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Als ich im Sterben lag (German Edition)

Als ich im Sterben lag (German Edition)

Titel: Als ich im Sterben lag (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Faulkner
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Schwarzpulver angefüllt gewesen. Die Vorderseite, die konische Fassade mit der quadratischen Toreinfahrt, unterbrochen nur von der vierschrötigen eckigen Form des Sargs, der auf den Sägeböcken hockt wie ein kubisches Insekt, zeichnet sich scharf gegen den Hintergrund ab. Hinter mir kommen Pa und Gillespie und Mack, Dewey Dell und Vardaman aus dem Haus.
    Er bleibt beim Sarg stehen, beugt sich herunter und sieht mich voller Wut an. Über uns krachen die Flammen wie Donner; ein kühler Luftzug weht über uns hin: noch ist hier unten keine Hitze zu spüren; eine Handvoll Spreu hebt sich plötzlich und wird rasch an den Boxen entlanggesogen, wo ein Pferd schreit. «Schnell», sage ich, «die Pferde!»
    Er blitzt mich einen Moment lang an, sieht zum Dach hinauf und ist dann mit wenigen Sätzen bei der Box, in der das Pferd schreit. Wild wirft es den Kopf zurück und schlägt aus, und das Donnern seiner Hufschläge wird verschlungen vom Prasseln der Flammen. Sie hören sich an wie ein endloser Zug, der über eine endlose Eisenbrücke fährt. Gillespie und Mack gehen an mir vorbei, in knielangen Nachthemden, sie rufen, ihre Stimmen sind dünn und hoch und rufen Unverständliches, und zugleich sind sie von einer wilden Wut und Trauer: «… Kuh … Box …» Gillespies Nachthemd wird vom Luftzug nach vorn geweht und bauscht sich über seinen behaarten Schenkeln.
    Die Boxentür schwingt zu. Jewel stößt sie mit dem Hintern wieder auf und kommt, das Pferd am Kopf ziehend, heraus, sein Rücken wölbt sich, die angespannten Muskeln drücken sich knotig durchs Hemd. In der grellen Helligkeit rollen die Augen des Pferds in einem weichen, schnellen, wild schillernden Glanz; seine Muskeln ziehen sich zusammen und lösen sich wieder, als es den Kopf herumwirft und Jewel vom Boden hebt. Er zerrt es weiter, langsam, schreckerregend; wieder wirft er mir über die Schulter einen einzigen Blick zu, wütend und kurz. Auch als sie aus der Scheune heraus sind, hört das Pferd nicht auf, sich zu wehren, immer wieder schlägt es rückwärts gegen die Toreinfahrt aus, bis Gillespie an mir vorbeirennt, splitternackt, das Nachthemd um den Kopf eines Maultiers gewickelt, und das vor Angst tolle Pferd von der Tür wegprügelt.
    Jewel kommt rennend zurück; wieder sieht er auf den Sarg nieder. Aber er bleibt nicht stehen. «Wo ist die Kuh?», schreit er, als er an mir vorbeiläuft. Ich folge ihm. In der Box kämpft Mack mit dem anderen Maultier. Als es den Kopf in den Feuerschein dreht, kann ich das wilde Rollen seiner Augen sehen, aber es gibt keinen Laut. Es steht nur da, sieht Mack über die Schulter an und stößt ihn jedes Mal, wenn er sich nähert, mit dem Hinterteil zurück. Mack dreht sich zu uns um, Augen und Mund drei runde Löcher in seinem Gesicht, in dem die Sommersprossen aussehen wie Erbsen auf einem Teller. Seine Stimme ist hoch, dünn und weit weg.
    «Ich kann nichts machen …» Es ist, als würden die Worte von seinen Lippen hinauf- und davongerissen und als kämen sie aus einer ungeheuren Ferne der Erschöpfung zu uns zurück. Jewel gleitet an uns vorbei; das Maultier dreht sich wild herum und schlägt aus, aber er hat es schon am Kopf gepackt. Ich beuge mich zu Macks Ohr: «Nachthemd. Um seinen Kopf wickeln.»
    Mack starrt mich an. Dann reißt er sich das Nachthemd herunter und wirft es dem Maultier über den Kopf, und augenblicklich wird es lenksam. Jewel schreit Mack gellend zu: «Die Kuh? Die Kuh?»
    «Hinten!», schreit Mack zurück. «Letzte Box!»
    Die Kuh sieht uns an, als wir hereinkommen. Sie hat sich hinten in die Ecke gedrückt, den Kopf gesenkt und wiederkäut immer noch, obschon schnell. Aber sie bewegt sich nicht. Jewel steht einen Augenblick still und sieht nach oben, und wir sehen plötzlich, wie sich die gesamte Decke zum Heuboden auflöst. Sie verwandelt sich in Feuer; ein Gestöber von Funken regnet nieder. Jewel sieht sich um. Hinten unter dem Trog steht ein dreibeiniger Melkschemel. Er packt ihn und schwingt ihn gegen die Bretter der Rückwand. Er zertrümmert ein Brett, dann noch eines, dann ein drittes; wir reißen die schartigen Überreste weg. Während wir uns zur Öffnung hinbücken, stürmt etwas von hinten gegen uns. Es ist die Kuh; mit einem pfeifenden Atemzug bricht sie zwischen uns durch und zwängt sich durch die Öffnung in den Feuerschein hinaus, den Schwanz senkrecht aufgerichtet und steif wie ein Besenstiel, der ihr am Ende des Rückgrats festgenagelt ist.
    Jewel geht in die Scheune

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