert die Augen: Hab ich richtig gelesen? Was ist so bemerkenswert an Jean-Maurice de Kalbermatten? Daß seine Schwester (die namenlos bleibt) Sekundarlehrerin und zugleich Leichenwäscherin ist? Ist er nun der »unvergeßliche Mensch« oder sie??

    [...] er war dann halbseitig gelähmt, und seine Frau wurde auch trübsinnig, nachdem ihr alter Wohnsitz vom Luftschutz hinweggedonnert worden war. Der Sohn des Arbeiters R. ist überzeugt, daß die Eltern noch purlimunter wären, wenn man sie nicht entwurzelt hätte. (Spaz. 227)

    Warum schreibt M. nicht

Weitere Kostenlose Bücher