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Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition)

Titel: Alle Wege führen nach Rom: Die ewige Stadt und ihre Besucher (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roberto Zapperi
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durchgeführten römischen Volkszählung registriert. Es handelt sich also um Frauen, die Delicado gekannt haben muss, so wie er auch die jüdischen Gebräuche kannte, von denen in den Gesprächen die Rede ist, im konkreten Fall die Regeln für die Zubereitung des Couscous. Diese Kenntnis lässt den berechtigten Verdacht aufkommen, dass auch er Jude war, wenn auch ein zum Katholizismus bekehrter. Zu diesem Punkt gibt es noch einen weiteren Hinweis im Roman. An einer Stelle fragt Lozana Beatriz, seit wann sie und ihre Gefährtinnen in Rom leben, und die Antwort ist: «Seit man die Inquisition einsetzte, teure Señora»; und auf die Frage Lozanas, ob es Juden in Rom gebe, antwortet ihr Beatriz, es gebe viele und sie seien alle gute Freunde, mit denen sie Lozana bekannt machen wollten. Lozana fragt noch, ob die Juden auch mit Christen verkehrten – die Antwort ist ja – und wie man die Juden erkenne. Ihr wird erklärt, sie trügen einen gelben Stern, doch nur die Männer, nicht die Frauen.
    An dieser Stelle muss an die tragische Vertreibung der Juden aus Spanien erinnert und gefragt werden, warum Delicado nicht auf das diesbezügliche Edikt König Ferdinands des Katholischen von 1492 anspielt, sondern vielmehr auf die Einrichtung der Inquisition. Delicado kam aus Andalusien, der spanischen Provinz, in der besonders viele Juden lebten. Die Inquisition war schon 1478 im Königreich Kastilien, zu dem Andalusien gehörte, eingeführt worden und zwar mit dem Ziel, die verbreitete Rückkehr der konvertierten Juden zu ihrem alten Glauben zu bekämpfen. Die kastilische Inquisition, an deren Spitze der fanatische Dominikaner Tomás de Torquemada stand, erreichte trotz der erbitterten Verfolgung solcher Rekonversionen den erhofften Erfolg nicht. In der Folge wurde fünf Jahre später, 1483, nachdem die Inquisition in Andalusien eine noch größere Verbreitung solchen Verhaltens festgestellt hatte als in anderen Landesteilen, ein Edikt zur Vertreibung aller Juden aus dieser Provinz erlassen. Aber der Erfolg blieb auch jetzt aus. So kam es dazu, dass 1492 die Juden aus ganz Spanien ausgewiesen wurden. Alle die sich taufen ließen, durften bleiben, und viele blieben in der Tat auch. Sie mussten aber bald einsehen, dass die Taufe nicht ausreichte, um ihren gewohnten Tätigkeiten nachgehen und öffentliche oder kirchliche Ämter bekleiden zu können. Die bisherige religiöse Diskriminierung wandelte sich schnell in eine tiefere des Bluts und der Rasse. Schon Anfang des 16. Jahrhunderts wurde es für einen Juden praktisch unmöglich, in einem Spanien, in dem die «limpieza de sangre», die Reinheit des Bluts, zur Obsession geworden war, unbehelligt zu leben.
    Delicado wusste also, wovon er sprach, als er auf die Gründung der Inquisition verwies, die in Rom noch nicht existierte. Sie wurde erst 1542 von Papst Paul III. eingeführt, um dem Eindringen der Reformation in Italien entgegenzuwirken. Die Lage der Juden in Rom war während des Pontifi kats von Julius II., als Delicado, wie er selbst angibt, nach Rom kam, sogar besonders günstig, denn der Leibarzt des Papstes, Samuele Zarfati, war ein Jude. Auch während des Pontifi kats Leos X. blieben sie unbehelligt. Die Denkschrift der beiden venezianischen Benediktiner Vincenzo Querini und Tommaso Giustiniani, die dem Papst 1513 vorschlugen, das spanische Vorbild der Judenvertreibung auf die ganze Christenheit auszudehnen, stieß auf taube Ohren. Die besonders von spanischen Forschern geäußerte Vermutung, Delicado sei ein zum Christentum übergetretener Jude, der deshalb so viel über die in Rom lebenden Juden wusste, wird auch durch seine präzise Kenntnis der römischen Synagogen erhärtet, die er nach ethnischen Kriterien unterscheidet. Er spricht von der katalanischen, deutschen, französischen, römischen, italienischen und spanischen Synagoge und weist auch auf die Feindseligkeit der römischen Juden gegenüber den spanischen hin. Delicado muss ein aus Andalusien stammender jüdischer Flüchtling gewesen sein, der ein sicheres Refugium in Rom gefunden hatte, weil er zum Christentum übergetreten war; ob schon in Spanien oder erst in Rom, ist unbekannt. Sicher ist, dass er sich in Rom sogar das Priestergewand überstreifte und einer Pfarrei vorstand, wenn auch einer kleinen und unbedeutenden, und enge Verbindungen zu seinen ins sichere Rom geflohenen jüdischen Landsleuten unterhielt, ohne jedoch ihren jüdischen Glauben zu teilen oder auch nur Sympathie für sie aufzubringen.

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