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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Faulkner
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zurück. «Hier!», sage ich. «Jewel!» Ich greife nach ihm; er schlägt meine Hand weg. «Du Idiot», sag ich, «siehst du nicht, dass du hier nicht zurückkannst?» Der Mittelgang sieht aus wie ein in den Regen gerichteter Scheinwerfer. «Los», sag ich, «hier lang.»
    Als wir uns durch die Lücke gezwängt haben, rennt er los. «Jewel!», rufe ich und renne ihm nach. Er schießt um die Ecke. Als ich sie erreiche, ist er schon fast bei der nächsten und rennt vor dem Feuerschein wie die aus Blechfolie ausgeschnittene Figur von vorhin. Pa, Gillespie und Mack stehen in einiger Entfernung und schauen auf die Scheune, die sich rosarot gegen das Dunkel abhebt und für eine Weile das Mondlicht besiegt hat. «Haltet ihn!», rufe ich. «Haltet ihn auf!»
    Als ich die Vorderseite erreiche, ringt er mit Gillespie; der eine mager im Unterzeug, der andere splitternackt. Sie sind wie zwei Figuren in einem griechischen Fries, aller Realität entrückt durch den roten Flammenschein. Noch ehe ich bei ihnen bin, hat er Gillespie zu Boden geschlagen, sich umgedreht und ist in die Scheune zurückgelaufen.
    Das Geräusch der Flammen ist jetzt ganz friedlich geworden, wie das Geräusch des Flusses vor Tagen. Wir beobachten wie durch eine weite Bühnenöffnung durch die langsam in sich zusammenfallende Toreinfahrt, wie Jewel geduckt zum hinteren Ende des Sargs läuft und sich niederbeugt. Für eine Sekunde sieht er auf und zu uns hin durch den Regen aus brennendem Heu gleich einem Vorhang aus flammenden Perlen, und ich kann sehen, wie sein Mund meinen Namen formt, als er mich ruft.
    «Jewel!», ruft Dewey Dell. «Jewel!» Mir ist, als hörte ich jetzt die ganze während der letzten fünf Minuten aufgestaute Kraft ihrer Stimme, und ich höre, wie sie sich wehrt und um sich schlägt, als Pa und Mack sie festhalten und sie immer wieder «Jewel! Jewel!» schreit. Aber er beachtet uns nicht mehr. Wir sehen, wie seine Schultern sich straffen, als er den Sarg hoch anhebt und ihn von den Sägeböcken schiebt. Der Sarg ragt unglaublich hoch und verdeckt Jewel: ich hätte nicht gedacht, dass Addie Bundren so viel Platz braucht, um bequem zu liegen. Noch einen Augenblick steht er aufrecht, während die Funken in dichtem Gestöber auf ihn niederregnen, als ob sie durch die Berührung mit ihm immer neue Funken erzeugten. Dann kippt er nach vorn, und Jewel ist wieder zu sehen. Die Funken regnen auch auf ihn in immer heftigeren Schauern, sodass er aussieht wie in einen dünnen Feuerschleier gehüllt. Ohne innezuhalten rutscht der Sarg weiter vor, kommt mit dem vorderen Ende auf den Boden, richtet sich noch einmal auf, zögert und bricht dann langsam nach vorn durch den Feuervorhang. Diesmal reitet Jewel auf ihm, klammert sich an ihm fest, bis der Sarg niederkracht und Jewel nach vorn ins Freie schleudert. Mack springt auf den schwachen Geruch versengten Fleisches zu und schlägt auf die sich immer weiter ausdehnenden leuchtendrot umrandeten Löcher ein, die wie Blumen auf Jewels Unterhemd erblühen.

[zur Inhaltsübersicht]
    Vardaman
    Als ich hinausging, um zu sehn, wo sie sich über Nacht aufhalten, sah ich etwas   Sie sagten: «Wo ist Darl? Wohin ist Darl gegangen?»
    Sie trugen sie zurück unter den Apfelbaum.
    Die Scheune war noch immer rot, aber sie war jetzt keine Scheune mehr. Sie war in sich zusammengesunken, und das Rot wirbelte empor. Die Scheune wirbelte in kleinen roten Stücken hinauf, vor dem Himmel und den Sternen, sodass die Sterne sich rückwärts bewegten.
    Und da war Cash noch wach. Er drehte den Kopf von einer Seite zur andern; Schweiß stand auf seinem Gesicht.
    «Willst du etwas Wasser drauf haben, Cash?», fragte Dewey Dell.
    Cashs Bein und Fuß waren schwarz. Wir hielten die Lampe und sahen uns Cashs Bein und Fuß an, wo sie schwarz waren.
    «Dein Fuß sieht aus wie ein Niggerfuß, Cash», sagte ich.
    «Ich glaube, wir müssen es wegschlagen», sagte Pa.
    «Wozu zum Teufel habt ihr’s bloß draufgetan», sagte Mr. Gillespie.
    «Ich dachte, es würde das Bein fixieren», sagte Pa. «Ich wollte ihm nur helfen.»
    Sie holten das Flacheisen und den Hammer. Dewey Dell hielt die Lampe. Sie mussten hart zuschlagen. Und dann schlief Cash ein.
    «Er schläft jetzt», sagte ich. «Es kann ihm nicht weh tun, wenn er schläft.»
    Es bekam bloß Risse. Es wollte nicht abgehn.
    «Die Haut reißt mit ab», sagte Mr. Gillespie. «Warum zum Teufel habt ihr’s bloß draufgetan. Hat keiner von euch dran gedacht, das Bein erst mal

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