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Allein in der Wildnis

Allein in der Wildnis

Titel: Allein in der Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gary Paulsen
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Mit dem Becher in der Hand saß er vor seinem Feuer und blickte über das Ufer und dachte sich, wie köstlich das Eintopfgericht aus dem Topf duftete. Es war Knoblauch darin, auch andere Gewürze, und der herrliche Geruch erinnerte ihn an zu Hause, an Mutters Küche, an die vertrauten Gerüche – und in diesem Moment, als er vor Heimweh und Sehnsucht und Vorfreude auf das Essen schon ganz aufgeregt war, tauchte das Flugzeug auf.
    Es kam ganz ohne Vorwarnung. Zuerst nur ein leises Dröhnen, das unbemerkt blieb, dann ein donnerndes Propellergeräusch direkt über Brians Kopf, und im Tiefflug kam über die Hügel ein kleines Flugzeug in sein Leben gebraust.
    Es war ein Wasserflugzeug, mit Schwimmern statt einem Fahrwerk, und es flog niedrig über den See hinaus, wackelte kurz mit den Tragflächen an der Stelle, wo das verunglückte Wrack aus dem Wasser ragte, drosselte dann den Motor und flog in einer weiten Schleife über die Bucht. Einmal, zweimal streifte es mit den Schwimmern die Wasserfläche, hüpfte noch einmal hoch, bis es – zwei Bugwellen vor sich herschiebend – aufsetzte und langsam ans Ufer geglitten kam.
    Er saß reglos und unfähig sich zu bewegen. Dies alles ging so unglaublich schnell. Er saß da, seinen Becher mit Orangensaft in der Hand, und starrte das Flugzeug an und begriff noch immer nicht. Er begriff nicht und wusste dennoch, dass es vorbei war.
    Der Pilot stellte den Motor ab, stieß die Kabinentür auf und stieg aus. Mit ein paar Schritten balancierte er auf dem Schwimmer entlang und sprang ans Ufer, ohne sich die Füße nass zu machen. Er trug eine Sonnenbrille, die er jetzt abnahm, um Brian anzuschauen.
    »Ich habe deinen Notsender gehört … Dann sah ich das Flugzeug im See, als ich vorbeiflog …« Er stockte, rang nach Worten und sah Brian an. »Verdammt, du bist es doch, nicht wahr? Du bist der Junge, der seit zwei Monaten vermisst gemeldet ist. Die Suche, na ja, wurde nach einer Weile eingestellt. Du bist es doch, nicht wahr? Du bist dieser Junge …«
    Brian war aufgestanden. Er hielt den Trinkbecher in der Hand und schwieg noch immer. Er konnte nichts sagen. Die Zunge war wie gelähmt und seine Kehle war zugeschnürt. Er konnte nur den Piloten anstarren, das Flugzeug und an sich selbst hinunterschauen – zerlumpt und dreckig, sonnenverbrannt und hager und hart geworden. Hüstelnd räusperte er sich.
    »Mein Name ist Brian Robeson«, sagte er. Und weil der Eintopf auf dem Feuer gerade fertig geworden war, auch der Pfirsichpudding als Nachspeise, machte er eine knappe Verbeugung und sagte zu dem Piloten: »Darf ich Sie zum Essen einladen?«

Epilog
    Der Pilot, der so plötzlich auf dem See gelandet war, befand sich – als Agent einer Pelzhandelsfirma – auf einem Routineflug zu den Trapperlagern der Cree-Indianer. Er hatte das Notsignal des Funksenders empfangen, den Brian versehentlich eingeschaltet und liegen gelassen hatte. Die Cree beziehen jeden Herbst ihre Winterlager, wo sie der Jagd und Fallenstellerei nachgehen. Die Agenten fliegen von Camp zu Camp, um die Ausbeute an Pelzen aufzukaufen.
    Als Brian gerettet wurde, hatte er vierundfünfzig Tage an diesem See überlebt. Während dieser Zeit hatte er siebzehn Prozent seines Körpergewichts verloren. Später nahm er wieder sechs Prozent zu, aber sein Körper hatte alle Fettreserven aufgezehrt und auch in den kommenden Jahren blieb er drahtig und schlank.
    Auch weitere Veränderungen seiner Persönlichkeit waren von Dauer. Brian hatte eine hohe Fähigkeit entwickelt, die Vorgänge in seiner Umgebung zu beobachten und darauf zu reagieren. Dies blieb ihm für sein ganzes Leben. Er war nachdenklicher geworden und seit jener Zeit pflegte er gründlich zu überlegen, bevor er den Mund auftat und sprach.
    Nahrung, und zwar jede Art von Nahrung, ob sie ihm schmeckte oder nicht, blieb für ihn ein Wunder. Noch Jahre nach seiner Rettung ertappte er sich dabei, wie er im Supermarkt vor den gefüllten Regalen stehen blieb und die Menge und Vielfalt der angebotenen Lebensmittel bestaunte.
    Vieles, was er gesehen und kennengelernt hatte, beschäftigte weiterhin sein Interesse. Nach seiner Rückkehr bemühte er sich die Tiere und Pflanzen der kanadischen Wildnis zu bestimmen: Bauchweh-Kirschen hießen tatsächlich Traubenkirschen oder auch Würg-Kirschen (choke cherries) und lieferten gute Marmelade. Die Nusssträucher, in denen die dummen Vögel sich gern versteckten, waren Haselnusssträucher. Die zwei Arten von Kaninchen waren

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