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GK099 - Das Bildnis des Samurai

GK099 - Das Bildnis des Samurai

Titel: GK099 - Das Bildnis des Samurai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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Mey befürchtete, dass ihm die Geisha etwas antun wollte, doch das war nicht der Fall.
    Das Gegenteil geschah.
    Blitzschnell setzte sich die hübsche Japanerin den Dolch an den Leib und verübte vor den verstörten Augen des entsetzten Amerikaners Harakiri!
    Sie rammte sich die Klinge tief in den Bauch, zog sie dann hoch bis zu den Rippenbögen, schlitzte sich den Körper weit auf, aus dem das Blut hervorquoll.
    Mit schmerzgeweiteten Augen kippte sie stöhnend zur Seite. Jemand schrie.
    Es war James Mey, der diesen Entsetzensschrei ausstieß. Er bekam das selbst gar nicht richtig mit.
    Seine Augen wollten ihm aus dem Kopf springen, so weit traten sie nun aus den Höhlen.
    »Das… das darf es doch nicht geben!«, brüllte er verstört, während er auf das tote Mädchen hinabblickte.
    Er hatte nicht den Mut, die Geisha anzufassen. Sie lag in einer großen Blutlache. Auf der Seite mit verkrampftem Körper. Ihre Hände umschlossen immer noch den Griff des Harakiridolchs.
    »Wahnsinn!« ächzte Mey. »Wahnsinn! Die kommt zu mir, um sich vor mir das Leben zu nehmen!«
    Leute kamen gerannt. Zuerst Hotelgäste, die am selben Flur wohnten.
    Dann kamen Angestellte und schließlich der Leiter des Hilton-Hotels Tokio.
    »Wir müssen die Polizei verständigen!«, sagte der Mann. Er zuckte bedauernd mit den Achseln. »Tut mir leid, Mr. Mey.«
    »Aber ja, machen Sie, was Sie für richtig halten.«
    »Sie bleiben in Ihrem Zimmer?«
    »Was dachten Sie denn? Denken Sie, ich hätte nach diesem Erlebnis noch Lust, auszugehen?«
    Mey donnerte die Tür zu und trank einen Bourbon auf den gewaltigen Schock.
    Mey hatte die Wahl gehabt, dem Polizeikommissar auf seinem Zimmer oder in der Hotelbar Rede und Antwort zu stehen.
    Er hatte sich für die Bar entschieden, trank dort aber nur Fruchtsäfte, um nicht schlappzumachen.
    »Wie war das nun mit diesem Mädchen?«, fragte Kommissar Kublai Nobunaga. Er war klein, zierlich und freundlich wie die meisten Japaner.
    »Wollen Sie im Ernst, dass ich die ganze Sache noch mal wiederkäue?«, fragte Mey grimmig.
    »Dieses Mädchen hat sein Leben auf eine recht tragische Weise verloren. Ich glaube, Sie wären es ihr schuldig, zu sprechen.«
    »Ach!«, bellte Mey. »Eine tragische Weise nennen Sie das? Ich dachte, hier in Japan ist Harakiri so etwas wie ein Volkssport.«
    »Man sollte mit solchen Dingen nicht scherzen, Mr. Mey!«
    »Tu' ich ja gar nicht. Mir ist nicht zum Scherzen, sondern zum Kotzen.«
    »Also?«
    »Nun ja. Ich habe die Kleine in einem dieser Bäder kennen gelernt. Sie hat mir gefallen. Ich habe sie angequasselt. Sie hatte nichts dagegen, sich mit mir nach Dienstschluss zu treffen. Wir verbrachten einige recht nette Abende. Wenn Sie wissen wollen, ob ich mit ihr geschlafen habe: ja, auch das. Sie war ein tolles Girl. Aber ich hatte viel zu tun. Deshalb sagte ich ihr, dass wir uns in den nächsten Tagen nicht sehen könnten, da ich ja auch wieder mal was arbeiten müsse. Dazu bin ich schließlich von meinem Verleger hierher geschickt worden.«
    »Sind Sie Schriftsteller, Mr. Mey?«
    »Nein, Maler. Ich soll meine Eindrücke skizzieren. Wir bringen ein Buch über Tokio heraus. Vielleicht auch einen zweiten Band über Japan. Mal sehen, was ich an Zeichnungen zusammenbringe.«
    »Die Geisha hat also an Ihre Tür geklopft?«
    »Sagte ich ja.«
    »Und dann?«
    »Mann, was sind das für Fragen? Was tun Sie, wenn jemand an Ihre Tür klopft?«
    »Ich mache auf.«
    »Nun sehen Sie mal, genau das habe ich auch getan. Da kniete sie vor mir. Mit einem Blick, der mich gar nicht wahrzunehmen schien. Sie kniete vor mir, als wäre nur ihr Körper da. Ihr Geist war ganz woanders. Jedenfalls hatte ich diesen Eindruck.«
    »Und plötzlich hatte sie diesen Dolch in der Hand?«
    »Ja. Ich dachte schon, sie wollte damit auf mich losgehen.«
    »Hatten Sie einen Grund, das zu denken?«, fragte Kommissar Nobunaga.
    »Ich sah den Dolch. Dass sie sich damit selbst umbringen wollte, auf den Gedanken kam ich überhaupt nicht.«
    »Warum haben Sie nicht verhindert, dass sie Harakiri beging?«
    »Herrgott, wer denkt denn an so etwas? Ich war wie gelähmt, als ich sah, was sie tat. Ich war einfach nicht fähig, zu reagieren. Können Sie sich das denn nicht vorstellen? Da befinden Sie sich in Ihrem Zimmer, denken an nichts Böses. Es klopft. Sie denken immer noch an nichts Böses. Sie machen auf. Ein Mädchen, mit dem Sie ein paar Mal aus waren, kniet vor der Tür. Sie denken, dass sie herumalbert. Und plötzlich setzt

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