Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
sah, kriegte ich ein paar hinter die Löffel. »Nachbarn um Brot anzubetteln! Was sollen die denn von uns denken? Als ob du hier nicht genug zu essen kriegst! Wie kann man nur so unerzogen sein?«
Im neuen Stern klebte Mama zwei Seiten zusammen, die wir nicht sehen sollten. Da wären Fotos vom Vietnamkrieg gewesen, sagte Volker. Im Vietnamkrieg wurde Leuten der Kopf abgehackt.
Karneval ging ich als Postbote. Papa hatte mir eine blaue Postbotentasche gebastelt, in der ich Briefumschläge sammeln konnte. Er baute mir auch eine Dienstmütze und wollte wissen, ob vornedrauf Deutsche Bundespost oder Postbote stehen solle. Ich war für Postbote. Papa schnitt die Buchstaben aus gelbem Filz aus und klebte sie vorn auf die Mütze.
Wiebke brauchte noch als nichts zu gehen. Renate ging als Hexe und Volker als Cowboy. Uwe ging auch als Cowboy. Das nächste Mal wollte ich auch lieber wieder als Cowboy gehen.
Wiebke quietschte vor Vergnügen, wenn Papa sie hochhob und im Wohnzimmer über Kopf an der Decke rumlaufen ließ. Mit mir hatte Papa das früher auch gemacht. Jetzt war ich schon zu groß dafür.
Im Ersten kam eine neue Serie mit einem Raumschiff, aber die überschnitt sich mit Bonanza. Einmal überschnitt sich auch Graf Yoster mit Bezaubernde Jeannie. Mama wollte Graf Yoster sehen, und wir durften Bezaubernde Jeannie nicht zuendekucken.
Jeannie konnte sich kleinzaubern und mußte in einer Vase wohnen, in der kein Klo war. Renate fand doof, daß auch Graf Yoster nie aufs Klo mußte.
»Der soll mal aufs Klo gehen, sonst kackt der sich in die Hose«, sagte ich und kriegte Zimmerarrest deswegen.
Als Renate und Volker Ferien hatten, fuhren wir mit dem Zug nach Jever, alle außer Papa, der mit Onkel Dietrich an den Plänen für unser Haus arbeiten mußte.
»Hier sind wir mit der ganzen Blase«, sagte Mama zu Oma.
Ein guter Gast ist niemals Last. Das stand auf einem Brett, das in Jever im Flur hing.
Tante Dagmar war auch wieder da. Wir gingen mit ihr in den Schloßgarten und spielten Plumpsack. Dafür waren die im Kreis stehenden Steine auf dem Berg im Schloßgarten gut. Wer der Plumpsack war, mußte hinten um die andern auf den Steinen rumgehen und ein Taschentuch fallenlassen. Wer sich umdreht oder lacht, kriegt den Buckel blaugemacht! Wenn das Taschentuch hinter einem lag, mußte man damit hinter dem Plumpsack herrennen und ihn kriegen, bevor er einmal rum war, sonst war man selbst der Plumpsack.
Wenn Tante Dagmar der Plumpsack war, kuckte sie immer gefährlich, damit man dachte, man sei gleich dran.
Einmal fuhren wir auch im Bus zum Forst Upjever. Renate hatte ihren Fotoapparat mitgenommen. Volker und ich machten auf dem Waldweg ein Kämpfchen und wollten, daß Renate uns knipst.
Am Rand von dem Weg lagen Holzstämme. Da knipste Gustav uns alle. Tante Dagmar im Pelzmantel und Renate im Poncho.
In den Schloßgarten durfte ich auch schon alleine gehen. Die Adresse von Oma und Opa hatte ich auswendig gelernt: Mühlenstraße 47.
Die Gefängnismauer hatte grüne Flaschenscherben obendrauf.
In den Schloßgarten ging ich immer links rein, an den Pfauenkäfigen vorbei bis nach unten zu der Entenfütterstelle am Schloßgraben und nach dem Entenfüttern am Schloßgraben lang auf die andere Seite zu den großen Bäumen. Da waren weniger Enten, aber manchmal war der Pfau da. Einmal schlug er ein Rad. Er stand mitten auf dem Weg. Die Federn im Pfauenrad zitterten. Eine von den Federn fiel hinten runter. Der Pfau hatte graue Krallen und zuckte mit dem Kopf.
Ich wollte mir die runtergefallene Pfauenfeder holen, aber ein anderer Junge war schneller als ich.
Wenn Oma und Opa Mittagsschlaf machten, liefen Volker und ich in den Garten, um zu schaukeln und im Sandkasten Burgen zu bauen.
Frau Apken ging im Garten rum und fragte uns, ob wir ihr Radio reparieren könnten. Das sei kaputt.
In Frau Apkens Wohnzimmer war schlechte Luft, aber wir kriegten einen Werkzeugkoffer und durften mit den Werkzeugen das Radio reparieren. Volker schraubte die Rückwand ab, die aus Sperrholz war.
»Daß ihr das könnt in euerm Alter!« rief Frau Apken.
Ich nahm die Kneifzange und kniff damit Sachen ab, die überstanden. Volker drehte Schrauben raus. Wir steckten auch mal den Stecker in die Steckdose, um den Empfang zu überprüfen, aber es gab keinen.
Gustav war noch frecher. Der klingelte bei Frau Apken, wenn er Fußball kucken wollte, und kriegte Zigarren und Likör vorgesetzt, weil Frau Apken nicht merkte, daß Gustav noch nicht erwachsen
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