Alle Sorgen sind vergessen
„Im Moment gibt es zwei Zwillingspaare.“
„Nun, das dürfte Ihre Chancen erhöhen.“ Die Ärztin legte Allisons Akte auf den Tresen und schaltete die Deckenbeleuchtung aus, bevor sie auf dem Hocker neben der Liege Platz nahm. „Mit Allison habe ich bereits darüber gesprochen, Mr. Perez, aber damit Sie verstehen, was wir tun, erkläre ich es Ihnen kurz.“
Jorge hörte aufmerksam zu, während die Ärztin ihm das vollkommen schmerzlose Verfahren beschrieb.
„Vielleicht möchten Sie ein wenig näher an den Bildschirm treten, damit auch Sie mitverfolgen können, was Allison und ich sehen“, forderte sie ihn abschließend auf.
Er tat es, und Allison erstarrte, als sein Ärmel ihren bloßen Arm streifte.
Dr. Kenyan schaltete das Gerät ein, drehte an einigen Knöpfen und machte Allisons Bauch frei.
„Das Gel wird sich ein wenig kalt anfühlen, Allison“, warnte sie, bevor sie den Schallkopf auf ihre Haut setzte. „Alles in Ordnung?“
„Ja. Es fühlt sich nur etwas seltsam an.“
Dr. Kenyan lächelte. „Ich weiß. Jetzt liegen Sie bitte still, und wir sehen mal, was wir finden.“
Sie strich mit dem Schallknopf über den Bauch und drehte dabei an diversen Knöpfen.
Allison und Jorge starrten auf den Monitor, aber keiner von ihnen konnte etwas erkennen, das wie ein Baby aussah.
„Aha“, murmelte die Ärztin zufrieden.
„Was?“ fragten Jorge und Allison gleichzeitig.
„Sie hatten Recht. Es sind zwei Babys.“
Jorge legte eine Hand auf Allisons, und sie drehte die Handfläche nach oben, um die seine zu ergreifen.
„Sind Sie sicher?“ fragte sie, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.
„Mal sehen, ob ich ein deutlicheres Bild bekomme.“ Dr. Kenyan schob den Schallkopf langsam hin und her.
„Da haben wir sie.“ Mit dem Zeigefinger strich sie über den Bildschirm. „Sehen Sie diese beiden länglichen dunklen Objekte? In jeder davon ist ein hellerer Bereich, der einer auf dem Kopf stehenden Puppe ähnelt – das sind Ihre beiden Babys.“ Strahlend drehte sie sich um. „Meinen Glückwunsch, Sie bekommen Zwillinge.“
Allison fuhr hoch. Ihr Blick zuckte zu Jorge, und in seinen Augen sah sie Ergriffenheit, Überraschung und Freude, alles gemischt mit der Panik, die auch sie empfand.
„Zwillinge“, wiederholte er mit rauer Stimme, bevor er den Kopf schüttelte und die Ärztin ansah. „Sind Sie sicher? Es kann kein Fehler sein?“
„Kein Fehler. Es sind zwei Babys.“
„Ach du meine Güte“, flüsterte Allison. Erst als er ihre Hand an den Mund hob und sie küsste, wurde ihr bewusst, dass sie ihn noch immer umklammerte. Sie konnte ihn nur anstarren und daran denken, dass sie nicht ein Kind, sondern zwei bekamen.
„Wenn Sie sich bitte in den Wartebereich setzen, Mr. Perez, dann werde ich Allison jetzt untersuchen, und wir treffen uns hinterher im Sprechzimmer, wo ich Ihnen gern alle weiteren Fragen beantworte.“
Jorge schaute auf die Uhr. „Wird es lange dauern? Ich bin in einer halben Stunde mit einem Richter und einem Verteidiger verabredet.“
„Wir werden fünfzehn bis zwanzig Minuten brauchen.“
Jorge warf Allison einen Blick zu. „Ich fürchte, dann kann ich nicht bleiben.
Können wir noch für diese Woche einen neuen Termin bekommen?“
„Natürlich.“
„Danke, Dr. Kenyan.“ Er drückte Allisons Hand. „Wir sehen uns heute Abend.“
Seine Worte waren ebenso sehr ein Versprechen wie eine Frage, und Allison konnte nur nicken.
Jorge sah ihr in die Augen, ließ sie los und verließ den Raum.
Allison seufzte. Die Ungewisse Zukunft türmte sich wie ein Berg vor ihr auf.
„Ich habe den Eindruck, dass Sie beide sich, was die Schwangerschaft betrifft, nicht ganz einig sind. Hat er Bedenken, Vater zu werden?“ Dr. Kenyans unverblümte Frage holte Allison jäh in die Gegenwart zurück.
„Nein, Jorge freut sich darauf, Vater zu werden. Er hilft mir sehr.“ Allison schob sich das Haar aus der Stirn. „Ich bin diejenige, die Zweifel hat.“
„Sie denken daran, die Schwangerschaft abzubrechen?“
Die ruhige Frage schockierte Allison. „Nein! Absolut nicht!“
Die Ärztin lächelte aufmunternd. „Ich schlage vor, Sie erzählen mir, was los ist.“
„Ich bin nicht sicher, ob ich eine gute Mutter sein werde.“
„Und warum nicht?“ Dr. Kenyan wirkte nicht empört, nicht mal überrascht, sondern nur interessiert.
„Nun ja, seit ich weiß, dass ich schwanger bin, scheine ich über jede Kleinigkeit in Tränen auszubrechen. Und meine Stimmung wechselt
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