Alles was du wuenschst - Erzaehlungen
Klavierspiel ab. Ich betrat das Wohnzimmer, und er saß auf dem Sofa, als hätte er es nie verlassen. Ich umarmte ihn leicht und etwas ungelenk, und so blieben wir sitzen; Fintan kuschelte sich an mich und drückte sein Gesicht gegen meine Brust, bis mein T-Shirt von seinem sabbernden Mund ganz durchnässt war. Lange saßen wir so da. Dieses Bild machten wir von uns. Diese Pietà. Wenn ich die Augen schloss, konnte ich uns dort sitzen sehen – obwohl ich ihn aus irgendeinem Grund in meinen Armen nicht spürte.
In der Küche tranken wir gerade Tee, als das Telefon klingelte. Ich ging hinaus, um den Anruf entgegenzunehmen. Dann kam ich zurück und setzte mich.
»Ich war mal so gescheit, Fintan«, sagte ich. »Aber das nützt mir nichts mehr.«
»Ich weiß«, antwortete er.
Dann hätte ich ihm seine Pillen geben sollen. Ich hätte ihm eine in die Hand drücken, in den Mund oder in den Rachen schieben sollen – aber wir sind schon immer zu sanft miteinander umgegangen, selbst in der Wahl unserer Worte, also sagten wir lediglich Gute Nacht und gingen zu Bett.
Am ersten Weihnachtstag verkündete meine Mutter, Plumpudding mache ihr zu viel Mühe, und servierte
eins dieser Eiscremedesserts aus dem Supermarkt. Mein Bruder hatte ein paar Flaschen guten Wein mitgebracht, und ich lieferte die Papierhüte. Nach der Plumpuddingerklärung stritten wir uns heftig über Weinbrandbutter, und ich brach in Tränen aus. Meine Mutter sah mich nur an.
Zu Silvester rief ich im Haus an, doch es meldete sich niemand. Und als ich am dritten Januar zurückkam, war Fintan verschwunden.
Am vierzehnten Februar wurden mir meine Valentinskarte und zwölf pralle dunkle Rosen an den Schreibtisch meines Arbeitsplatzes geliefert. Außerdem rief mich Fintans Gelegenheitsbruder aus Castleknock an, um mir mitzuteilen, sie hätten ihn endlich aufgespürt und wüssten, wo er sich aufhalte.
Ich nahm mir den Nachmittag frei, kaufte einen Discman und ein paar CDs und fuhr mit einem Taxi hinaus nach Grangegorman. Dort war ich noch nie gewesen: Es war ein Witz von einem Irrenhaus, bedrohlich und viktorianisch. In den kargen Zimmern murmelten und jammerten Leute vor sich hin, und überall hing ein Geruch nach Bleichmitteln und Sperma, der der eigenen Verrücktheit entsprach und nicht der ihren. Schließlich fand ich Fintan. Er lag so reglos im Bett, dass man unter der dünnen weißen Tagesdecke jede Erhebung und Vertiefung sah, von den Fingerknöcheln bis zur hohen, zarten Linie seines Penis. Er schlug die Augen auf und schloss sie wieder. Dann öffnete er sie abermals, schaute mich eine Weile an und drehte den Kopf weg. Bis zum Anschlag vollgepumpt mit Drogen.
Ich stöpselte ihm die Kopfhörer in die Ohren und schob Musik in den Discman. Er zuckte zusammen, und ich drosselte die Lautstärke. Dann drehte er sich um und sah mich an, während die Musik lief. Er nahm meine Hand, führte sie an sein Gesicht, über Mund und Nase, und küsste mir die Handfläche. Liebevoll sah er mich an. Ich weiß nicht, was seine Augen sagten, als sie mich über den sanften Knebel meiner Hand hinweg anstarrten. Ich weiß nicht, was sie sahen. Sie sahen etwas Schönes, etwas wahrhaft Schönes. Aber ich bin mir nicht sicher, ob sie mich sahen.
Die Hochzeit fand im November statt, als Fintan, leicht erschöpft, wieder in die Welt zurückgekehrt war. Immer wenn das geschah, fand ich, dass er von Mal zu Mal undeutlicher wurde, schwerer zu erkennen. Ich empfand vielerlei – vor allem Schuld -, aber der Gesundheitsfürsorger wollte ihn in einer Rehaklinik unterbringen, und außerdem zog ich aus. Wie immer man es betrachtet, mit dem Haus hatte es für uns jetzt ein Ende. Es würde keine zerbrochenen Aschenbecher mehr geben und keine Ausflüge in den Waschsalon, keine Abende auf dem kaputten Sofa mehr und keinen Plausch mit Bubbles auf der Captains Road.
Aber nicht ein einziges Mal dachte ich daran, ihm Lebewohl zu sagen. Ich heiratete doch nur. Sogar zu meinem Junggesellinnenabschied nahm ich ihn mit – vermutlich als eine Art Maskottchen.
Der Abend ließ sich langsam an. Meine erwachsenen Freundinnen tauschten Telefonnummern und Visitenkarten
aus – mit den Tequila Slammers musste ich selbst anfangen. Zwei Stunden später waren wir dabei, uns den Rest zu geben, die letzte Nacht überhaupt. Ich erinnere mich vage an ein paar Pferdedroschken. Ich weiß auch noch, wie wir über die Mauer hinter dem Haus meines neuen, will sagen: meines zukünftigen Ehemannes kletterten.
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