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Alles auf Anfang

Alles auf Anfang

Titel: Alles auf Anfang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benioff David
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Alexander?«
    »O Gott, ja.«
    »Willst du mich?«
    Ich sagte nichts. Ich strich mit den Handrücken seine Schenkel hinauf und begann ihn zu küssen, überall, jeden
Zentimeter dieser sandfarbenen seidigen Haut. Er stellte die Füße weit auseinander und lehnte sich gegen das Fenster, und ich dachte: Wenn wir jetzt vierzig Stockwerke hinunterstürzen, können sie mein Lächeln unten vom Pflaster abkratzen.
     
     
     
    3 Nach der Rasierparty engagierte er mich, um sich von mir malen zu lassen. Ich hatte seit der Kunsthochschule keine Porträts mehr gemacht; die zurückliegenden drei Jahre waren meiner Wasserturmserie gewidmet gewesen, »Wassertürme 1- 59«, und ich bezweifelte, Hectors Körper gerecht werden zu können.
    Ich hatte recht; jede Studie, die ich begann, war eine Übung in Reduktion. Hector als Ganzes kam auf dem Papier nicht zum Vorschein. Er stand nackt auf dem Betonfußboden meines Studios in Red Hook, einem umgebauten Fleischerladen, den ich zusammen mit Tulip gemietet hatte, einer Teilzeitlesbe aus Manitoba.
    »Wenn sie es nur in Teilzeit ist«, fragte Hector, nachdem ich ihm meine Wohnverhältnisse geschildert hatte, »warum sagt sie dann nicht, dass sie bisexuell ist?«
    »Sie meint, sich als bisexuell zu bezeichnen heißt kneifen.«
    Hector zog die Augenbrauen hoch. »Aber Männer zu vögeln nicht?«
    »Mund halten und nicht bewegen.«
    »Dann sollte sie nur schwule Männer vögeln«, sagte er, die Hände auf dem Rücken, geziert lächelnd, um seine Grübchen zu zeigen. »Falls es ihr um ethische Grundsätze geht.«

    Ich blickte von meinem Skizzenblock auf.
    »Tulip ist nicht dein Typ«, sagte ich, und Hector zuckte die Schultern.
    »Du schläfst nicht mit Frauen«, erkundigte ich mich, »oder?«
    »Nur wenn ich will.«
    Ich ging wieder an die Arbeit. »Nicht die Muskeln anspannen, okay? Du sollst einfach still dastehen.«
    Er streckte mir die Zunge heraus. »Wann kommt Bäumchen-wechsle-dich übrigens nach Hause?«
    »Jeden Moment. Da, wo du jetzt stehst, da stand früher der Fleischwolf. In den ersten sechs Monaten, nachdem wir eingezogen waren, stank hier alles nach rohem Fleisch.«
    »Schau mich an«, sagte er und blickte auf den kläglichen Zustand seines Pimmels. »Schau mich armes kleines Ding an.«
    »Ist dir kalt?«
    »Nein«, sagte er, »ich bin einsam.« Ich ließ den Block fallen und ging zu ihm.

    Das Schwierigste an Hector war, seine Füße auf der Leinwand festzuhalten. Alles Übrige an ihm war klassisch proportioniert, hatte die marmornen Winkel und Rundungen einer griechischen Statue, aber seine Füße waren hässlich. Er hatte Tänzerfüße, von Beulen und Prellungen deformiert, mit Hammerzehen und dicken gelben Schwielen. Doch Hector war stolz auf sie; er lief selbst dann barfuß herum, wenn er angezogen war, was im Haus selten vorkam. Seine Füße halfen mir, ihn zu verstehen. Hector war ein Puerto Ricaner aus der Bronx. Trotz seines koketten Gehabes,
trotz seiner ständigen Verschönerungsarbeiten vor dem Spiegel, war Hector ein zäher Bursche, ebenso Athlet wie Künstler.
    Eines Abends waren wir in Scarsdale zu einem Kostümfest eingeladen, das der Chefredakteur einer Zeitschrift gab (Hector war eingeladen; ich ging als sein Gast mit). Ich holte ihn in seiner Wohnung ab, und mir stockte der Atem, als er die Tür aufmachte. Er trug einen schwarzen Ganzkörper-Bodysuit aus Spandex, der so eng war, dass ich die Adern seines Bizeps ablesen konnte, sehen konnte, dass er keine Unterwäsche trug.
    »Das willst du doch nicht wirklich tragen«, sagte ich. Ich bin in einer Stadt in Pennsylvania aufgewachsen, die früher wegen ihres Stahls bekannt war und heute dafür bekannt ist, Footballspieler hervorzubringen; ich war immer der Meinung, dass zwischen Schwulenstolz und Selbstmord ein feiner Unterschied besteht.
    »Aber sicher«, sagte er und küsste mich auf den Mund. »Ich bin Catman!«
    »Catman? Es gibt keinen Catman. Meinst du Catwoman?«
    »Pfeif auf Catwoman. Ich bin Catman!«
    Es war nichts zu machen. Ich hatte mich als Investmentbanker verkleidet: Ich trug einen Nadelstreifenanzug, eine rote Krawatte und rote Hosenträger und wollte einen eineinhalb Meter langen Penis vor mir hertragen, der aber aufblasbar war, sodass ich ihn erst aufblasen musste, wenn wir auf der Party waren.
    Auf der Subway-Fahrt zur Grand Central Station saß ich auf der Bank, schamrot, während Hector vor mir stand, ohne sich irgendwo festzuhalten, im Rhythmus des Zuges
hin und her schaukelte und

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