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Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker

Titel: Als ich noch der Waldbauernbub war - Arena Kinderbuch-Klassiker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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dörrten wir im Ofen auch das »Hablam«, trockene Blüten- und Samenabfälle des Heues, aus welchem ein sehr geschätztes Mehl für Mastvieh bereitet wurde. Auch Kirschen, Heidelbeeren und Pilze machte uns die Ofenhitze solchermaßen tauglich zum Aufbewahren für den Winter.
    Einmal – und das ist’s, was ich eigentlich erzählen will – war es so, als sollte in unserem großen Ofen auch Fleisch gebraten werden.
    So um Allerheiligen herum war ein junger, schlank gewachsener Vagabund zu uns gekommen. Ich weiß nur noch, dass er sehr lange Beine hatte und im Gesicht eine platte Nase und darunter eine Hasenscharte. Er schien so viel als erwachsen, hatte aber das Stimmlein wie ein Knabe. Und mit diesem Stimmlein fragte er ganz hell und grell meinen Vater, ob er über den Winter dableiben dürfe.
    »Das ledige Herumzigeunern ist halt nur im Sommer lustig«, antwortete ihm mein Vater. »Nun, wenn du dreschen willst, so kannst bleiben. Kost und Lagerstatt wirst dir doch verdienen.«
    Der Bursche war nicht blöde, tat gleich, als ob er bei uns zu Hause wäre, und beim Nachtmahl erzählte er laut, dass er vor Kurzem in einer Gegend gewesen sei, wo es ein sehr gutes Essen gab: Das Kraut wäre gezuckert gewesen, der Sterz mit Wein geschmalzen und die Knödeln wären durch und durch schwarz gewesen vor lauter Weinbeerln.
    Darob wurde der Junge ausgelacht und unser Stallknecht sagte: Die Sachen wären ja nicht schlecht, aber anders gemischt müssten sie sein: zum Sterz die Weinbeerln, zum Wein der Zucker und zu den Knödeln das Kraut. Hernach sagte der Kaunigl – so nannte sich der Bursche mit seinem Kinderstimmlein –, er habe auch schon Schaben in Buttertunke gegessen, die seien sehr gut! Worauf ihm mein Vater den Rat gab, er soll stille sein.
    Nach dem Essen, als kaum das letzte Kreuz gemacht war, zog der Kaunigl ein Päckchen Spielkarten aus der Hosentasche, mischte es mit kundiger Hand, warf für drei Personen ein Spiel aus und blickte fast erstaunt umher, ob denn keiner mittun wolle. Ich lugte hin nach den leicht geschweiften Karten mit den Eicheln auf dem Rücken und den bunten Figuren, die der Kaunigl so glatt abzulegen und so schön pfauenradförmig in der Hand zu halten wusste. Ich wollte schon anbeißen, da fuhr der Vater drein: »Weg mit den Karten! Morgen ist Allerseelentag! Denkts aufs Beten!«
    Am nächsten Tage, während der Vater in der Kirche war, saßen wir, der Kaunigl und ich, in der Flachskammer und spielten Karten. Ich musste erst die Blätter kennenlernen, aber merkwürdigerweise wurde ich mit den zweiunddreißig Kartenfiguren viel leichter vertraut als ein Jahr vorher mit den sechsundzwanzig Buchstaben. Leider kam die Mutter um einen Rocken für ihr Spinnrad, sie verdarb alles. »Aber Buben!«, sagte sie. »Erbarmen euch die armen Seelen nicht, dass ihr so was treibt am heutigen Tag?!« Wir verzogen uns. Aber der Hasenschartige hatte mir’s schon angetan. Er wusste und konnte allzu viele merkwürdige Sachen, die noch dazu verboten waren!
    An einem der nächsten Tage hockten wir im Heustadl auf einem Futterhaufen und spielten wieder Karten. Ich hatte folgende Fortschritte gemacht, dass mir nicht bloß die Figuren, sondern auch schon sehr viele Spiele bekannt waren. So taten wir »zwicken«, »brandeln«, »mauscheln«, »bettlerstrafen«, »königrufen«, »grün’ Buben suchen«, »pechmandeln«, »mariaschen« und anderes. Weil kein Tisch war, so legten wir die Karten aufs Knie, zwickten sie zwischen die Beine, und der Kaunigl steckte seine Trümpfe sogar einmal in die Hasenscharte. Keuchte jählings das alte Everl die Leiter herauf. Wir verhielten uns im dunkeln Raum mäuschenstill, aber sie hatte uns doch bemerkt. »Buben!«, rief sie. »Was tut’s denn, Buben?«
    »Beten«, gab der Kaunigl zur Antwort.
    »Ja, beten! Mit des Teufels Gebetbuch, gelt?«, rief das Weiblein. »Wissts es nit, dass der Vater das Kartenspielen nit leiden mag? Wird euch schön sauber der Schwarze bei den Füßen packen und in die Höll’ hinabschleifen.« Somit war’s mit dem Spiel wieder aus. In die Höll’ hinabschleifen, das wär so etwas!
    Am nächsten Sonntage machte der Kaunigl den Vorschlag, dass ich mit ihm ins Wäldchen hinausginge, damit wir bei unserer Unterhaltung endlich einmal Ruh’ hätten. Aber es regnete und es schneite und es ging ein kalter Wind, alsodass ich der Einladung nicht nachkam. Ob ich aus Papier wäre? piepste hierauf der Kaunigl, dass ich fürchten müsse, vom bissel Regen aufgeweicht

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