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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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dass er in einem seiner berühmten Schlamassel steckte, und versuchte, nicht sauer auf ihn zu sein − allerdings auch das vergeblich. Warum beschwerte ich mich überhaupt? Schließlich wusste ich doch, dass er ein wahres Ass war, wenn es darum ging, nachtragend oder übellaunig zu sein. Pünktlichkeit oder Zuverlässigkeit dagegen hatten nie zu seinen Stärken gezählt.

    Mir blieb also nichts anderes übrig, als allein unsere gemeinsame Detektei für die Neueröffnung am Montag flottzumachen. Ich räumte die letzten Regale ein, schob die halb vollen Umzugskisten unter die Schreibtische, hängte ein paar Bilder auf und befestigte von außen das Türschild. Von den eigens von mir entworfenen Prospekten Kittel & Voss – ein starkes Team faltete ich noch gut zweihundert Stück und platzierte sie auf dem Empfangstresen. Die Klienten konnten jetzt kommen.

    Alles war seine Idee gewesen. Wir müssten das alte Schmuddelimage hinter uns lassen, hatte er gemeint, wenn wir auf dem hart umkämpften Markt der Private Security eine Chance haben wollten. Deshalb musste es diese schicke Büroetage direkt am Kreativkai sein, mit vollklimatisierten Räumen und getönten Fenstern, die bis zum Boden reichten. Neben uns residierte die Redaktion einer Frauenzeitschrift für das obere Preissegment und die Etage darunter gehörte einer über alle Zweifel erhabenen Escortagentur. Was meine finanziellen Reserven betraf, so hatte ich mich mit diesem Standort weit aus dem Fenster gelehnt. Während ich aus schwindelerregender Höhe hinunter auf den Kanal schaute, wurde mir mulmig bei dem Verdacht, dass es sich am Ende wieder um einen üblen Scherz meines ehemaligen Expartners handelte: Ich beugte mich aus dem Fenster und er schubste von hinten.

    Am Montag stellte sich heraus, dass er genau das vorhatte. Ich war pünktlich im Büro erschienen und goss mir gerade den ersten Kaffee aus dem nagelneuen Kaffeeautomaten ein, als es an der Tür klopfte. Ohne auf ein Herein zu warten, betrat eine ziemlich junge Frau den Raum. Sie war attraktiv, trug einen grünen Anzug und benutzte auberginefarbenen Lippenstift.

    »Sind Sie Herr Kittel oder Herr Voss?«, erkundigte sie sich.

    »Mein Name ist Voss.« Ich schätzte sie auf kaum älter als zwanzig und ihre Art war mehr als weltgewandt, fast schon abgebrüht. Sie erinnerte an den neuen Typ von TV-Moderatorinnen, die mit neunzehn schon eine Fernsehkarriere hinter sich haben.

    »Nebel, Antje Nebel. Münster Marketing. Ich habe einen Auftrag für Sie.«

    »Dachdecker haben Aufträge«, korrigierte ich. »Detektive haben Fälle. Kann ich Ihnen etwas anbieten? Kaffee vielleicht?«

    Sie nickte und ich reichte ihr eine Tasse.

    »Die Sache ist etwas kompliziert«, kündigte Frau Nebel an, während sie den Kaffee entgegennahm. »Lassen Sie mich am besten so beginnen: Sie haben sicher schon mal etwas von den Wiedertäufern gehört?«

    »Sie sprechen von dem Horrorfilm, nicht wahr? Untote, die aus ihren Gräbern steigen, um den Lebenden allen Saft auszusaugen.« Mein lässiges Grinsen blieb unerwidert, also wurde ich ernst. »Natürlich habe ich davon gehört: Das waren religiöse Spinner, die diese Stadt in einen Sündenpfuhl verwandelt haben. Sie nahmen sich viele Frauen gleichzeitig und sorgten dafür, dass deren Männer als Ketzer hingerichtet wurden.«

    »Ja, so ungefähr«, meinte Frau Nebel in der Art von Leuten, die höflich bleiben, aber eigentlich sagen wollen: ›Das ist mit Abstand der größte Schwachsinn, den ich jemals gehört habe.‹ »Zunächst einmal«, erläuterte sie in dozierendem Tonfall, »sind die Täufer das Thema dieser Stadt. Niemand sonst auf der Welt hat Wiedertäufer: Köln hat seine Heinzelmännchen, Nürnberg die Lebkuchen und Münster die Täufer.«

    »Na ja«, wandte ich ein. »Da sind aber auch noch andere Dinge: der Allwetterzoo zum Beispiel, Mettwurst und die Preußen.«

    »Glauben Sie mir«, beharrte sie, »als Mitarbeiterin von Münster Marketing weiß ich, wovon ich spreche. Die Täufer sind das kostbarste Pfund, mit dem diese Stadt wuchern kann, und zwar weltweit.«

    »Ein Pfund, das man zu Tode folterte und in Käfigen öffentlich verwesen ließ.«

    »Ja und nein.«

    Ich stutzte. »Und nein?«

    »Einerseits haben Sie recht damit«, erklärte Frau Nebel, »andererseits haben wir für dieses Mal aus den alten Fehlern gelernt.«

    Obwohl ich ihr aufmerksam zugehört hatte, war mir wohl etwas entgangen.

    »Damit bin ich auch schon bei dem Anlass meines

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