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Alles was ich sage ist wahr

Alles was ich sage ist wahr

Titel: Alles was ich sage ist wahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Bjaerbo
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sie sagen wird, ehe sie den Mund aufmacht. Wir haben das schon öfter durchgespielt.
    »Du solltest es vielleicht auch mal probieren«, sagt sie. »Ich sage nur: Reisigbesen.«
    Ich ziehe meinen Kopf weg.
    »Das soll so sein.«
    »So zottelig?«
    »Ja.«
    »Und ungleichmäßig?«
    »Ja.«
    »Und scheckig?«
    »Ja.«
    Oma schüttelt den Kopf.
    »Ich finde das aber nicht schön«, sagt sie.
    »Macht nichts«, sage ich.
    »Aber das weißt du ja bereits.«
    »Ja.«
    »Ist ja schließlich dein Haar.«
    »So ist es.«
    »Geht mich also nichts an.«
    Oma lacht und hält mir die Saftkanne hin wie eine Friedenspfeife.
    »Noch Saft?«
    * * *
    Als ich vielleicht acht Jahre alt war, haben mein zwei Jahre älterer Cousin Axel und ich in Omas Garten gezeltet. Ich war gerade am Einschlafen, als er mich mit dem Finger in die Seite pikste.
    »Du, Alicia?«
    »Ja?«
    »Wie alt ist Oma eigentlich?«
    Ich gähnte.
    »Weiß nicht so genau.«
    »Hundert, glaube ich«, sagte Axel.
    »Mindestens«, sagte ich.
    »Zweihundert?«
    »Vielleicht sogar tausend.«
    Axel kicherte.
    »So alt wird kein Mensch«, sagte er.
    »Nicht jeder«, sagte ich. »Aber Oma schon.«
    »Glaubst du?«
    »Ja«, sagte ich, und das tat ich wirklich, tue ich immer noch, weil die üblichen Regeln auf Oma nicht anwendbar sind, sie ist kein gewöhnlicher Mensch. Ich glaube, sie ist aus Stahl.
    * * *
    »Oma?«
    Sie drückt den Bleistift auf die Stelle im Kreuzworträtsel, wo sie gerade ist, als sie unterbrochen wird, und schaut auf.
    »Ja?«
    »Weißt du, was das Beste an dir ist?«
    »Nein.«
    »Dass du so uralt bist.«
    Sie zieht ihre weißen Augenbrauen hoch.
    »Ich meine«, rede ich weiter, »du bist so schön altmodisch alt. Nicht nur, dass du über achtzig bist. Du wickelst dein weißes Haar auf Lockenwickler und trägst Kniestrümpfe unter deinem Rock. Das ist cool. Ich mag diese modernen Omas nicht, die in Jeans und mit gefärbten Haaren rumlaufen.«
    Oma wendet sich wieder ihrem Kreuzworträtsel zu und ich meiner Zeitschrift, und ich denke, jetzt kann ich es nicht mehr lange rauszögern, bald muss ich es ihr sagen, aber ich warte noch etwas, weil es schade um die Stimmung wäre, wo wir so gemütlich hier beisammensitzen, ich warte noch ein bisschen, später, aber das klappt natürlich nicht. Oma lässt sich nicht lange täuschen.
    »Was hast du eigentlich auf dem Herzen?«, fragt sie, den Blick auf das Kreuzworträtsel gerichtet.
    »Was?«
    »Ich bin nicht dumm«, sagt sie. »Ich merke doch, dass was ist.«
    »Echt?«, frage ich, um Zeit zu schinden. Aber ich weiß sofort, dass das nicht funktioniert, also lege ich die Zeitschrift weg und sage es.
    »Ich habe die Schule geschmissen.«
    Oma reagiert nicht. Sie starrt auf das Rätsel und tippt mit der Fingerspitze auf das Kästchengitter. Sie steckt fest und kommt nicht weiter, weil sie Scarlett Johansson nicht kennt, die auf dem Bild zu sehen ist, und deswegen auch schwerlich eintragen kann, mit welchem Film sie ihren Durchbruch hatte. Unmöglich, sozusagen.
    »Hast du gehört, was ich gesagt habe?«
    »Ja.«
    »Und willst du mir nicht sagen, dass ich verrückt bin?«
    »Doch.«
    »Wann in etwa, dachtest du?«, frage ich.
    »Bald«, sagt sie. »Ich muss mich erst noch etwas sammeln.«
    Dann ist sie eine ganze Weile still, tippt mit dem Zeigefinger auf das Blatt, runzelt die Stirn. Als sie schließlich den Blick hebt, bin ich fast wütend auf sie.
    »Du hast die Schule nicht geschmissen«, sagt sie. »Hast du doch nicht, oder?«
    »Doch«, sage ich. »Habe ich.«
    Oma seufzt.
    »Und warum, um alles in der Welt, hast du das getan?«
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Weil es mir wie die reinste Zeitverschwendung vorkommt, dort zu sein.«
    Oma sieht mich an, als hätte sie mich nicht richtig verstanden.
    »Hast du deine Eltern schon davon unterrichtet?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Noch nicht.«
    »Du meine Güte«, sagt Oma. »Das wird interessant.«
    * * *
    Also, ich weiß nicht. Interessant? Ist das das passende Wort in diesem Zusammenhang? Ich stelle mir das Ganze eher als sozialrealistisches, grau-tristes Theaterstück vor, aber vielleicht geht es ja nur mir so. In meinem Kopf heißt das Spektakel Die große Familienenthüllung, ein Drama in siebentausendunddrei Akten ungefähr.
    Der erste Akt spielt am Esstisch in einer mittelgroßen, schwedischen Stadt, in einem durchschnittlichen Wohnviertel, in einem gewöhnlichen, weißen Haus. In diesem Haus wohnt eine ganz gewöhnliche Familie. Eine Mutter, die Lehrerin

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