Als Lassiter die Furie zähmte
Er hechtete sich zur Seite, während seine Rechte nach dem Remington unter seiner linken Achsel schnappte. Ein Schuss krachte und er hörte den dumpfen Einschlag der Kugel in seinen Sattel, auf dem eben noch sein Kopf gelegen hatte. Im nächsten Moment war er schon auf den Beinen, schnappte seinen Gurt mit dem leeren Holster, der neben ihm gelegen hatte, und schleuderte ihn auf den Alten zu. Dann war er bei ihm und riss ihn herum, sodass er ihm Deckung gegen die Frau gab. Der Lauf des Remington traf den Arm des Alten, der seine Waffe mit einem Fluch fallen ließ.
Erst jetzt sah Lassiter die Frau. Er hielt den Atem an. Den Anblick hatte er nicht erwartet. Sie hatte lange, lockige feuerrote Haare, die ein schönes, ebenmäßiges Gesicht umrahmten. Ihre grünlichen Augen schossen Blitze auf ihn ab, aber das machte sie nur noch schöner.
Sie hielt in jeder Hand einen Revolver, wagte es aber nicht abzudrücken, weil sie Angst hatte, ihren Vater zu treffen.
»Fallen lassen«, rief er ihr zu, »sonst leg ich den Alten um!«
Sie erschrak heftig und ließ ihre Revolver los, als hätte sie sich an ihnen die Finger verbrannt. »Lass ihn los, verdammt!«, schrie sie. »Er hat dir nichts getan!«
»So? Er hat auf mich geschossen. Das war ein Mordanschlag. Dafür kann er am Galgen enden!« Er stieß den Alten zur Seite, der stolperte und Mühe hatte, auf den Beinen zu bleiben. Mit dem Lauf des Remington gab er ihr zu verstehen, dass sie zu ihm gehen sollte.
Sie warf noch einen schiefen Blick auf die beiden Revolver, die vor ihr im Gras lagen, doch dann setzte sie sich in Bewegung und lief auf den Alten zu.
Lassiter sammelte das Gewehr, den Revolver des Alten und die beiden Schießeisen der Frau ein und brachte sie zu seinem Lager. Da er sich zum Schlafen nicht ausgezogen hatte, brauchte er nur seinen Revolvergurt um die Hüften zu schlingen. Er winkte mit dem Lauf des Remington und dirigierte sie zu einem Erdbuckel, der etwa fünf Yards von seinem Lager entfernt war.
»Setzt euch da hin«, knurrte er.
»Was soll das?«, fauchte die rothaarige Wildkatze. »Lass uns gehen. Es ist ja nichts passiert.«
»Du bist mir ja vielleicht ein Früchtchen«, sagte Lassiter grimmig. »Schon vergessen, dass ihr mich überfallen habt? Wer seid ihr eigentlich?«
Der Alte hatte schon den Mund geöffnet, als sie zischte: »Wir sagen nichts, Mann. Lass uns in Ruhe!«
»Das könnte dir so passen«, knurrte Lassiter. »Wenn ihr nicht redet, werde ich euch nach Tucson zum Richter bringen. Ihr könnt euch selbst ausrechnen, dass für jeden von euch ein paar Jahre Yuma herausspringen.«
»Hören Sie, Mister«, krächzte der Alte, »es ist doch niemand wirklich zu Schaden gekommen. Wenn Sie uns zum Richter bringen …«
»Der will dir doch nur Angst einjagen, Dad!«, zischte das Mädchen. »Der hat anderes zu tun, als mit uns nach Tucson zu reiten. Der soll uns lieber mal erzählen, was er in dieser Gegend sucht. Entweder reitet er für Sturgess oder er hat selbst Dreck am Stecken.«
»Wer ist Sturgess?«
Sie starrten ihn beide an, als hätte er nicht mehr alle Tassen im Schrank.
»Er reitet hier herum und kennt nicht mal Sturgess«, sagte die Rothaarige mit einem Blick auf den Alten. »Vielleicht kommt er vom Mond.«
»Du solltest mal für einen Moment deinen süßen kleinen Mund halten und uns Erwachsene nicht dauernd unterbrechen«, sagte Lassiter.
Röte schoss ihr ins Gesicht und konkurrierte mit den feuerroten Haaren.
»Du – du …« Ihre Brüste hoben und senkten sich heftig unter ihren schnellen Atemzügen.
Er unterbrach sie, indem er den linken Arm anhob und mit dem Zeigefinger auf sie zeigte. »Hast du noch eine Waffe?«
»Nein, verdammt, du hast meine beiden Revolver doch schon eingesackt.«
»Und was ist das da unter deiner Bluse?«
»Das siehst du doch, du altes Ferkel! Das bin ich.«
»Die eine Seite sieht aber anders aus als die andere. Ich glaube, ich sehe besser mal selbst nach.« Er ging auf sie zu, doch sie wartete nicht, bis er bei ihr war, sondern griff in den Ausschnitt ihrer Bluse und hielt plötzlich eine doppelläufige Derringer-Pistole in der Hand.
Er brauchte nur noch einen Schritt bis zu ihr. Seine Hand zuckte vor und schlug ihr die Pistole aus der Hand. Im nächsten Moment hatte er Mühe, ihren vorzuckenden, zu Krallen gekrümmten Fingern auszuweichen, sonst hätte sie ihm das Gesicht zerkratzt. Er bekam ihre Arme zu fassen, bog sie ihr auf den Rücken, hob sie vom Boden an und presste sie an sich.
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