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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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legte ich mich auf einer Bank schlafen und nahm den ersten Zug in die Stadt. Um sechs öffnete der Bäcker, ich kam genau pünktlich. Vicki hatte sich das Programm vom Grand angesehen und „eine Filmperle aus Uruguay“ gefunden. Sie hörte sofort auf zu referieren, als sie mich das erste Mal richtig ansah.
    „Geh erst mal auf die Personaltoilette und mach dich frisch. Dame Edna bekommt Ausschlag, wenn sie dich so sieht!“ Ich roch nach Lkw und war bleich und schmuddelig. Ein Teil davon ließ sich abwaschen.
    „Warst du bis eben feiern?“
    Ich schüttelte den Kopf.
    „Ich hab ein paar Probleme. Aber die sind bald gelöst.“
    Als ich nach Hause kam, empfing mich ein sonderbarer Anblick. Überall lagen Rosenblätter verstreut. Es roch verbrannt.
    Mein Vater schlief auf dem Sofa.
    „Hi Son“, sagte er und setzte sich auf.
    „Was habt ihr denn getrieben?“
    „I tried to woo yer mother.“
    „Und jetzt pennst du auf dem Sofa.“
    „Yeah. Hat nicht so gut geklappt.“ Er lächelte traurig. „Ich muss bald wieder zurück auf die Insel.“ Also waren sie endlich beide zu diesem Schluss gekommen.
    „Kannst du dir nicht einfach irgendwo in der Stadt eine andere Wohnung nehmen?“
    „It doesn’t seem to work for me here. Can’t get a job.“
    „Dann lern doch Dänisch, Mensch.“
    „I can’t learn it. I’ve tried. It sounds like rubbish.“
    „Hm. Wann haust du ab?“
    „Well. I’ve got … Ich habe die Wohnung in Manchester. Die ist … subleased, ye know.“
    „Untervermietet?“
    „Yes.“
    „Bis wann?“
    „September first.“
    „Hm. Dann mach es dir auf dem Sofa gemütlich. Ich hab ein paar Pornofilme, wenn du welche brauchst.“ Ich ging. Mir war speiübel vor Müdigkeit. Und ich vermisste meinen Vater schon jetzt.
    Am nächsten Tag bekam ich eine SMS : gut gemacht hoffe du besorgst noch mehr geld borste.
    Wie viel war die Aktion von gestern wert? , schrieb ich zurück. Ich bekam keine Antwort.
    Es war fucking fünf Uhr morgens und ich war kurz davor, zur Bäckerei zu fahren. Ich las meine Mails. Ging auf Facebook .
    Ikarus. Ikarus hatte wieder geschrieben. Die Nachricht war schon vier Tage alt.
    Kann es sein, dass du Borste Geld schuldest? Zahl es zurück. Und zwar schnell.
    Ich lösche dich jetzt, schrieb ich zurück.
    Ich entfernte ihn aus meiner Freundesliste. Was Ikarus mit der ganzen Sache zu tun hatte, lag außerhalb meiner intellektuellen Reichweite. Aber Jonathan war tot. Und der Teufel Ikarus hatte seinen Einfluss verloren. Komplett. Ich war bereits auf dem direkten Weg in die Hölle und hatte nicht das Bedürfnis, dem Teufel vorher noch zu begegnen.
    Um kotz vor sechs stand ich in der Bäckerei – diesmal ohne Vicki. Ann war da. Vierzig Jahre alt. Verbittert und bleich. Es lag an Leuten wie Ann, dass solche Jobs nicht cool waren. Sie klagte über Rückenschmerzen und kommandierte mich herum. Ich tat, was sie verlangte. O Mann, sie hatte sich in dieser Bäckerei fett gearbeitet. Sie wusste, wovon sie sprach. Ich hatte große Lust, mich total zu bekiffen. Es war leichter, Befehle entgegenzunehmen, wenn man breit war.
    Mitten in diesem Elend rief auch noch Borste an. Ich hob ab.
    „Hi. Kannst du heute Nachmittag auf Ginger aufpassen?“ Ich machte mir vor Erleichterung fast in die Hose.
    „Natürlich.“
    „Treffpunkt ist bei Vivian zu Hause. Wann kannst du da sein?“
    „Ich habe in einer Stunde Feierabend.“
    „Perfekt. Ich versuche, ein Ding durchzuziehen, damit diese Geschichte bald ein Ende hat.“
    Er sagte mir die Adresse. Ich hatte gerade noch Zeit, einen billigen Videofilm zu kaufen, dann düste ich los.
    „Hier hast du meine neue Telefonnummer. Die kennen nur Vivian und du. Lern sie bitte auswendig, okay? Du darfst sie auf keinen Fall abspeichern.“
    Ginger klebte an mir, seit ich zur Tür hereingekommen war. Ich hatte bis dato gedacht, dass ich aus allen Fugen geraten war, aber im Vergleich zu mir war Borste ein Totalschaden. Er schwitzte und zuckte zusammen, als unten am Parkplatz die Alarmanlage eines Autos losging. Hastig ließ er die Rollläden herab.
    „Ich will auf den Spielplatz gehen, Nick“, sagte Ginger.
    „Ich glaube, ihr beiden bleibt heute lieber hier, mein Schatz“, sagte er. „Sei schön brav. Hör auf das, was Onkel Nick dir sagt.“ Er umarmte sie lange. Ich konnte sehen, wie seine Augen in die Leere starrten, bis sie sich aus seinem Griff befreite. Er hatte Tränen in den Augen. Dann nahm er ein Einkaufsnetz und ging.
    In der Wohnungstür

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