Alles nicht so einfach
nicht in ihn verliebt. Ich werde ihn nicht
heiraten.
Ehrlich gesagt, erinnere ich mich an das meiste davon gar nicht mehr so recht.« Und mit »erinnerte ich mich gar nicht mehr so recht« meinte ich, dass es eigentlich gar nicht passiert war. Alles andere jedoch … hatte sich in mein Gedächtnis eingeprägt. Nicht einmal der allmächtige Tequila konnte diese Erinnerungen von mir nehmen. Ich wünschte mir nur, ich hätte die Erinnerung daran, wie alles geendet hatte, verloren.
»Na, das ist ja nervig. Aber es ist alles okay, oder?«
»Ja.« Ich lächelte gezwungen. »Alles ist okay.«
Kelsey umarmte mich, und es fühlte sich wie einer dieser Momente an, in dem eigentlich eine Verbindung zwischen uns entstehen sollte, in dem wir die gleichen Gedanken haben sollten oder so etwas, aber da von meiner Seite alles gelogen war, erwiderte ich ihre Umarmung einfach und versuchte so zu tun, als würde sie mir lediglich über meine Verlegenheit hinweghelfen.
»Gut, dann setz dich mal in Bewegung. Wenn ich vor dem Unterricht keinen Kaffee kriege, dann sterbe ich. Mein Schlafrhythmus ist seit den Weihnachtsferien im Eimer, und ich fühle mich wie ein verdammter Zombie.« »Zombie« bedeutete bei Kelsey, dass sie auf der Munterkeits-Skala nur eine Sechs erreichte, statt einer Zehn.
Früher hatte ich mich immer für extrovertiert gehalten, bis ich Theater als Hauptfach wählte. Da wurde mir klar, dass ich nur keine Stille mag. Ich stellte fest, dass ich es vorzog, einfach nur zu beobachten, wenn genug andere Leute da waren, die die Unterhaltung bestritten.
Der Starbucks-Laden auf dem Campus war von einer Horde von Zombies überrannt worden – alles Studenten, die an Schlafmangel litten. Als ich meinen Karamell-Macchiato endlich bekam, war ich schon mehr oder weniger wach, und wir würden zu spät zur ersten Stunde unseres letzten Semesters am College kommen.
Wir rannten zum Gebäude der Bildenden Künste, vorbei an den hippen Kunststudenten, die vor den Türen rauchten. Dann flitzten wir durch den Flur und entdeckten, dass die Türen des schlichten kleinen Theaterraums, in dem wir Schauspielunterricht hatten, bereits zu waren.
»Scheiße«, sagte Kelsey.
Weil wir Theater als Hauptfach hatten, sangen wir dann das Lied aus
The Music Man,
denn manchmal braucht man ein wenig Musik im Leben (wir sangen leise und wie auf Schnellvorlauf, denn immerhin kamen wir ja gerade zu spät).
Es gab keine Möglichkeit, dieses Theater zu betreten, ohne lächerlich viel Lärm zu machen. Die Türen quietschten und schlugen zu, egal was man machte. Wir schoben eine der Türen auf und hörten sofort, wie Eric Barnes, der Leiter des Fachbereichs, »Zu spät!« sagte.
Automatisch riefen wir: »Tut uns leid, Eric!«
Wir achteten darauf, unseren Kaffee nicht zu verschütten, als wir uns durch den Vorhang schoben, und nahmen die ersten freien Plätze auf den ansteigenden Sitzreihen in Beschlag.
Ich stellte meinen Kaffee ab und machte mich daran, meine Sachen auszupacken. In meiner Tasche kramte ich nach einem Stift und meiner Mappe.
»Wie ich schon sagte«, fuhr Eric fort, »sollte Ben Jackson diesen Kurs übernehmen.« Ben war so ziemlich unser Lieblingslehrer, aber ihm war eine Rolle in diesem brandneuen Broadway-Stück angeboten worden, deshalb hatte er sich für das Semester beurlauben lassen. »Aber wie ihr alle wisst, ist er für ein paar Monate in New York. Seine Vertretung übernimmt vorübergehend einer unserer talentiertesten ehemaligen Studenten – Mr Taylor.«
Endlich fand ich einen stumpfen Bleistift unten in meiner Handtasche. Das musste reichen. In diesem Moment packte mich Kelsey am Ellbogen und zog mich mit einem Ruck zu sich. Ich sah sie an, dann folgte ich ihrem Blick und schaute nach vorne zum Lehrerpult. Da fiel mir der Bleistift, für den ich mich so bemüht hatte, aus der Hand und rollte weg – er verschwand im Abgrund unter den aufsteigenden Sitzreihen.
Der neue Dozent starrte mich an, obwohl alle klatschten und er wahrscheinlich hätte winken oder wenigstens lächeln sollen. Unsere Blicke trafen sich, und plötzlich war ich sehr froh, dass ich meinen Kaffee schon abgestellt hatte.
Denn der neue Dozent hatte vor knapp acht Stunden nackt in meinem Bett gelegen.
Garrick war mein neuer Lehrer.
8
Es fühlte sich an, als würden Stunden verstreichen, ehe er seinen Blick wieder von mir abwandte. Als er es dann doch tat, bedachte er die Klasse mit einem unbehaglichen Lächeln und zupfte abwesend an seiner
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