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Alles was du wuenschst - Erzaehlungen

Titel: Alles was du wuenschst - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Enright
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normalerweise nicht sprach – nicht nur über Scheuerleisten und Feuchtigkeit, sondern auch über Gartenarbeit und das Leben anderer Leute, darüber, wer was zu wem gesagt hatte.
    »Was hast du gesagt?«, fragte er und sah unter dem Handwaschbecken hervor.
    »Die Dempseys weiter oben in der Straße. Ich hab gesagt, er hängt nicht mehr an der Flasche. Die armen Mädchen, was die alles durchmachen müssen.«
    »Hab ich dir schon mal erzählt, dass ich mit der Mittleren mal was hatte? Mit der kleinen Blonden?«
    »Mit der, die dir gefiel?«
    »Woher wusstest du, dass sie mir gefallen hat?«
    Er kroch unter der weißen Keramikschüssel hervor. Beide spürten es – es hing klar und deutlich in der Luft -, denn sie hatte, seien wir doch ehrlich, schon seit Jahren über die Nachbarn getratscht.
    »Ach, komm«, sagte seine Mutter. »Ich weiß doch alles.«
    Und sie ging wieder nach unten, um eine Tasse Tee aufzubrühen, und ließ ihn mit dem Gespenst des Mädchens allein, das weiter oben in der Straße wohnte. Erstaunlich, dass Mädchen tatsächlich feucht wurden, wenn man sie unten mit der Hand berühren durfte. Das war nur einmal geschehen und nur kurz. Aber es war doch ziemlich schockierend gewesen.
    Allerdings nicht so schockierend wie seine Erkenntnis jetzt, dass das besagte Mädchen damals nicht älter als elf gewesen sein konnte. Zu jung für ihn, selbst mit vierzehn. Was hatte er sich bloß dabei gedacht, fragte er sich. Was war er damals nur für ein kleiner Scheißkerl gewesen?
    Unten hatte er seine Tochter vor den Zeichentrickfilmen geparkt. Sie nuckelte an ihren Haaren.
    »Nimmst du die wohl aus dem Mund!«, sagte er.
    Sie sah ihn an, seine hübsche Tochter, der Rock war ihr nach oben gerutscht, ein Bein hatte sie über die Sessellehne geschlungen. Das Bein war mit blauen Flecken überzogen, und eine Haarsträhne hing ihr über die Wange.
    »Bist du auf der Toilette gewesen?«, fragte er, als seine Mutter hinter ihm mit dem Tee auf einem Tablett hereinkam.
    Er saß zwischen Tochter und Mutter und konnte kaum seinen Tee trinken, so aufgewühlt war er plötzlich. Noel verfrachtete seine Tochter in den Wagen und raste los, auf dem Sitz neben sich das Werkzeug. Er hatte die Spielübertragung im Radio voll aufgedreht. Das Töchterchen wollte ein Eis – er habe es versprochen, sagte sie, wenn sie mitkäme zur Oma; versprochen sei versprochen . So hielt er
denn bei dem Laden in der Nachbarschaft an, und da saß er nun, umklammerte das Lenkrad und dachte über die Frau mit dem zweiten Grinsen nach, die in ihrem blauen Mantel da drinnen hinter der Ladenkasse stand.
    »Geh du rein«, sagte er schließlich. »Mach schon, gib ihr den. Gib den der Dame.«
    Er drückte dem empörten Kind einen Fünfer in die Hand, und unter lautstarker Bekundung ihres Widerwillens öffnete sie die Wagentür.
    Noel wusste nicht, wonach er suchte. Oder was er vermeiden wollte. Er saß da und versuchte es herauszufinden. Er wollte die Frau mit der Narbe weder umbringen noch küssen, aber er wollte etwas tun, wenn möglich mit einer Frau, und hatte das Gefühl, dass sie an allem schuld sei.
    »Na, zufrieden?«, fragte seine Tochter, die noch immer schmollte, trotz des Magnums in ihrer Hand.
    »Leg den Sicherheitsgurt an«, sagte er, aber sie war zu sehr mit ihrem Eis beschäftigt. Dennoch reihte er sich in den Verkehr ein – er wollte nicht nach Hause fahren, aber das war der einzige Ort, an den er fahren konnte. Er wusste, wonach er suchte, als er seine Tochter unter dem Arm hindurchschlüpfen ließ, nachdem er den Schlüssel ins Schloss gesteckt hatte. Er sehnte sich nach einer Art Schmerz, in dem er sich vergraben könnte.
    »Seid ihr schon wieder zurück?«
    »Sind wir«, antwortete er. Und sah seine Frau an.

Die Kreuzfahrt
    Im Frühjahr jenes letzten Jahres kamen Kates Eltern auf den Gedanken, eine Kreuzfahrt zu unternehmen. Von Miami aus sieben Tage in die östliche Karibik: Puerto Rico, Haiti, Turks und Caicos, St. Thomas. Als Kate sie durch das Abfluggate des Dubliner Flughafens gehen sah – ihre Mutter in einem taubenblauen Trainingsanzug, ihren Vater in weißen Laufschuhen -, wurde ihr klar, dass sie sterben würden. Daran war der Trainingsanzug schuld.
    Sie hoffte, ihr Vater würde in der Sonne eine Kopfbedeckung tragen. Aber nicht seine gewöhnliche Kopfbedeckung, auf der vorn«Clondalkin Reifenrunderneuerung« stand. Er war ja nicht mal Mechaniker. Ihr Vater war Versicherungsvertreter und schon lange im Ruhestand. Kate hoffte,

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