Alle müssen sterben - Thriller (German Edition)
vom Wachdienst des Gmundner Yachthafens, dass Diebe sein Segelboot gestohlen haben. Dann kam der Notruf des Fischers, der das Segelboot mit dem angeketteten brennenden Mann entdeckt hat.“ Elena Kafka trommelte mit den Fingerspitzen auf ihr schwarzes Notizbuch, das für sie anscheinend als Inspirationsquelle diente, so jedenfalls erschien es Braun.
„Als die Wasserschutzpolizei eingetroffen war, kam für das Opfer natürlich jede Hilfe zu spät.“ Sie räusperte sich. „Der Polizeiarzt, der die Leiche als Erster untersucht hat, fand zusätzlich noch Hinweise, dass es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um Tim Kreuzer handelt. Die Haut an der linken Hand des Opfers war relativ unversehrt und auf der Innenseite des Handgelenks waren noch die eintätowierten Buchstaben ,DIMI’ fragmentarisch zu erkennen.“ Elena Kafka machte eine kurze Pause und starrte in ihre Notizen. „Laut der Aussage seines Vaters hatte Tim eine derartige Tätowierung.“
„Dann ist es wohl eindeutig.“ Braun nickte zustimmend. „DIMI, was das wohl zu bedeuten hat? Vielleicht eine Abkürzung? In welcher Schrifttype sind die Buchstaben?“
„Gotische Lettern, soweit ich mich erinnern kann.“
„Die sind ja im Augenblick total angesagt, bedeutet vielleicht gar nichts.“
„Junge Leute haben oft die merkwürdigsten Ideen.“ Elena Kafka zuckte mit den Schultern. „Tim war ja erst 25 Jahre alt und er war ein Künstler.“
„Ein Künstler? Was soll ich mir darunter vorstellen?“ Braun kratzte sich seinen Dreitagebart. „War er Musiker, Schriftsteller, Maler oder was weiß ich?“
„Er war Modedesigner“, antwortete Elena Kafka knapp. „Er hat das Modecollege ,Herzblut‘ in Gmunden besucht.“
„Herzblut – und ein Tattoo mit gotischen Lettern. Klingt für mich ein bisschen nach Gothic. Diese schrägen Friedhofsgeher sind nicht so ganz meine Wellenlänge!“
„Da habe ich in Washington viel schrägere Dinge erlebt. Dinge, die so schräg sind, dass man alleine beim Nachdenken darüber verrückt werden könnte“, sagte Elena Kafka und schlug mit ihrer geballten Faust die leere Nikotinkaugummischachtel platt.
„Natürlich, ich kann mir vorstellen, dass es dort die richtigen Freaks gibt. Wann kann ich übrigens mit dem Vater sprechen?“, wechselte Braun schnell das Thema. „Ich muss mir doch ein Bild über das Leben und das Umfeld von Tim Kreuzer machen.“
„Ich denke, das wird nicht nötig sein. Alle relevanten Informationen habe ich bereits erhalten“, blockte Elena Kafka ab. „Tim Kreuzer hat übrigens gestern Abend noch seinen Vater angerufen.“
„Worum ging es bei dem Gespräch?“
„Tim wollte wieder zurück nach Hause.“ Elena Kafka trommelte auf ihr schwarzes Notizbuch. „Und er hatte entsetzliche Angst.“
„Hat er seinem Vater gesagt, wovor er Angst hatte?“, fragte Braun.
„Leider nein. Er hat immer nur von einer lange zurückliegenden Sache gesprochen“, antwortete Elena Kafka.
„Wer führt die Obduktion der Leiche in Gmunden durch?“
„Das, was von Tim Kreuzer übrig geblieben ist, ist auf dem Weg nach Linz in die Pathologie. Paul Adrian, der Gerichtsmediziner, ist schon verständigt. Ich erwarte seinen Bericht so schnell wie möglich.“
„Wir fahren also das volle Programm bei diesem Mordfall“, konstatierte Braun, der wusste, dass Paul Adrian einer der besten Gerichtsmediziner in ganz Europa war und oft internationale Autopsien durchführte.
„So ist es und Sie haben meine volle Unterstützung, Braun.“ Elena Kafka hob den Kopf und blickte Braun erwartungsvoll an. „Sie fahren sofort nach Gmunden, vernehmen dort den Augenzeugen, diesen Fischer namens Georg Hauser. Das abgebrannte Segelboot ist in einem bewachten Schuppen auf dem Werftgelände. Arbeiten Sie mit kleiner Besetzung, ich möchte, dass Sie diesen Fall diskret lösen, ohne riesiges Mediengetöse, wie das ja sonst bei Ihnen so üblich ist.“
Elena Kafka spielte auf einige von Tony Brauns früheren Fällen an, die überregional für Aufsehen gesorgt hatten. Besonders der spektakuläre Fall des Taubenmädchenmörders war durch die internationale Presse gegangen und hatte Brauns Image als kompromissloser Ermittler noch weiter verstärkt. Im Zuge dieses Falls hatte Braun auch Kim Klinger kennengelernt, die letzte Nacht nicht auf seine Anrufe reagiert hatte, was noch nie der Fall gewesen war.
„Wie gesagt, Braun, ich halte Ihnen den Rücken frei, solange Sie sich an die Spielregeln halten.“
„Spielregeln? Was
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