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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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sagte er sehr demütig: »Wenn ich recht schön bitten dürfte, die Kinder nicht verwirrt zu machen!«
    »Ich meine, dass wir in der Schule sind«, nahm nun der Dechant ernsthaft das Wort, »und weil wir gerade auch beim Rechnen sind, so will ich den dort, den Kleinen mit dem roten Brusttuch fragen.«
    Der Kleine mit dem roten Brusttuch war ich.
    »Pass nur einmal auf, mein Bub«, sagte der Dechant. »Ein Bauer hat einen Tagelöhner, dem er für den Tag sechsunddreißig Kreuzer Lohn gibt; wie viel Gulden wird er ihm für die Woche schuldig?«
    »Wenn der Bauer«, begann ich abzuhaspeln, »dem Tagelöhner sechsunddreißig Kreuzer gibt, so wird er ihm in der Woche schuldig – in der Woche schuldig …« Ich weiß es noch genau, wie mir in jenem Augenblicke zumute war. Als ob ich auf einer sehr hohen Leiter stünde, welche zu schaukeln beginnt. Der alte Michel ruft mir noch zu: »Halt dich fest!« Aber ich sehe und taste keine Sprossen mehr, alles um mich wird blau und voll kreisender Sterne, ich stürze. Als ich wieder zu mir kam, hörte ich nur, wie unser Schulmeister entschuldigend sagte: »Das ist halt von den Schwächeren einer.«
    Ich setzte mich nieder.
    An derselben Frage bissen sich noch ein paar andere die Zähne locker. Der eine antwortete, der Bauer würde dem Tagelöhner für die Woche drei Gulden sechsunddreißig Kreuzer schuldig; der andere behauptete, der Lohn für die ganze Woche mache vier Gulden zwölf Kreuzer. Endlich stellte es sich heraus, dass beide recht hatten, nur dass letzterer die Sonntagsruhe nicht beachtet hatte. Diesen fragte daher der Pfarrer von Krieglach ziemlich scharf: »Wie lauten die zwei ersten der Kirchengebote?«
    Rasch antwortete der Schüler: »Erstens, du sollst den Feiertag heiligen, zweitens, du sollst die heilige Messe mit gebührender Andacht hören.«
    »Sehr brav! Nun möchte ich aber von deinem Hintermann hören, wie viele bei dem bethlehemitischen Kindermorde der König Herodes Mädchen töten ließ?«
    Der Hintermann war wieder ich, aber diesmal kam er mir recht. »Mädchen gar keins«, war meine Antwort.
    »Nun, wie kannst du mir das beweisen?«
    »Ich kann’s beweisen damit, dass der Herodes nur Knaben aufsuchen und töten ließ, weil er den kleinen Jesus umbringen wollte.«
    »Ah, vortrefflich!«, riefen mehrere. Und der Pfarrer sagte gegen den alten Michel gewendet: »Das ist eine Antwort, die ich von Ihrer Schule nicht erwartet hätte.«
    Der alte Mann verneigte sich und sagte: »Religion macht den Kindern die meiste Freude. Ich lasse halt Evangelium lesen, und was sie von selber nicht verstehen, das erkläre ich ihnen durch Beispiele.«
    »Du Schwarzäugige dort unten«, rief jetzt wieder der Dechant drein: »Wie oft soll der katholische Christ beichten?«
    »Der katholische Christ soll jährlich wenigstens einmal beichten und zur österlichen Zeit das heiligste Sakrament des Altars empfangen.«
    Auf dem Gesichte des »Schulvaters« war die spöttische Miene gänzlich vergangen.
    Nachdem in der Religion noch mehrere Fragen klipp und klar beantwortet worden waren, ließ der Pfarrer aus dem Lesebuche ein Stück biblischer Geschichte des alten Testamentes laut lesen, jeden durch die Bank nur wenige Sätze. Das ging flott und die Herren schauten einander nur so an.
    »Wie viel haben Sie in Ihrer Schule Klassen?«, fragte der Dechant unseren Schulmeister.
    »Eigentlich nur eine oder gar keine«, antwortete dieser. »Ich teile nicht ab. Wir arbeiten halt fort, bis sie lesen, schreiben und ein bisschen rechnen können.«
    Nun verlangte man, dass wir unsere Tafeln zum Schreiben bereit machten. Der Dechant gab folgendes Diktat: »Der Geist des Herrn wich von Saul und ließ einen bösen Geist über ihn kommen, der ihn plagte. Und siehe, Saul schlug Tausende und David Zehntausende, denn mit David war der Segen Jehovas.«
    Das Diktando war durchgehend fast fehlerlos, nur mir passierte anstatt des heiligen Namens Jehovas ein dummes »J. Hofers«, was sie aber wieder damit entschuldigten, dass ich einer der Schwächsten sei. Die Schriften der Übrigen waren so, dass die Herren untereinander sagten: »In der vierten Klasse einer Bürgerschule selbst wäre ein solches Resultat glänzend zu nennen!«
    Unser alter Schulmeister stand immer gleich demütig im Hintergrunde.
    »Aha, die hat’s doppelt!«, sagte der Pfarrer plötzlich, als er die Schiefertafel eines Dirndls umgewendet hatte und dieselbe dem Dechanten hinhielt. Die kleine Eigentümerin stand auf und sagte: »Das

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