Alles Gold Der Erde
der Welt sie diesen Skandal ertragen sollten. Die beiden Mütter stöhnten und jammerten über ihre Sprößlinge. »Nach allem, was ich für dich getan habe, ist das nun der Dank …«
Aber die Tatsachen waren nicht zu ändern. Baird und Eva mußten wohl oder übel beisammen bleiben. Die Eltern brachten sie in einem hübschen kleinen Haus unter. Bairds Vater erklärte, sein Sohn könne in das Importgeschäft der Familie eintreten. Doch trotz alledem blieb das hübsche kleine Haus eine Art Gefängnis. Eva war knapp sechzehn, als Kendra geboren wurde. Zu dieser Zeit haßte sie Baird, und Baird haßte seine junge Ehefrau nicht minder. Ständig lagen sie sich in den Haaren. Baird fing zu trinken an, und eines Nachts – Kendra war gerade ein Jahr alt – ritt er in einem Wintersturm von einem feuchtfröhlichen Fest nach Hause und zog sich eine Lungenentzündung zu. Ein paar Tage später war er tot.
Bairds Mutter, eine Frau mit Verstand, behauptete, es sei ihre Pflicht, Kendra zu sich zu nehmen, weil Eva eine Närrin sei, und Evas Mutter wiederum müsse ebenfalls eine Närrin sein, sonst hätte sie nicht eine solche Närrin von Tochter großgezogen. Eva war froh, ihr ungewünschtes Kind loszuwerden, aber die Großmutter wollte Kendra nicht haben. Schließlich tat sie gerade das Notwendigste, und sobald Kendra alt genug war, wurde sie in eine New Yorker Schule gesteckt.
Kein Mensch hatte Kendra all dies jemals erzählt. Jedermann war nett zu ihr. Ihre Großeltern, ihre Tanten und Onkel, die Freunde der Familie – alle erwachsenen Leute waren nett. Aber erwachsene Leute reden. Sie lassen Bemerkungen fallen, wenn man mit seiner Puppe auf dem Fußboden sitzt. Sie sehen sich vielsagend in die Augen. Sie schütteln traurig die Köpfe. Man ist ja bloß ein Kind. Sie meinen, man verstehe sie nicht. Aber man versteht doch. Solange sie sich entsinnen konnte, hatte Kendra gewußt, daß sie ein Kind war, das keiner haben wollte. Als Kendra vier Jahre wurde, heiratete Eva, die Mutter, diesen Alexander Taine, und die beiden reisten zu einem Stützpunkt westlich des Mississippi, wo die Armee die Grenzen gegen Indianer sicherte. Das sei kein Ort für ein kleines Mädchen, sagte Eva. Alex stimmte ihr zu. Er interessierte sich nicht für Kendra. Er hatte sie noch nie gesehen, und er hoffte auf eigenen Nachwuchs. Und darin wurde er nicht getäuscht, denn Eva gebar ihm zwei hübsche Buben. In diesem Jahr hatten sie die beiden in New York zurückgelassen, in Kalifornien gab es keine Schulen, und Alex wünschte, daß Eva mit ihm komme.
Kendra hatte ihren Stiefvater Alex in all den Jahren nur drei- oder viermal getroffen, wenn er mit seiner Frau Freunde im Osten der Vereinigten Staaten besuchte. Sie hatte jedoch festgestellt, daß er keineswegs Baird Logan glich. Alex war Absolvent der Kadettenanstalt West Point gewesen. Er war weder leichtsinnig noch impulsiv; er teilte sich die Zeit genau ein und zahlte seine Rechnungen pünktlich und tat, was von ihm erwartet wurde. Und so verhielt es sich auch mit Eva. Denn Eva hatte etwas gelernt; nie wieder würde sie sich hereinlegen lassen. Sie hatte mit Alex in verschiedenen Grenzorten gelebt, und das gefiel ihr. Es war ein Abenteuer, aber ein sicheres Abenteuer; in einer Grenzgarnison hatte sie die gesamte Armee der Vereinigten Staaten hinter sich.
Wenn Eva zuweilen nach New York gekommen war, hatte sie Kendra zu einer Ausfahrt abgeholt. Manchmal hielten sie irgendwo an und kauften Eis und Makronen. Nie wußten sie, was sie sich eigentlich sagen sollten, und beide fühlten sich erleichtert, wenn die Sache hinter ihnen lag. In den Ferien ging Kendra zu ihrer Großmutter.
Und dann, im letzten Sommer, war Kendras Schulzeit abgelaufen. Sie war wieder zur Oma nach Baltimore zurückgekehrt, und just zu dieser Zeit wurde Alex nach San Francisco abkommandiert. Nachdem er sich mit den Truppen eingeschifft, hatte Eva eine Einzelkabine auf der Cynthia gebucht. Doch während sie noch in New York auf die Abfahrt des Schiffes wartete, wurde Kendras Großmutter vom Schlag getroffen und starb.
So also kam es, daß Kendra nun unterwegs nach San Francisco war. Ihre andern Großeltern, die Eltern ihrer Mutter, waren schon vor einigen Jahren gestorben, und es gab niemanden, dem Eva ihre Tochter hätte anvertrauen können. Kendras Tanten und Onkels waren so nett wie immer. Sie meinten, da dieser Todesfall nun einmal eingetreten sei, müsse man es geradezu als eine Gnade ansehen, daß Kendras Mutter zufällig
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