Als Gott ein Kaninchen war

Titel: Als Gott ein Kaninchen war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Winman

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wurden unsere Mahlzeiten nun durch Trinken ersetzt. Wir waren unglücklich. Jeder hoffte, der andere würde sich trauen und das Unsägliche zur Sprache bringen, den ganzen Verdruss unseres kleinen Haufens.
    Wir gingen hinaus auf die Veranda, verharrten jedoch innerhalb der Grenzen des Lichts, das durch das große Fenster nach draußen drang, das das emporragende Mohonk Mountain Hotel einrahmte. Wir sahen funkelnde Augen im Wald vor uns. Ein Reh? Ein Bärenkind? Erst vor einem Monat hatte Charlie eines gesehen, als er das um sich greifende Gestrüpp zurückschnitt. Er setzte sich und zündete sich eine Zigarette an.
    » Ich saß hier draußen in der Nacht, als Bobby mich anrief, nachdem er den Anruf aus dem Krankenhaus bekommen hatte. Kommt mir vor, als sei es schon ziemlich lange her.«
    Er drückte die Zigarette wieder aus. Als Raucher war er völlig untauglich, schon immer. » Ich bin so müde, Ell.«
    Ich beugte mich zu ihm hinunter und schlang die Arme um ihn, küsste ihn in den Nacken; zog ihn ganz fest an mich.
    » Lass mich jetzt bloß nicht im Stich«, sagte ich.
    Ich konnte ihn nicht ansehen, als ich wieder hineinging. Ich wusste, dass ich ihn gerade zu etwas verpflichtet hatte.
    Joe verließ sein Zimmer zwei Tage lang so gut wie nicht. Dann trat er plötzlich mit der Sonne auf, wie Ginger es ausgedrückt hätte, kam in die Küche und bot an, uns Toast zu machen. Wir hatten zwar schon gegessen, aber wir sagten » gerne«, denn es war eine nette Geste von ihm, und er sah so aus, als würde er sich Mühe geben wollen. Er hatte sich seit Tagen nicht mehr rasiert, und ein Bart machte sich auf seinen Wangen breit. Ich war froh darüber. Er sah fremd aus, und das machte es leichter für mich, ihn zu hassen.
    Wir zogen uns etwas gegen die Kälte über und aßen auf der Veranda, redeten übers Wetter, wie warm es doch sei. Eine höfliche Unterhaltung. Er fragte mich, was ich die letzten Tage gemacht habe. » Schreiben«, sagte ich.
    » Aha«, sagte er und aß seinen Toast.
    Ich erwartete, dass er noch irgendetwas Kritisches hinzufügen würde, etwas, das mich provozierte. Ich musste nicht lange darauf warten.
    » Ich glaube, du bist einer dieser Menschen, die schreiben statt zu leben, stimmt’s?«
    » Leck mich«, sagte ich und schickte ein Lächeln hinterher– ein beherrschtes Lächeln–, so wie es Nancy immer machte.
    » Hab ich wohl den Nerv getroffen.«
    Wir starrten uns einen Moment lang an; fühlten uns unbehaglich und lächelten.
    » Ich baue gerade Regale im Pilotenhäuschen«, warf Charlie ein. » Ich könnte Hilfe gebrauchen.«
    » Okay«, sagte Joe.
    Und als sie ihren Kaffee ausgetrunken hatten, gingen die beiden zu dem kleinen Gebäude am Rande der Landebahn, stiegen mit Sägen und Werkzeugkästen in der Hand mit großen Schritten über hohe Grasbüschel, vereint in einer gemeinsamen Aufgabe. Eifersucht überkam mich.
    Ich nahm das Auto, fuhr in die Stadt und kaufte fürs Abendessen ein, wollte Steaks, entschied mich am Ende dann aber für Krabben– obwohl ich nicht wusste, ob ich mir überhaupt die Umstände machen wollte. Aber er mochte Krabben, und ich auch, und außerdem wäre der Kühlschrank voll, wir die nächsten paar Tage versorgt, bis die Entscheidungen getroffen waren. Er würde nicht nach England zurückkehren, soviel war sicher. Meinen Eltern hatte ich es noch nicht gesagt. Wie könnte ich? Nancy war gerade bei ihnen, und das war gut. Nancy war besser da, wenn ich es ihnen mitteilte. Nancy, die den Schmerz anderer Menschen immer zu ihrem macht. Plötzlich stieg ich auf die Bremse. Ihre Augen starrten mich an. Ich wäre beinahe in sie reingefahren. Beim Tagträumen. Musste schnell anhalten. Hatte die Frau und das Kind nur knapp verpasst. Die Frau schrie mich an, drohte mir, das Kind weinte. Ich bog in eine Seitenstraße und hielt, wartete, bis das Zittern aufhörte. Ich wurde langsam zum Wrack.
    Sie sahen nicht auf die Uhr, sondern werkelten einfach, bis es dunkel wurde, und er schien durch die körperliche Arbeit wieder aufzublühen. Bei der Arbeit mit Holz, beim Anfassen von Holz, verspürte sein Körper eine unbewusste Erinnerung. Als die beiden in die Küche kamen, die nach gekochten Krabben und Aioli roch, waren sie Komplizen in einem erfolgreichen Tagwerk, und ich fühlte meine Ausgeschlossenheit noch viel stärker. Sie wuschen sich die Hände, unterhielten sich über die neuen Regale und die Möglichkeit, einen Holzboden zu verlegen. Und ich hörte ihnen zu, während ich die