Alle müssen sterben - Thriller (German Edition)
konzentrierte er sich weiter auf das Telefonat. „Ein einfacher Stadtrat wird mit einem Mal EU-Abgeordneter und kann Subventionen verteilen?“
„Ganz einfach!“ Chiara war in ihrem Element und legte los: „Glanz hat den Posten und die Funktion von Stanislaus Lange geerbt, der ja aus Gesundheitsgründen zurückgetreten ist.“
Braun klopfte wieder an die Lifttür und dachte an den Fall Drakovic, bei dem Stanislaus Lange eine wichtige und ziemlich undurchsichtige Rolle gespielt hatte.
„Bei der EU hat anscheinend niemand etwas dabei gefunden, dass Glanz Subventionen vergibt und gleichzeitig auch für die Kontrolle zuständig ist“, hörte er die fassungslose Stimme von Chiara. „Ich maile dir die Zusammenfassung auf dein Handy.“
„Danke, Chiara. Warte, da fällt mir noch etwas ein. Ich glaube, dass ich Hendrik Glanz schon einmal gesehen habe, und zwar in Petersens Nachtclub. Glanz hat telefoniert und von einer klavierspielenden Nutte gesprochen, die aus dem Weg geschafft werden soll. Check das bitte, vielleicht ist das Mädchen in Gefahr!“
Braun steckte sein Handy ein und trat mit seinem Springerstiefel gegen die Alutür des Lifts.
„Scheißaufzug!“, fluchte er, doch dann setzte sich der Lift endlich nach unten in Bewegung und Braun trat einen Schritt zurück.
Die Lifttüren öffneten sich und der intensive Gestank nach Moder und Fäulnis schlug ihm entgegen. In der Liftkabine stand eine dünne Gestalt in einer zerschlissenen grünen Regenjacke, mit strähnigen roten Haaren, die ihr Gesicht vollständig verdeckten.
„Chloe?“
Mehr konnte er nicht mehr sagen, denn jetzt zog sie die Hand aus ihrer Jackentasche, hielt einen metallenen Gegenstand umklammert, den sie unglaublich schnell nach oben schwang, sie sprang aus dem Lift und stürzte direkt auf Braun zu.
*
„Polina Porzikova, so heißt das Mädchen“, antwortete Elena Kafka. „Weshalb sollte sie in Gefahr sein?“
Chiara berichtete ihr hektisch von Tony Brauns Beobachtung und dem Telefonat, das er damals mitgehört hatte. Gemeinsam mit Berger gingen sie noch einmal die Fakten durch. Braun hatte Hendrik Glanz auf dem Foto als den Mann identifiziert, den er bei Petersen gesehen hatte. Mit größter Wahrscheinlichkeit steckte also Glanz hinter dem Anschlag auf Braun und wollte auch Polina aus dem Weg räumen. Sie kam schließlich aus der Fabrik in Moldawien und dort war sicher nicht alles korrekt abgelaufen. Polina war also eine Gefahr für Glanz und Zorn, denn sie konnte gegen die beiden als Belastungszeugin aussagen.
„Ich checke sofort alle Spitäler!“ Chiara setzte sich wieder an ihren Computer und hatte schon nach wenigen Minuten das Spital gefunden, in dem Polina lag. „Die Adresse des Spitals ist schon auf ihrem Handy“, rief sie.
„Thank you, honey!“, verfiel Elena Kafka vor lauter Aufregung wieder in ihren amerikanischen Slang. „Ich kümmere mich um Polina!“ Elena Kafka griff nach ihrer Tasche und stand auf. „Ich bringe das Mädchen in Sicherheit. Sie wird unsere Kronzeugin gegen Hendrik Glanz und Edgar Zorn.“
Als Elena Kafka verschwunden war, saß Chiara bereits wieder an ihrem Computer und mailte alle relevanten Informationen an Braun.
„Ich rufe Braun an, ob er auch alles erhalten hat“, sagte Chiara zu Berger, der mit seinem Notizblock vor ihrem Schreibtisch stand. Doch Braun meldete sich nicht und Chiara hinterließ eine Nachricht auf seiner Mailbox.
65. Die Polizeipräsidentin dreht auf
Die Spezialklinik lag in einem großen Park und war umringt von verschiedenen Gebäuden, in denen die unterschiedlichsten medizinischen Abteilungen untergebracht waren. Das Areal selbst umfasste mehrere tausend Quadratmeter und erstreckte sich über zwei Straßenzüge. Es war eine Stadt in der Stadt und ohne Plan konnte man sich nur sehr schwer zurechtfinden.
Elena Kafka stoppte ihren bronzefarbenen Porsche beim Haupteingang und hielt sich nicht lange mit Durchfahrtsgenehmigungen auf. Sie beugte sich aus ihrem Wagen und hielt dem verblüfften Portier ihren Dienstausweis vors Gesicht.
„Das ist ein Polizeieinsatz. Gefahr im Verzug“, sagte sie kurz angebunden und ließ den Motor ihres Porsches ungeduldig aufheulen. Sekunden später fuhr sie die Hauptallee entlang und versuchte sich in dem unübersichtlichen Gewirr aus Gebäuden und Straßen zu orientieren. Endlich hatte sie die Spezialklinik erreicht, die einem japanischen Pavillon nachempfunden war, nur war die kunstvoll filigrane Linienführung der
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