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Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition)

Titel: Allmählich wird es Tag: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franka Potente
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zurückkam, würde sie nicht mehr da sein. Vielleicht mit den Freundinnen tuscheln. Er sollte gehen. Obwohl er keine Müdigkeit spürte. Aber er sollte gehen. Der Abend war gut, so wie er war.
    Er nahm sich Zeit. Ließ zwei Typen vor. Das Klo war eng. Er hatte keine Ahnung, wie spät es war. Kurz fuhr er sich mit der Hand durchs Haar. Er blickte in den schartigen Spiegel über dem Waschbecken. Die Schwellung am Auge war zurückgegangen.
    Ohne Erwartungen kam er zurück. Die Band hatte die Instrumente wieder aufgenommen.
    Da stand sie. Selbe Stelle. Lächelte ihm zu. Er bahnte sich einen Weg zu ihr. Er sollte sie auf einen Drink einladen.
    »Ich sollte gehen.«
    Wieder musste er sich hinunterbeugen.
    Es war laut, die Musik hatte wieder eingesetzt. Er musste seine Worte wiederholen.
    Ihr Gesicht nah, die Locken kitzelten in seinem Gesicht. Sie hielt ihm ein Ohr hin. Kleiner Stecker mit Sternchen.
    »Ich muss gehen«, sagte er.
    Sie lachte. Zog ihn wieder auf die Tanzfläche. »Noch ein bisschen!« Schon drehte sie sich vor ihm. Berührte seine Hand.
    Sie tanzten wieder. Erst nebeneinander, dann zusammen. Es hatte nichts Anzügliches. Tim hörte auf, darüber nachzudenken. Die Schmerzen spürte er nicht mehr.
    Er hatte nicht bemerkt, wie sich die Bar leerte. Sie hatten Song um Song getanzt. Die Band hatte Zugaben gespielt. Jede von ihnen hatten sie johlend beklatscht. Ihre Freundinnen waren längst gegangen.
    Jetzt wartete er unschlüssig auf dem Parkplatz auf sie.
    Sternenklarer Himmel. Er stellte fest, dass er nur zwei Bier getrunken hatte.
    Er konnte sie nicht mitnehmen. Sie war höchstens einundzwanzig.
    Er zündete sich eine Zigarette an.
    »Gibst du mir eine?«
    Er hatte sie gar nicht bemerkt. Unter ihrer Jacke holte sie zwei Flaschen Bier hervor.
    Neben der Bar führte ein schmaler Pfad zum Strand.
    Sie ging vor. Kannte sich aus. Schweigend liefen sie eine Weile. Dann ein großer, flacher Felsen im Sand. Er half ihr hoch. Sein Rücken schmerzte, als er sich hinsetzte. Das Meer rauschte verhalten. Die Kronkorken landeten im Sand. Er prostete ihr zu.
    »Ich heiße Sue.«
    »Ich bin John.«
    »Schön, dich kennenzulernen, Jonny.«
    Still rauchten sie.
    »Was machst du?« Ihre Stimme klang anders als in der Bar. Weicher.
    »Cop.« Kurzes Zögern. »Auf Urlaub.«
    Es schien sie nicht zu beeindrucken. »Ich studiere Botanik. Bist du von hier?«
    Er schüttelte nur den Kopf. Es war verlockend, weiter zu lügen. Wieder die Geschichte vom Freund, der erschossen wurde.
    Ruhig hörte sie zu. Unbefangen.
    Da war Wahrheit in der Geschichte. Es war nur eine halbe Lüge. Sie war eine Fremde. Es war okay, nicht bei der Wahrheit zu bleiben.
    »Und jetzt wohne ich im Motel. Nebenan.« Er räusperte sich, sah aufs Meer.
    Sie schwieg. Hatte das anzüglich geklungen? Er sah sie unsicher an. Sie wirkte müde. Sie hob die Flasche. »Aufs Meer, auf kaltes Bier und das Glück!«
    Ihre Flaschen klirrten leise, als sie miteinander anstießen. Sie trank in einem Zug aus.
    Ihre Hand war kalt. Sie zog ihn hoch. »Komm, wir gehen.«
    Untergehakt liefen sie langsam den kleinen Weg entlang zurück auf die Straße.
    »Dein Freund, war er alt?«
    Es war anstrengend, durch den Sand zu stapfen. Er zögerte. »Nicht alt genug zum Sterben.«
    Kurz rieb sie die Locken an seinem Arm. Umschlang mit einem Arm seine Hüfte. Dann standen sie auf dem leeren Parkplatz. Die Bar war dunkel. Abrupt blieb er stehen. »Was jetzt?«
    Schulterzucken. Sie legte den Kopf schräg. »Nimmst du mich mit? Nur schlafen. Ich mag nicht allein sein heute.«
    Er wollte auch nicht allein sein und nahm ihre Hand. »Okay.« Bevor er die Tür öffnete: »Ich hoffe, du magst Braun.«

5
    Um fünf erwachte er mit Druck auf der Blase. Es dämmerte. Lavendelduft. Sie lag ihm zugewandt, die Knie angezogen. Die blonden Locken bedeckten ihr schlafendes Gesicht.
    Vorsichtig stand er auf. Betrachtete das junge Mädchen in seinem Bett. Friedlich. Sie trug seine viel zu großen Boxershorts und das alte T -Shirt. Atmete ruhig. Leises Schnarchen. Jetzt erinnerte er sich, wie er sich gesträubt hatte, ihr seine alten Sachen zu geben. Lächelnd war sie ins Bad gegangen und hatte sich umgezogen. Das orangefarbene Kleid lag ordentlich auf dem Fernsehsessel. Keine Spur von leeren Flaschen.
    Nein, sie hatten keinen Sex gehabt. Er spürte Erleichterung. Leise schloss er die Badezimmertür. Pinkelte nachdenklich.
    Sie hatten sich gleich aufs Bett gelegt. Sue hatte wie selbstverständlich sein Haar

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