Alle Singen Im Chor
ganze Sache macht mich allmählich fertig … Und ich muss unbedingt in zwei Wochen nach San Francisco fliegen, da kommt Peters Regatta ins Ziel. Ich kann doch wohl hin?»
Ich hatte gar nicht daran gedacht, dass einer meiner Verdächtigen das Land verlassen könnte. Sollte ich ihnen allen den Pass abnehmen?
«Hoffentlich ist der Fall bis dahin geklärt. Eine möglichst schnelle Lösung liegt auch in meinem Interesse.» Piia hatte irgendetwas an sich, das mich so gestelzt reden ließ.
«Möchtest du einen Tee? Ich trinke immer eine Tasse Kamillentee nach dem Kräuterbad, das beruhigt so schön.»
Nach Mirjas Studentenzimmer mit der normierten Einrichtung und meiner Einzimmerwohnung, deren Möbel vom Flohmarkt stammten, wirkte das Wohnzimmer der Wahlroos geradezu prunkvoll. Der Blick über das Meer war beeindruckend. Die in blauen und gelblichen Farben gehaltenen Sitzgruppen bildeten gemütliche Winkel, in die man sich zurückziehen konnte, um zu lesen oder Musik zu hören. In den Regalen und auf den Tischen standen interessante kleine Objekte, zweifellos Erinnerungsstücke aus aller Herren Länder. Das Einzige, was mich störte, war die sterile Sauberkeit. Keine zur Hälfte gelesenen Bücher, keine mit der Fernsehseite nach oben gefaltete Zeitung. Das Zimmer sah aus, als hätte der Innenarchitekt es gerade erst verlassen.
Die Keramiktassen, die Piia hereintrug, hatten den gleichen Farbton wie der Sofabezug. Zum Tee gab es herrlich fettige Scones, sicher direkt aus der Mikrowelle. Hungrig griff ich zu, bevor mir Piia überhaupt davon angeboten hatte. In einem Krimi wäre Piia jetzt die Mörderin und die Scones vergiftet. Während das Gift mich langsam lähmte, würde sie mir ihre Tat gestehen und mich dann vom Bootssteg ins Meer werfen. Aber im Krimi käme in letzter Minute der Held herangestürmt und würde mich retten. Dies jedoch war die Wirklichkeit, und ich war durchaus in der Lage, selbst auf mich aufzupassen.
«Sehr gut», murmelte ich mit vollem Mund.
«Die hat Peter gebacken, sie waren eingefroren. Peter kann wahnsinnig gut kochen, auf der ‹Marlboro› ist er auch der Koch.»
«Hast du ihn durch Jukka kennen gelernt?» Wieder schaltete ich das Tonband in meiner Handtasche ein.
«Jukka und Jarmo waren Segelfreunde von Peter. Antti war auch manchmal dabei. Als Jukka fünfundzwanzig wurde, hat er in der Sommervilla von Peltonens eine Riesenparty veranstaltet, zu der er die Chormitglieder und seine anderen Freunde eingeladen hat. Da haben wir uns kennen gelernt.»
«Liebe auf den ersten Blick?»
«So ungefähr. Ich hatte natürlich schon von Peter gehört, bei der vorigen großen Regatta stand ja ziemlich viel über ihn in den Zeitungen.»
«Hattest du vorher ein Verhältnis mit Jukka gehabt?»
«Nein! Der war doch damals mit Jaana zusammen. Anfangs waren wir ziemlich oft in der Clique unterwegs, also die beiden Peltonen-Jungs mit ihren Freundinnen, Antti und Sarianna und Peter und ich. Jarmo und Peter haben ein gemeinsames Boot, das da.» Piia zeigte auf die schnittigste Yacht am Steg. «Da haben acht Leute ganz gut Platz zum Schlafen.»
«Wie könnt ihr euch das denn alles leisten?», platzte ich heraus. Piia sah mich verwundert an, erklärte dann aber in leicht spöttischem Ton:
«Ich könnte mir das gar nicht leisten. Peter schon. Der hat Geld geerbt. Und Aktien. Hast du mal von Kymin Puutavara gehört, dem großen Holzunternehmen? Peters Großvater hat es vor fünf Jahren verkauft, als es noch florierte. Peter ist sein einziges Enkelkind.»
«Was macht Peter beruflich?»
«Er ist Diplomkaufmann und arbeitet in der Wertpapierabteilung der KOP-Bank, allerdings ist er jetzt schon fast ein Jahr beurlaubt. Eigentlich ist er Profisegler.»
«Dann ist er wohl ziemlich oft unterwegs. Vermisst du ihn nicht?» Ich versteckte meine Neugier hinter einer Maske freundschaftlicher Anteilnahme, die Piia vermutlich durchschaute.
«Doch. Dieses Jahr ist er furchtbar lange weg. Allein diese Regatta dauert den halben Sommer. Und ich mag nicht von einem Zwischenhafen zum anderen fliegen, alleine reisen ist schrecklich langweilig, und dann die Zeitverschiebung und all das. Ich bleib lieber zu Hause und versuche meine Magisterarbeit fertig zu schreiben. Aber es ist schon ziemlich unangenehm. Peter muss auch wegen seiner Sponsorenverträge und solchen Dingen oft verreisen.»
«Jukka hat dir doch ziemlich oft Gesellschaft geleistet. Was war eigentlich zwischen euch? Ich hab von vielen Seiten gehört, es wäre
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