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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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rief er: „Im Kühlschrank sind Fischstäbchen. Du isst doch kein Fleisch, oder?“ Richtig.
    Ginger und ich setzten uns an den Tisch und zeichneten. Sie konnte nur Schnecken malen. Aber ich bin ziemlich gut im Zeichnen, und nachdem ich Donald Duck ein erstes Mal aufs Papier gezaubert hatte, war die Beschäftigung des Abends gefunden. Ich zeichnete zehn Donald Ducks und einen schlechten Pluto, von dem Ginger trotzdem begeistert war. Im Gegenzug bekam ich von ihr ein paar Schnecken, die ich in meinem Zimmer aufhängen sollte.
    „Mama sagt, dass du mein Onkel bist“, sagte Ginger.
    „In gewisser Weise bin ich das auch“, antwortete ich und strich ihr übers Haar, während wir Hamtaro guckten.
    „Was ist ein Onkel?“, fragte sie.
    „Das ist jemand, der auf dich aufpasst, dir Videofilme mitbringt und mit dir auf den Spielplatz geht.“
    „Ist Papa mein Onkel?“
    „Nein. Er ist dein Papa.“
    „Gibt es Hamster in echt?“
    „Ja.“
    „Ich will auch einen.“
    „Stimmt, die sind lieb.“
    „Warum gibt es Hamster in echt?“ Darauf fiel mir keine Antwort ein. Stattdessen malte ich einen Hamster.
    „Ich will einen Hamster haben, der Nick heißt. Einen Onkel-Hamster.“
    „Das müssen wir deiner Mama sagen.“
    Borste kam um sechs Uhr zurück. Er hatte rote Farbspritzer im Gesicht. Ich traute mich nicht zu fragen, woher.
    „Hat nicht geklappt“, sagte er. „Du musst noch mal los mit einer anderen Tasche. Die muss nach Polen.“
    „Ach, verdammt“, sagte ich seufzend. Er schloss die Tür, sodass Ginger nichts hören konnte. Dann ging er mit schnellen Schritten zu mir und stellte sich ganz dicht vor mich.
    „Du kapierst gar nichts. Ich versuche doch, dich aus allem rauszuhalten.“
    „Dann kannst du auch selber nach Polen fahren.“
    „Ich kann das Land nicht verlassen. Sorry. Ich habe eine Tochter. Ich versuche, sie zu beschützen. Ich versuche auch, dich zu beschützen. Mach das. Sonst gibt es Riesenärger.“
    „Du brauchst mich nicht zu beschützen“, sagte ich.
    „Pass auf, was du sagst.“
    „In was bist du denn da in Gottes Namen verwickelt?“
    „Das sollst du nicht wissen. Sonst kann es sein, dass du dir in einer Woche keine Gedanken mehr darüber zu machen brauchst.“
    „Scheiße, in was hast du mich da reingezogen?“
    „Wie bitte?“, sagte er. „Das hast du dir selber eingebrockt. Womit hast du gerechnet? Hast du gedacht, dass es total ungefährlich ist, Kokain zu verkaufen? Mit Speed zu dealen? Wolltest du deine Einnahmen dem Finanzamt melden? Dafür bist du ganz allein verantwortlich. Ich versuche nur, deinen verdammten Arsch zu retten, Nick. Wann kapierst du das? Du nimmst nachher im Hafen die Fähre und fährst nach Swinemünde, dann bist du morgen früh dort. Es läuft wie beim letzten Mal. Wenn du von der Fähre runterkommst, gehst du zu einem Fahrkartenschalter und wartest. Ein Typ kommt vorbei und nimmt die Tasche mit. Dort wird ein ziemliches Gedränge herrschen, aber du erkennst ihn bestimmt.“
    „Das kann ich nicht machen. Was ist, wenn man uns erwischt?“
    „Wird nicht passieren. Warte hier.“
    Kurz darauf ging er in Gingers Zimmer und kam mit einer schwarzen Tasche zurück, die genauso aussah wie die letzte.
    „Geht das noch öfter so?“, fragte ich.
    „Nein. Das ist bald vorbei. Schau nicht in die Tasche. Dann kannst du dich besser dumm stellen, wenn es eng wird.“
    Ich ging mit der Tasche zum Zug. Sie war schwer wie Sau. Drinnen klirrte es leise. Ich hatte nicht die geringste Lust nachzusehen, was ich da mit mir herumtrug. Weiter zur Fähre nach Swinemünde. Rein und auf einem der Plastiksitze Platz nehmen. Der Geruch erinnerte mich an den Ausflug nach Helsingborg, den ich mal mit Opa gemacht hatte. Der Geruch von Diesel. Das laute Knirschen. Der Rost in den Fugen.
    Für das Geld, das Borste mir gegeben hatte, konnte ich mir nur eine Hinfahrt ohne Liegeplatz leisten. Mir blieben noch dreihundert Kronen. Sonst war ich total blank. Ich hatte nichts gegessen. Ich kaufte zwei Rumschnecken und ein Brötchen ohne was drauf. Der Rest des Essens war mit Fleisch infiziert. Während ich die Schnecken aß, überlegte ich, wie ich nach Hause kommen sollte. Ich könnte trampen. Im besten Fall wäre ich übermorgen zu Hause. Ich studierte eine Karte. Per Anhalter nach Rostock, von dort weiter nach Padborg und von da nach Hause. Das war eine Möglichkeit. Oder zu versuchen, auf einer Fähre zurückzukommen. Vielleicht hinten auf einen Lkw aufspringen. Ich fror.
    SMS. Hey,

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