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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Paulsen
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durchbohrte ihn die Erinnerung. Glühend vor Schmerz und Hass.
    Das Geheimnis!
    Mit seinem Freund Terry war er unterwegs gewesen, auf seinem neuen Rennrad. Sie waren spazieren gefahren, auf einem Fahrradweg, und wollten jetzt auf einem anderen Weg nach Hause zurückkehren – auf einem Weg, der durch die Fußgängerzone der Amber Mall führte. Brian erinnerte sich genau an alle Einzelheiten. Die Uhr vor dem Bankgebäude zeigte 3:31, die Temperatur war knapp dreißig Grad und das Datum des Tages strahlte in leuchtenden Ziffern. All diese Zahlen waren in sein Gedächtnis eingegraben. Wie die Erinnerung an sein ganzes Leben.
    Terry hatte sich auf dem Fahrradsattel umgedreht und ihm etwas zugerufen. Brian hatte sich über dem Lenker aufgerichtet, um zu antworten. Und über die Schulter seines Freundes hatte er sie gesehen.
    Seine Mutter.
    Sie saß in einem Kombiwagen – einem Auto, das er nicht kannte. Er sah sie, aber sie sah ihn nicht. Brian wollte ihr winken und Hallo rufen, aber er tat es nicht. Ein Mann saß im Auto neben ihr.
    Kurzes, blondes Haar hatte der Mann. Und er trug einen weißen Tennispullover.
    All dies sah Brian, er sah es mit überscharfer Genauigkeit. Er sah das Geheimnis und später sah er noch mehr. Aber die Erinnerung kam in Stücken, in einzelnen Szenen wie dieser. Terry, der sich lächelnd nach ihm umdreht. Brian, der den Kopf hebt und seine Mutter neben diesem Mann sitzen sieht. Uhrzeit und Datum und Temperatur des Tages in den Leuchtziffern der Uhr. Sein eigener Fahrradlenker, das kurz geschnittene Haar des Mannes, sein weißer Pullover. Lauter Erinnerungsbilder voll Hass und stummer Trauer.
    Das Geheimnis.
    Brian schlug die Augen auf und schrie.
    Er wusste nicht, wo er sich befand. Noch immer hörte er den krachenden Aufprall des Flugzeugs und hörte sich schreien. Ein Schrei bis zur Erschöpfung seiner Kraft.
    Dann war es still. Er schluchzte leise und rang nach Luft und weinte. Wieso war es so still? Eben noch dieser Lärm von berstendem Blech, splitterndem Glas, dumpfem Dröhnen und angstvollen Schreien. Und jetzt diese Stille.
    Vögel zwitscherten irgendwo.
    Wieso konnten Vögel zwitschern?
    Kalte Nässe spürte er an seinen Beinen. Er stemmte sich hoch und schaute an sich herunter. Seine Beine lagen im Wasser. Dahinter glitzerte blassblau der See. Brian versuchte sich aufzurichten, aber ein glühender Schmerz zuckte durch seine Knochen. Keuchend brach er zusammen, presste den Kopf in den Sand und biss die Zähne zusammen. Seine Beine lagen noch immer im Wasser.
    Der Schmerz. Und die Erinnerung.
    Als er sich umdrehte, fielen ihm letzte Sonnenstrahlen in die Augen und blendeten ihn. Er musste sich abwenden.
    Es war vorbei. Der Absturz war vorbei. Und er war am Leben.
    Ich habe überlebt!, dachte er. Dann schloss er die Augen und ließ den Kopf hängen. Als er wieder aufblickte, war es Abend geworden und nur ein Glutstreifen am Horizont verriet die Stelle, wo die Sonne untergegangen war. Die stechenden Schmerzen im Bein hatten nachgelassen. Ein dumpfes Pochen im ganzen Körper erinnerte ihn an den Albtraum.
    Zwischen die Bäume war das Flugzeug gestürzt und dann hinaus auf den See. Unglaublich. Es war abgeprallt von der Wasseroberfläche und dann steil eingetaucht – und schließlich bis auf den Grund gesunken. Brian hatte sich irgendwie befreit.
    Jetzt lag er am Ufer und stemmte sich hoch, stöhnend vor Schmerzen bei jeder Bewegung. Glühende Stiche fuhren durch seine Beine, als er aufzustehen versuchte. Sein Kopf dröhnte, als hätte ihm jemand einen Schlag mit dem Hammer versetzt. Doch immerhin konnte er sich bewegen. Er schleppte sich aus dem Wasser und kroch auf Händen und Knien die schlammige Böschung hinauf, bis er zu einem grasbewachsenen Buckel gelangte.
    Dort ließ er sich fallen, diesmal aber um auszuruhen – um zu retten, was noch von ihm übrig war. Er lag auf der Seite, legte den Kopf auf den Arm und schloss die Augen. Mehr konnte er im Moment nicht tun. Nichts verband ihn mehr mit der Vergangenheit oder der Zukunft. Erschöpft sank er in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
    Er sah kein Licht, als er endlich die Augen aufschlug. Es war tiefschwarze Nacht und Brian geriet in Panik. Was ist mit meinen Augen passiert?, dachte er. Werde ich nie mehr sehen?
    Als er aber, ohne sich von der Stelle zu rühren, ängstlich den Kopf hob, sah er ein schwaches, graues Licht am östlichen Horizont. Bald würde die Sonne aufgehen. Und Brian erinnerte sich, dass sie untergegangen war, kurz

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