Spionin in schwarzer Spitze (Baccara) (German Edition)
1. KAPITEL
Das durfte doch wohl nicht wahr sein!
Jack Sinclair stand auf dem Bürgersteig nahe dem Gebäude der Kincaid Group und beobachtete fassungslos, wie seine Geliebte Nikki Thomas äußerst vertraut Elizabeth Kincaid umarmte, um anschließend im Firmengebäude zu verschwinden. Das kam einem Hochverrat gleich!
Jetzt wurde ihm so einiges klar. Sie musste für die Kincaid Group arbeiten, eine andere Erklärung gab es nicht. Trotzdem konnte er es kaum fassen. Drei wunderbare Monate lang waren sie zusammen gewesen, eine Zeit des Glücks. Immer wieder hatte er gedacht, dass daraus etwas Festes, Endgültiges werden könnte, und nun stellte sich heraus, dass sie ihn nur benutzt hatte. Dass sie in Wirklichkeit für den Feind arbeitete. Er atmete tief durch, um sich zu beruhigen. Schließlich war er bekannt dafür, dass er stets die Nerven behielt. Obwohl es ihm in diesem Augenblick schwerfiel.
Aber halt, ermahnte er sich, vielleicht gibt es für diese Umarmung doch noch eine andere Erklärung. Nikki hat mich auf der Read-and-Write-Junggesellenauktion ersteigert. Die findet im Haus von Lily Kincaid statt, und ein Großteil der High Society von Charleston ist dabei. Da könnte sie Elizabeth kennengelernt haben. Oder vielleicht gehören sie auch beide irgendeinem Frauenclub an und kennen sich daher. Auch möglich, dass Elizabeth mit Nikkis Mutter befreundet ist. Sie gehören ja alle zu Charlestons besseren Kreisen und haben sich bestimmt mal auf irgendeinem Event kennengelernt.
Ja, vielleicht ließ es sich so einfach erklären.
Es gab sogar noch eine andere Möglichkeit. Jack hatte Nikki, die von Beruf Wirtschaftsdetektivin war, einen Auftrag erteilt. Sie sollte herausfinden, wer Anteile an der Kincaid Group besaß – vor allem, wem die entscheidenden zehn Prozent gehörten, die weder von ihm noch den Kincaids kontrolliert wurden. Vielleicht war sie hier, um dieser Sache nachzugehen. Alles völlig harmlos.
Das würde sich leicht herausfinden lassen. Er zog sein Handy aus der Tasche und wählte die Nummer der Firmen-Zentrale. Sofort meldete sich eine weibliche Stimme: „Kincaid Group. Mit wem darf ich Sie verbinden?“
„Mit Nikki Thomas bitte.“
Die Frau zögerte. „Nikki …? Nikki Thomas?“
„Ja, Ihre Wirtschaftsdetektivin. Sie hat mir gesagt, ich könne sie über diese Nummer erreichen.“
„Ach so, ja, selbstverständlich. Einen Moment bitte.“
Leise vor sich hin fluchend legte er auf. Das war ihm Beweis genug. Nikki arbeitete also für die Kincaid Group! Sicher, er hatte von Anfang an gewusst, dass sie Wirtschaftsdetektivin war, aber weil sie ihn immer wieder auf ihre Verschwiegenheitspflicht hingewiesen hatte, hatte er es versäumt, ihr wichtige Fragen zu stellen. Doch jetzt würde sie sie ihm beantworten müssen! Und jede einzelne!
Wutentbrannt beschloss er, in das Firmen-Gebäude zu gehen. Er musste mit Nikki reden, und es würde keine angenehme Unterhaltung werden. Er musste mit der Frau reden, die wie keine andere in sein Innerstes vorgedrungen war, der es gelungen war, seine mühsam über Jahre aufrechterhaltene Fassade von Kühle und Unnahbarkeit zu durchbrechen.
Er musste mit ihr reden, und dann würde sie es bitter bereuen, dass sie ihn hereingelegt hatte.
Jack verschwendete keine Zeit mehr. Mit großen Schritten steuerte er auf das vierstöckige Gebäude zu. In den vergangenen Monaten war er mehrfach im Firmen-Komplex gewesen, um mit den Söhnen und Töchtern seines Vaters zu sprechen – mit den „Ehelichen“, wie er sie insgeheim nannte. Sie hingegen nannten ihn, den „unehelichen Sohn“, unter sich wahrscheinlich den „Bastard“. Er hatte es ihnen in letzter Zeit nicht leicht gemacht.
Er betrat das Bürohaus und baute sich vor der Empfangsdame auf. Als die Frau ihn sah, griff sie sofort zum Telefonhörer. Entschlossen legte er einfach den Finger auf die Gabel und beendete so die Verbindung. Sicher hatte die Frau die Anweisung, sofort einen der Kincaids zu benachrichtigen, sobald er auftauchte. Wäre er anstelle der Kincaids gewesen, dann hätte er es genauso gemacht.
„Wissen Sie, wer ich bin?“, fragte er mit gefährlich leiser Stimme.
Sie nickte wortlos.
„Sehr gut. Dann wissen Sie ja auch, dass mir ein nicht gerade kleiner Teil dieser Firma gehört.“ Mit einem Kopfnicken wies er sie an, den Telefonhörer wieder auf die Gabel zu legen. „Ich muss sofort mit Nikki Thomas sprechen. Wo finde ich sie?“
Die Frau spürte genau, wie aufgebracht er war. Besorgt
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