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Alphavampir

Titel: Alphavampir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Henke
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Erster aus. Er beugte sich noch einmal ins Wageninnere und mahnte: «Wir sind nur der Spähtrupp, vergesst das nicht. Keine Eigeninitiative! Unter keinen Umständen dürfen wir irgendwem auffallen. Wir sind normale Zuschauer, wie die anderen Besucher der Mitternachtsshow, die an altmodischen Illusionen Gefallen finden.»
    Mühsam unterdrückte Nanouk ein Schnauben. Kein Wunder, dass sie sich in letzter Zeit fühlte, als hätte man ihr ein Halsband angelegt. Man hielt sie ständig zurück. Das Rudel war ihre Familie, aber manchmal wünschte sie sich, die anderen hätten mehr Biss.
    Während sie auf Nubilus warteten, der ausstieg, den Pickup abschloss und um den Wagen herum zu ihnen kam, betrachtete Nanouk Lupus unauffällig von der Seite. Seine Haare, die unter der Strickmütze herausragten, hatten an Glanz verloren und waren nicht mehr graumeliert, sondern inzwischen so weiß wie der Schnee, der in dicken Flocken vom Nachthimmel fiel. Werwölfe alterten viel langsamer als reine Menschen und Lupus war der einzige, den Nanouk kannte, bei dem sie den Alterungsprozess beobachten konnte. Ob es an seinem ohnehin schon fortgeschrittenen Alter lag? Oder am Bauchspeicheldrüsenkrebs?
    «Halte die Gegend im Auge», wies der alte Mann Nubilus an.
    Nubilus stellte sich beschützend neben Nanouk, so dass sie in seinem Schatten stand, denn die Lichter des Theaters leuchteten ihn von hinten an. «Soll ich nicht lieber mit reinkommen? Allein meine Statur schreckt die meisten ab.»
    «Meinst du, ich brauche deinen Schutz?» Herausfordernd starrte sie ihn an.
    Er war ein guter Kerl und ein loyales Rudelmitglied, aber er hatte ein falsches Bild von sich selbst, denn er sah keineswegs respekteinflößend aus, dafür war sein Hundeblick zu treuherzig. Er strahlte so viel Gefahr aus wie ein Bär, dem man die Krallen gezogen hatte – im Gegensatz zu ihr. Ihre Körperspannung ließ niemals nach, ihre Instinkte waren immer wach und sie scheute keine Auseinandersetzung.
    «Natürlich nicht.» Er sprach sanft, um sie nicht noch mehr zu reizen. «Aber ich könnte dir den Rücken freihalten.»
    «Das schaffe ich sehr gut allein, Nubi», antwortete sie scharfzüngig und trat aus seinem Schatten. Sein Beschützerinstinkt, besonders Frauen gegenüber, war zu ausgeprägt. Er engte sie ein und das konnte sie nicht ausstehen. So war es von Anfang an gewesen. Es wurde Zeit, dass er begriff, dass man sie nicht an die Leine legen konnte, nicht einmal zu ihrem eigenen Schutz.
    «Wir wissen, dass du es gut meinst, aber wir brauchen dein aufmerksames Auge hier draußen.» Väterlich klopfte Lupus ihm auf den Rücken. «Sollten wir dort drinnen festgehalten werden, musst du das Rudel alarmieren. Aber es wird schon nichts passieren. Ein alter Mann und eine Frau wirken harmlos.»
    «In Ordnung.» Nubilus nickte und nahm seinen Posten ein. Er schlenderte vor dem Theater auf und ab, wobei er sich so unauffällig verhielt wie ein Bison in einer Karibuherde.
    Weil Nanouk merkte, dass ihre Wölfin den unbändigen Wunsch verspürte, sich auf den bulligen Gefährten zu stürzen und ihm gehörig das Fell zu stutzen, drehte sie sich rasch um. Zufällig begegnete sie ihrem Spiegelbild in der Fensterscheibe eines leerstehenden Geschäfts, wie es viele in diesem Stadtteil von Anchorage gab.
    Sie sah aus wie ein zerrupftes Huhn. Einige Strähnen ihres langen Haares, hatten sich aus dem Zopf gelöst, und Nanouk beeilte sich, ihre Frisur zu richten. Bei ihr musste immer alles perfekt sein. Doch der Hang zur Perfektion hatte einen Haken: Man war ständig unzufrieden, weil selten alles nach Plan lief.
    Lupus hatte sie gebeten, sich ausnahmsweise einmal nicht so körperbetont anzuziehen, denn sie besaß nur dünne, eng anliegende Oberteile und Hosen, weil sie sich wohl in ihrem Körper fühlte, seit sie eine Werwölfin geworden war – und weil die Kleidung sofort zerriss, wenn sie sich verwandelte. Um jederzeit bereit zu sein, trug sie keine Unterwäsche, so musste sie nur Schuhe und Jacke abstreifen und schon konnte sie ihre Timberwölfin freilassen. Ein herrliches Gefühl!
    Sie hatte Lupus’ Bitte ignoriert und sich lediglich dazu überreden lassen, Boots und einen grauen Parka zu tragen – letzterer war eine Leihgabe von Lupus –, der ihr viel zu groß war, aber ihre Kurven verdeckte. Ihre Brüste waren klein und fest wie ihre Muskeln, die sich erst gebildet hatten, nachdem sie infiziert worden war. Auch dass ihr braunes Haar dezent rot schimmerte, wenn die Sonne darauf

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