Allie kommt gross raus Band 4
richtig wütend deswegen.
»Ja, was soll das?«, fragte sie, als ich aus der Mädchentoilette kam, wo wir uns vor der Probe umgezogen hatten. »Du sollst böse sein. Eine böse Königin.«
»Ich bin böse«, erwiderte ich und sah an mir herunter.
»Hallo?« Sophie warf Erica, Caroline und Rosemarie einen Blick zu, als sollten die sie unterstützen.
Rosemarie konnte sie diesbezüglich abschreiben. Die lachte sich nämlich kaputt. Sie lachte, seit ich aus der Kabine gekommen war. Sie konnte gar nicht mehr aufhören.
»Ich glaube kaum, dass eine böse Königin rote Sneakers tragen würde«, sagte Sophie. »Und schon gar keine geringelten Strümpfe.«
Ich schaute auf meine Schuhe. Ich hatte sehr sorgfältig über meine Rolle nachgedacht. Doch ich hatte auch über das Publikum nachgedacht, das zum Tag der offenen Tür erwartet wurde. Viele kleine Kinder würden kommen. Einige von ihnen, die kleinen Brüder und Schwestern der Kinder in unserer und Mrs Danielsons Klasse wären sogar jünger als Kevin. Ich wollte nicht, dass Königin Melissa die Mordlustige zu furchterregend aussah.
»Ich glaube, dass die böse Königin genau diese Schuhe tragen würde«, antwortete ich Sophie.
»Bitte«, sagte Sophie schnippisch. »Ich glaube das Gegenteil. Ich glaube, sie würde etwas weniger Schickes anziehen. Also was Böseres.«
»Hm«, sagte ich. »Ich weiß nicht, wie böse Schuhe aussehen. Egal, es ist meine Rolle und ich sage, sie trägt diese Schuhe. Du kannst dich für deine Rolle anziehen, wie du möchtest, aber meine hat rote Sneakers an. Und geringelte Strümpfe.«
Sophie sah so aus, als wollte sie sich weiter darüber streiten, aber Erica ging dazwischen, wedelte mit dem Zauberstab der guten Fee und säuselte: »Kein Streit, bitte. Ihr seht beide schön aus.«
Als Sophie daraufhin tief Luft holte, um weiterzustreiten, sagte Caroline ganz schnell: »Kommt mit und lasst Mrs Hunter entscheiden. Sie ist schließlich die Regisseurin. Wenn ihr Allies Kostüm nicht gefällt, wird sie schon was sagen, Sophie.«
Sophie sah aus, als hätte sie ihre Zweifel, hielt aber den Mund. Bis sie Cheyennes Kostüm sah.
»Wa-was«, stammelte Sophie und zeigte durch den ganzen Klassenraum, als wir wieder dahin zurückgingen, »hat die denn da an?«
Wir fanden es schnell heraus. Man konnte Cheyenne bis in den Flur hören, so laut gab sie mit ihrem Kostüm an. Sie hatte ihre Mutter überredet, ihr ein echtes Elfenkostüm zu kaufen (alle anderen Kostüme waren selbstgemacht).
»Sie hat es in einem Kostümshop im Internet bestellt«, sagte Cheyenne und strich über den glitzernden mehrlagigen Rock, der zu ihrer Robe gehörte. Cheyenne erklärte, er wäre aus Tüll. »Direkt aus New York City.«
M, D und all die anderen Mädchen der Klasse bewunderten
Cheyennes extra im Internet bestelltes Kostüm und machten einstimmig: »Ooooh.«
Sophie senkte den Blick auf ihr eigenes Kostüm - das ihre Mutter in einem Second-Hand-Laden erstanden hatte (ein gebrauchtes Abschlussballkleid), das meiner Meinung nach wunderbar war - und sagte: »Aber … ihr Kostüm ist schöner als meins!«
»Dein Kostüm ist sehr schön, Sophie«, sagte Erica.
»Nein, ist es nicht«, antwortete Sophie. »Guck dir Cheyennes an! Es glitzert viel mehr!«
»Macht doch nichts, Cheyenne ist eine Elfenkönigin«, erklärte Caroline. »Du bist nur eine Prinzessin.«
»Trotzdem.« Sophie war kurz davor zu weinen. »Ich bin der Star!«
Oh, Mann.
»Sophie«, sagte ich. »Prinzessin Penelope soll sowieso nicht so schön aussehen. Denk mal nach. Ihre böse Stiefmutter hat sie gerade aus dem verwunschenen Plastikschloss vertrieben. Sie irrt seit Tagen durch das Recycling-Reich. Da kann ihr Kleid nicht in bestem Zustand sein. Wobei deins«, fügte ich schnell hinzu, als ich ihre Unterlippe zittern sah, »ganz wunderschön aussieht.«
Sophie starrte immer noch zu Cheyenne hinüber. »Seht euch diese Tiara an!«
Sie hatte recht. Cheyennes Tiara sah toll aus. Sie sah aus, als hätte die Zuckerpflaumen-Fee sie in »Der Nussknacker«
tragen können - vorausgesetzt, die Zuckerpflaumen-Fee hätte eine Krone mit Energiesparbirnen getragen.
Trotzdem disqualifizierte Cheyennes Elfenkrone Sophies und meine Krone, die aus Plastik und von der letzten Geburtstagsparty übrig geblieben waren. Cheyennes Krone war fast einen halben Meter hoch (die Leuchtstofflampen noch nicht eingerechnet) und oben hingen Kristalle herunter, wie bei dem Kronleuchter im Esszimmer von Brittany Hausers Mutter.
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