Als ich vom Himmel fiel
Alter an dieser Krankheit gestorben. Ich war ja immer so klein, dünn und schwächlich, und darum atmete die ganze Familie auf, als ich nach vielen Wochen wieder auf den Beinen war und mich um meine Tiere kümmern konnte.
Auch von Hunden war ich von klein auf restlos begeistert. Bereits im Alter von drei Jahren bekam ich einen Wachtelhund. Ich liebte Ajax heiß und innig. Leider mussten wir ihn wieder weggeben, weil er mehr Auslauf brauchte, als es in der Großstadt möglich war, und er ständig unseren Garten verwüstete. Was war ich da traurig!
Umso seliger war ich, als sich mir im Alter von neun Jahren endlich ein lange gehegter Wunsch erfüllte: Wir gingen ins Tierheim, wo schon Lobo auf mich wartete. Lobo war ein wunderschöner Schäferhundmischling, der später auch den Umzug von Lima in den Dschungel nach Panguana mitmachte und stolze 1 8 Jahre alt wurde.
Manche Vögel kamen sogar ganz von selbst zu uns, gerade so, als hätte es sich herumgesprochen, dass es ihnen bei uns gut gehen würde. Eines Tages flatterte eine riesige Andenamsel herein, und natürlich blieb auch sie. Meine Eltern hatten gerade Besuch von amerikanischen Ornithologen der Universität Berkeley, die ihr gleich den richtigen Namen verpassten. Sie nannten die Amsel »Professor«, wegen ihrer gelb umrandeten Augen, die ihr einen bebrillten, intelligenten Touch gaben. Neben dem Professo r – den ich allerdings Franziska nannt e – hatten wir noch eine Gelbstirn-Amazone sowie eine Sonnenralle. Das sind unbeschreiblich schöne Vögel, breiten sie ihre Flügel aus, entfaltet sich ein bunter Fächer im Spektrum leuchtender Erdfarben. Später, im Urwald von Panguana, profitierte ich von meinen frühen Erfahrungen. Als mir Indianer Zwergpapageien brachten, die sie ganz klein aus den Nestern geholt hatten, gelang es mir, sie aufzuziehen. Nach Ureinwohnerart kaute ich Bananen vor und steckte ihnen den Brei in den Schnabel. Auf diese Weise wurden sie erstaunlich zahm.
Seltene Vögel gab es auch in der Nähe von Lima, in einer unzugänglichen Bucht direkt am Meer. Dort fuhren meine Eltern gerne hin, und während sie ihren Beobachtungen nachgingen, spielte ich am Strand und holte mir dabei häufig einen Sonnenbrand. Was kein Wunder ist, schließlich liegt Lima nur wenige Breitengrade vom Äquator entfernt. Mein Hautarzt sagt jedenfalls heute noch: »Also Ihr Rücken, der hat wirklich schon zu viel Sonne gesehen.« Wie recht er damit hat! Damals war man noch sorglos beim Sonnenbaden. Ähnlich war es auch mit Flöhen. Wir führten immer eine Druckdose mit DDT mi t – an so etwas wäre heute nicht mehr zu denken!
An diesem Strand lebten winzige Krebse, die Muymuy heißen. »Muy« ist das spanische Wort für viel e – die Wortdoppelung sagt einiges über die Art ihres Auftretens aus. Manchmal bedeckten sie den ganzen Strand am Wellensaum entlang, und wenn man ins Wasser wollte, musste man barfuß über sie drüberlaufen. Das fühlte sich wirklich komisch an! Doch ich war ein Mädchen, das keine Furcht und keinen Ekel vor den Auswüchsen der Natur kannte, und rannte so schnell ich konnte über sie hinweg und stürzte mich dann ins Wasser.
Mein Vater hatte damals, als er nach jahrelanger Odyssee endlich nach Lima kam, ein Empfehlungsschreiben an die Tochter eines Admirals, der mit meinem Großvater mütterlicherseits bekannt war, in der Tasche. Als er völlig abgerissen vor jener Haustür auftauchte, da wollte man ihn zunächst nicht einmal hereinlassen. Das Empfehlungsschreiben allerdings öffnete ihm nicht nur die Tür, sondern auch die Herzen dieser Menschen, die später meine Paten wurden. So kam es, dass neben unserem Zuhaus e – dem Humboldt-Hau s – das Haus meines Patenonkels einer meiner liebsten Aufenthaltsorte in Lima wurde. Mein Patenonkel und seine Familie waren ebenfalls Deutsche und machten in Peru ein Vermögen durch den Handel mit Baumwolle und Papier. Als meine Mutter nach Lima kam, richteten diese treuen Freunde sogar die Hochzeit meiner Eltern aus. Bis zu meinem 14 . Lebensjahr verbrachte ich oft die Ferien dort. Ich liebte das Haus, im Bauhausstil errichtet, mit seinem zauberhaften Garten, Swimmingpool und Goldfischteich, in dem ich schwimmen lernte. In diesem Garten ließ ich auch manchmal meine Steißhühner frei herumlaufen, die ich stets in einem Käfig mitbrachte. Noch heute sehe ich mich die Straße vom Humboldt-Haus hinunter zur Küste entlanggehen, in der einen Hand den Käfig mit Polsterchen und Kastanienäuglein, in der
Weitere Kostenlose Bücher