Alles auf eine Karte
Höflichkeit hin oder her, es war Zeit für einen Abgang. »Tja, ich muss los«, sagte ich. »War schön, Sie kennenzulernen, Stacy. Aaron, hat mich gefreut, dich wiederzusehen.«
»Mich auch, Waverly«, sagte Aaron. »Pass auf dich auf.«
Pass auf dich auf? Das war alles, was mir der Mann, den ich beinahe geheiratet hätte, zu sagen hatte? Ich schob meinen Wagen an den beiden vorbei und schwor mir, nie wieder einen Fuß in diesen gottverdammten Laden zu setzen. Eher wollte ich verhungern.
Als ich gleich darauf meine Einkäufe im Auto verstaute, fiel mir auf, dass ich den Zucker vergessen hatte. Mist. Ich kann auf alles verzichten, nur nicht auf Zucker. In mich hineinfluchend marschierte ich zurück. Ich war etwa fünfzehn Meter vom Eingang entfernt, als Aaron und Stacy mit ihrem Wagen aus dem Supermarkt traten. Sie kamen geradewegs auf mich zu.
Ich hechtete intuitiv nach links und kauerte mich hinter ein parkendes Auto. Keine Ahnung, warum. Ich zog den Kopf ein und betete zu Gott, dass sie mich nicht sehen würden – und falls doch, dass mir eine glaubwürdige Erklärung für mein albernes Verhalten einfallen würde.
Ich versuchte, still zu halten und meine Atmung zu kontrollieren. Atmete ich immer so laut? Nach ein, zwei Sekunden ließ ich mich auf den Hintern plumpsen und zog die Knie an. Ich konnte nicht glauben, was ich da tat. Ich wurde bald dreißig, Herrgott nochmal!
Ein paar Sekunden später hörte ich Schritte und das Rasseln eines Einkaufswagens. Ich hob den Kopf und ließ sie nicht aus den Augen, bis sie ins Auto gestiegen und davongefahren waren. Dann rappelte ich mich mühsam auf, klopfte mir den Staub von der Hose und blickte mich um. Eine Frau, die soeben aus einem Auto stieg, musterte mich verdutzt, aber abgesehen davon hatte mich niemand gesehen.
Habe ich schon erwähnt, dass ich nie wieder einen Fuß in den Marina Safeway setzen werde?
Als ich wieder zu Hause war, notierte ich mir einen weiteren Spruch für eine Karte:
Vorderseite: Du hast zufällig deinen Ex getroffen, als du gerade ausgesehen hast wie der letzte Mensch?
Innenseite: Keine Panik, Süße. Wenn du ihn das nächste Mal triffst, dann sorg dafür, dass du es mit dem Projektil einer Jagdflinte tust, und dann gönn dir eine Margarita.
*
Nach einer heißen Dusche überflog ich das Geschriebene noch einmal und kam zu dem Schluss, dass eine Margarita genau das war, was ich jetzt brauchte. Genug gejammert.
Ich wählte McKennas Nummer, erreichte aber nur den Anrufbeantworter.
»Hey, ich bin’s. Ich brauche eine Margarita, und zwar am besten gestern«, verkündete ich nach dem Piepton.
Dann rief ich Andie an.
»Hey, ich bin’s. Ich brauche eine Margarita, und zwar am besten gestern«, sagte ich erneut.
»Cool. Ich hole dich in einer Stunde ab.«
Zuweilen ist es wirklich praktisch, zwei beste Freundinnen zu haben.
Zwei Stunden später hatten Andie und ich unsere zweite Margarita in Arbeit und die zweite Schüssel Nachos mit Salsa vor uns. Wir saßen an einem hohen Bistrotisch in einer Bar namens Left at Albuquerque in der Union Street.
»Und dann sind echt die Tampons aus deinem Wagen geflogen?«, kicherte sie.
Ich nickte. »In hohem Bogen, wie eine Taube, die von einem fahrenden Auto erfasst wurde.«
»Und, ist sie attraktiv?«
Ich nickte. »Sehr attraktiv.«
»Und Aaron, hat er gut ausgesehen?«
Ich nickte. »Sehr gut.«
»Aber hat er auch glücklich gewirkt?«
Ich nickte. »Sehr glücklich.«
»Und du hast verwahrlost und schmuddelig ausgesehen?«
Ich stützte die Ellbogen auf dem Tisch ab und barg das Gesicht in den Händen. »Sehr verwahrlost und schmuddelig.«
»Verdammt«, stellte sie fest.
»Mein Leben ist ein einziger großer Misthaufen.« Ich winkte der Kellnerin. »Könnten Sie uns bitte noch zwei Margaritas und eine Portion Nachos und Salsa bringen?«
Nach zwei weiteren Runden Margaritas hatten wir ordentlich einen in der Krone.
»Weissu was, Andie?«, lallte ich. »Wer braucht schon Männer? Auf die Freundinnen.«
»Auf die Freuninnen«, lallte sie zurück und hob ihren Cocktail. Wir prosteten einander zu und leerten unsere Gläser.
»Ich rufe jess Mackie an und sage ihr, wie sehr ich sie liebe.« Ich zog mein Mobiltelefon aus der Handtasche.
Just in diesem Augenblick kam ein Hüne in hellblauem Hemd und beigefarbener Hose an unseren Tisch. (Ich würde meine gesamten Ersparnisse darauf verwetten, dass vierzig Prozent der Männer im Marina-Viertel in exakt diesem Outfit herumlaufen, je nach
Weitere Kostenlose Bücher