Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
mir, per Mail ein paar Tipps zu schicken, tat es dann aber nicht.
Daraufhin sah ich mich auf den Websites zum Thema »Einfacher leben« um, weil ich dachte, deren Philosophiedes reduzierten Konsums wäre doch sicher gut für die Umwelt. Ich fand Anleitungen, wie man Seifenreste zu einem neuen Stück zusammenpresst und wie man aus leeren Thunfischdosen Ausstechformen für Kekse macht. Aber jeder weiß, dass beim Thunfischfang Delfine getötet werden, und wer braucht schon Ausstechformen?
Im Bioladen folgte ich der Empfehlung der Frau an der Kasse, weil ich zu dem Zeitpunkt noch nicht begriffen hatte, dass die Lösung darin bestand, eine wiederverwendbare Tasche mitzubringen, und verließ leicht irritiert den Laden. Was auch immer die richtige Antwort auf die Papier-oder-Plastik-Frage sein mochte, die Ökos schienen sie nicht zu kennen. Mit der Welt ging es wirklich bergab.
Niemand kann leben, ohne in irgendeiner Weise der Umwelt zu schaden. Selbst beim Atmen entsteht Kohlendioxid. Und auch wenn man seine eigenen Lampen ausschaltet, ist man als Angehöriger einer Kultur, die die Straßen künstlich beleuchtet, mitverantwortlich für die dadurch entstehenden Umweltschäden.
Allein die Tatsache, dass ich mein Experiment No Impact Project genannt hatte, zeigte, wie naiv und idealistisch ich war. Ich war weder Wissenschaftler noch Umweltschützer, und ich hatte keinerlei Referenzen. Das Einzige, was ich vorzuweisen hatte, war meine Angst vor dem, was auf uns zukam, und der Glaube, dass wir etwas dagegen tun konnten.
Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nichts über Umweltschutz im Alltag, nachhaltige Produkte, Emissionsausgleich, Grünfärberei, den relativen Wert individuellen Handelns im Vergleich zum politischen oder sonst irgendwelche Möglichkeiten, eine gesunde Umwelt für die Menschen zu erhalten. Ich wusste ja noch nicht mal die Antwort auf die verdammte Papier-oder-Plastik-Frage.
Aber genau darum ging es.
Der Plan war nicht, ein Umweltexperte zu werden und das Gelernte dann anzuwenden, sondern bei null anzufangen– ohne die geringste Idee, was man gegen den Notstand unseres Planeten unternehmen könnte – und dann loszustolpern. Um zu sehen, was ich herausfinden konnte und was dabei mit mir passierte.
Die kleine Szene in dem Bioladen hatte mir klargemacht, dass ich keinen gut ausgeleuchteten Weg finden würde, dem ich folgen konnte. Ich würde selbst herausfinden müssen, wie ich meinen extremen Ökolebensstil umsetzen konnte. Doch der Mangel an verlässlichen Informationen, gemischt mit dem Überfluss an zweifelhafter Firmen-PR sorgte nur für Verwirrung. Eine Studie besagte beispielsweise, der Wasser- und Energieverbrauch beim Waschen von Porzellanbechern schade der Umwelt genauso wie die Verwendung von Plastikbechern, die in tausend Jahren noch nicht abgebaut sind. In einer anderen stand, die Verwendung von heißem Wasser und Waschmittel, um Handtücher zu waschen, sei schädlicher für die Umwelt, als Bäume zu fällen, um daraus Papiertücher zu machen. Wenn ich diesen ganzen Verlautbarungen glaubte, gab es überhaupt nichts, was nicht schädlich war.
Diese Tatsachenverdreher schienen mich davon überzeugen zu wollen, dass jeder Versuch, etwas zu verbessern, ohnehin zwecklos war. Ich könnte es genauso gut gleich bleiben lassen. Wirf ruhig noch einen Plastikbecher weg. Kauf bloß kein Auto mit Elektroantrieb, denn die ganzen verbrauchten Batterien machen die Umwelt erst recht kaputt. Nur zu, vergiss dein schlechtes Gewissen, schien die Botschaft zu lauten. Es gibt einfach keinen Weg, es der Erde leichter zu machen.
Nehmen wir nur mal die Stoffwindel-kontra-Wegwerfwindel-Debatte. Man braucht im Schnitt lediglich dreißig Stoffwindeln, um ein Kind aufzuziehen, wenn man zweimal in der Woche wäscht. Zugegeben, das Waschen der Windeln schadet der Umwelt (zum Beispiel durch den Verbrauch und das Erhitzen des Wassers). Andererseits hätte dasselbe Kind im Alter von zwei Jahren rund 4000 Wegwerfwindeln verbraucht. Wie sollte es möglich sein, dassdie Förderung des Öls im Mittleren Osten, das Verschiffen des Öls zu den Fabriken in China (oder wohin auch immer), die Herstellung der Wegwerfwindeln, die Verschiffung der Windeln in die USA und schließlich das Entsorgen der 4000 vollgeschissenen Windeln nicht schädlicher ist, als dreißig Stoffwindeln einhundertundviermal zu waschen?
Ich erzähle das alles, um zu zeigen, dass es keine verlässlichen Hinweise gab, wie man sein Leben umweltfreundlich
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