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Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Als Hitler das rosa Kaninchen stahl

Titel: Als Hitler das rosa Kaninchen stahl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Judith Kerr
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Max ärgerlich. »Das ist dasselbe.«
    »Jedenfalls werden wir sie schlagen«, sagte Günther. »Du hättest die Nazis laufen sehen sollen! Max und ich haben einen geschnappt und ihm sein Abzeichen abgenommen. Aber ich weiß nicht, was Mama zu meiner Hose sagen wird.« Er blickte traurig auf einen großen Riß in dem verschlissenen Stoff. Günthers Vater war arbeitslos, und sie hatten kein Geld zu Hause für neue Kleider.
    »Mach dir keine Sorgen, Heimpi flickt das schon«, sagte Anna. »Kann ich das Abzeichen mal sehen?«
    Es war eine kleine rote Emailscheibe mit einem schwarzen Kreuz mit umgebogenen Ecken.
    »Das ist ein Hakenkreuz«, sagte Günther, »alle Nazis haben so eins.«
    »Was wollt ihr damit machen?«
    Max und Günther sahen einander an. »Willst du es haben?« fragte Max.
    Günther schüttelte den Kopf. »Ich darf nichts mit den Nazis zu tun haben. Mama hat Angst, sie könnten mir ein Loch in den Kopf schlagen.«
    »Die kämpfen nicht fair«, stimmte Max zu. »Sie benutzen Stöcke und Steine und sonst allerhand.« Er drehte das Abzeichen mit steigendem Unbehagen in den Fingern. »Ich will es jedenfalls auch nicht.«
    »Schmeiß es ins Klo!« sagte Günther. Das taten sie denn auch. Als sie zum ersten Mal abzogen, wurde es nicht hinuntergespült, aber beim zweiten Mal, als gerade der Gong zum Essen rief, verschwand es zur Zufriedenheit aller.
    Als sie nach unten gingen, konnten sie immer noch das Klavier hören, aber während Heimpi ihre Teller füllte, hörte die Musik auf, einen Augenblick später kam Mama herein.
    »Hallo Kinder, hallo Günther!« rief sie, »wie war es in der Schule?«
    Jeder fing sofort an, es ihr zu erzählen, und das Zimmer war plötzlich voller Lärm und Gelächter. Sie kannte die Namen aller Lehrer und erinnerte sich immer, was sie ihr erzählt hatten. Als Max und Günther ihr erzählten, daß der Geographielehrer wütend geworden war, sagte sie: »Kein Wunder, wo ihr ihn vorige Woche so geärgert habt!« Und als Anna ihr erzählte, daß ihr Aufsatz in der Klasse vorgelesen worden war, sagte sie: »Das ist wundervoll - denn Fräulein Schmidt liest selten etwas in der Klasse vor, nicht wahr?«
    Wenn sie zuhörte, so sah sie den, der gerade sprach, mit äußerster Konzentration an. Wenn sie sprach, so legte sie ihre ganze Kraft in das, was sie sagte. Sie schien alles, was sie tat, doppelt so heftig zu tun wie andere Leute; sogar ihre Augen waren von einem strahlenderen Blau, als Anna es je gesehen hatte.
    Sie fingen gerade mit dem Nachtisch an, es gab heute Apfelstrudel, als das Mädchen Bertha hereinkam, um Mama zu sagen, es sei jemand am Telefon, und ob sie Papa stören solle.
    »Was für eine Zeit für einen Anruf«, rief Mama und stieß ihren Stuhl so heftig zurück, daß Heimpi danach greifen mußte, damit er nicht umfiel. »Und daß keiner von euch wagt, meinen Apfelstrudel aufzuessen!« Und sie stürzte nach draußen.
    Es kam ihnen sehr still vor, nachdem sie gegangen war, obwohl Anna ihre Schritte hören konnte, die zum Telefon eilten und ein wenig später noch schneller zu Papas Zimmer hinauf. In die Stille hinein fragte Anna:
    »Wie geht es Papa?«
    »Besser«, sagte Heimpi. »Die Temperatur ist ein bißchen gefallen.«
    Anna aß zufrieden ihren Nachtisch auf. Max und Günther ließen sich dreimal nachgeben, aber Mama war noch immer nicht zurück. Es war seltsam, denn sie mochte Apfelstrudel besonders gern.
    Bertha kam, um abzuräumen, und Heimpi nahm die Jungen mit, um nach Günthers Hose zu sehen. »Es hat keinen Zweck, sie zu flicken«, sagte sie, »sie würde wieder platzen, sobald du Luft holst. Aber ich habe noch eine, aus der Max herausgewachsen ist, die wird dir gerade passen.«
    Anna blieb im Eßzimmer zurück und wußte nicht, was sie tun sollte. Zuerst half sie Bertha. Sie schoben die benutzten Teller durch die Durchreiche in die Küche. Dann fegten sie mit einer kleinen Bürste und einer Schaufel die Krümel vom Tisch. Als sie dann das Tischtuch falteten, erinnerte sie sich an Fräulein Lambeck und ihre Botschaft. Sie wartete, bis Bertha das Tischtuch fest in den Händen hatte und lief dann zu Papas Zimmer hinauf. Sie konnte Papa und Mama drinnen sprechen hören.
    »Papa«, sagte Anna, während sie die Tür öffnete,
    »ich habe Fräulein Lambeck getroffen...«
    »Nicht jetzt! Nicht jetzt!« rief Mama. »Wir haben was zu besprechen.«
    Sie saß auf Papas Bettkante. Papa war mit Kissen im Rücken gestützt und sah blaß aus. Sie runzelten beide die

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