Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
so gewollt ist. Ich will mit diesem Buch nicht dazu aufrufen, dass die gesamte Menschheit auf Waschmaschinen, Aufzüge und Klopapier verzichten soll. Hier geht es um ein Experiment, und das Buch soll den Verlauf dieses Experiments aufzeichnen. Im Zentrum stehen Fragen wie diese: Wie notwendig sind die Annehmlichkeiten, die wir für selbstverständlich halten, die jedoch bei ihrer Herstellung und Verwendung unserer Umwelt Schaden zufügen? Wie viel vom Verbrauch der Rohstoffe dieses Planeten macht uns glücklicher, und wie viel davon hält uns nur im Hamsterrad des Geldverdienens gefangen?
Wie würde es sein, so »umweltneutral« zu leben? War es überhaupt möglich? Würde es andere zum Nachahmen verleiten? Würde es mehr Freude bringen, so zu leben, oder mehr Stress? Mehr Zufriedenheit oder weniger? Würde es leichter sein oder schwerer? Sinnvoll oder sinnlos? Waren wir alle dem Untergang geweiht, oder gab es noch Hoffnung? War individuelles Handeln wirklich auf den Einzelnen beschränkt, wenn es unter den Augen der Öffentlichkeit stattfand? Würden die Kosten für die Umwelt, die durch die Herstellung dieses Buches entstanden, stärker ins Gewicht fallen als das Gute seines Inhalts, oder würde die Botschaft darin die Schäden ausgleichen und die Waage zum Guten ausschlagen lassen?
Doch was vielleicht am allerwichtigsten war, zumindest in Anbetracht meiner persönlichen Verzweiflung: War ich wirklich so hilflos, dass ich nichts gegen die fortschreitende Zerstörung unserer Welt unternehmen konnte?
Um diese Fragen drehte sich dieses ganze verrückte Projekt. Und um sie für mich beantworten zu können, musste ich zu extremen Mitteln greifen. Wie sollte ich das Ganze beurteilen können, wenn ich es nicht selbst ausprobierte? Bei dem Experiment ging es nicht darum festzustellen, ob wir die Umwelt, in der wir leben, erhalten können, ohne unsere Bequemlichkeit zu opfern. Es ging darum, die Umweltan erste Stelle zu setzen und zu sehen, welche Auswirkungen das auf uns hatte.
Wie sich herausstellte, weckte mein Umweltexperiment nicht nur das Interesse zweier unabhängiger Filmemacher, die einen Dokumentarfilm darüber drehen wollten, sondern auch das der
New York Times
, die ungefähr zur Halbzeit auf meinen Blog stieß und daraufhin ein Feature über mich und meine Familie brachte. Das Ergebnis dieses Artikels war unglaublich. Weltweit wurden die Medien auf mein Experiment aufmerksam, und ehe ich wusste, wie mir geschah, wurde ich von der Presse belagert, die sich allerdings zu meinem Verdruss vorwiegend auf die Tatsache stürzte, dass ich im Rahmen meines Projekts das Klopapier durch eine umweltfreundlichere Form der Körperhygiene ersetzt hatte.
Plötzlich steckte ich mitten in einer Debatte darüber, ob individuelles Handeln wirkungsvoller ist als kollektives, und wurde, ohne es zu wollen, zu einer Art Umweltguru. Die Leute überschütteten mich mit Mails, in denen sie fragten, was sie tun könnten und wie sie leben sollten.
Sehr viel hat sich verändert, seit ich mit diesem Projekt begonnen habe. Meine Denkweise. Meine Karriere. Meine Freundschaften. Meine Ehe und mein Dasein als Vater.
Doch zu Beginn des »No Impact Project« dachte ich einfach nur, indem ich mich auf ganz persönlicher Ebene mit den Problemen der Gesundheit, der Sicherheit und des Wohlergehens der Menschheit auseinandersetzte, hätte ich vielleicht einen Weg gefunden, auch ohne erhobenen Zeigefinger ein paar Leute zum Nachdenken zu bringen. Und selbst wenn mir das nicht gelang, hätte ich zumindest mein eigenes Verhalten geändert. Auch wenn es nicht in meiner Macht stand, die Probleme zu lösen, könnte ich doch wenigstens sagen, ich hatte es versucht.
2.
Erster Tag, und das Ganze ist eine Schnapsidee
Womit putzt man sich die Nase?
Das war die große Frage am ersten Tag. Denn trotz all meiner großartigen Ideen, wie man die Welt retten, ein glücklicheres Leben führen und die Einstellung der Menschen ändern kann, stellte ich fest, dass die Verwandlung in den No Impact Man nicht darin bestand, in eine Telefonzelle zu springen und als Ökoheld im enganliegenden Ganzkörpertrikot wieder herauszukommen. Im Gegenteil, es fühlte sich kein bisschen heldenhaft an.
Denn um sechs Uhr morgens aufzuwachen und zu wissen, dass man vermutlich kein Auge mehr zumachen wird, weil jeden Moment der anderthalbjährige Nachwuchs aufwacht und einem auf dem Kopf herumhüpft, war bereits ein Martyrium, wenn auch eins von der trivialeren Sorte. Aber
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