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Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition)

Titel: Sein eigen Fleisch und Blut: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caro Ramsay
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Er hätte in der Schule sein sollen, doch seine Ma hatte keine Lust, so weit zu laufen. So wie an den meisten anderen Tagen auch.
    Dann verließ sie so hastig die Wohnung, dass er keine Zeit hatte, seine Jacke anzuziehen. Sie hätte ihn einfach eingeschlossen und die ganze Nacht über allein gelassen. Deshalb trug er nur sein Fleece-Oberteil aus dem Secondhandladen, und das war inzwischen vollkommen durchnässt und klebte auf seinem Rücken fest.
    Mist, er fror. Immer fror er.
    Weihnachtseinkäufe bei Woolworth hatte sie ihm versprochen, aber sie hatte es wieder einmal nur bis zum Schnapsladen geschafft. Danach war auch kein Geld mehr für Geschenke übrig gewesen.
    Langsam wurde es richtig dunkel; bald würde der helle Strahler am Rand des Spielplatzes eingeschaltet. Er saß auf der Schaukel, zitterte im Schneeregen und wagte es nicht, die eisigen Eisenketten mit bloßen Händen zu berühren. Wenn man hoch genug schaukelt, hatte sein Dad gesagt, kann man den Wolken in den Hintern treten. Das war zu Weihnachten vor zwei Jahren gewesen, vor langer, langer Zeit. Da war er erst fünf gewesen. Wenn sein Dad hier gewesen wäre, hätte er ihm Anschwung gegeben, doch er hatte keine Ahnung, wohin sein Dad verschwunden war, und um selbst Anschwung zu nehmen, war es zu kalt.
    Also saß Troy McEwen da und schaute zu, wie in den Wohnungen ringsum eine Lampe nach der anderen aufflammte wie ein Mosaik gemütlicher Lichter, das sich nach und nach immer weiter ausbreitete. Und er schloss Wetten mit sich ab, welches Fenster wohl als Nächstes hell würde. Der Spielplatz lag verlassen da. Die Menschen saßen irgendwo im Warmen und Hellen und waren glücklich.
    Er sah seiner Ma zu, die Regentropfen von einer Bank wischte, wobei sie ihren Ärmel einsetzte wie eine große Pfote. Sie trug einen riesigen Mantel aus Schafswolle; den hatte sie auch aus dem Secondhandladen. Jetzt holte sie eine Flasche aus der Tasche zwischen ihren Füßen hervor und schraubte den Deckel ab. Sie setzte sich immer auf dieselbe Bank, das war ihr Lieblingsplatz, und dort trank sie gern einen winzigen Schluck.
    Und da kam wieder diese alte Frau, die mit dem schmuddeligen weißen Hund. Er wartete ab, ob sie zu seiner Ma ging. Es wäre nicht das erste Mal. Dann saßen die zwei meist ein wenig zusammen herum, während der Hund auf den Weg kackte, und anschließend gingen sie zur Straße.
    Er wollte versuchen, ob er die Wolken treten konnte, obwohl es zu dunkel war, um sie zu sehen. Deshalb rief er seine Ma, sie sollte ihm Anschwung geben. Aber sie hörte ihn nicht. Sie sah nicht einmal auf. Stattdessen trank sie aus der Flasche mit dem Hirsch darauf.
    Er wollte nach Hause. Vielleicht gab es etwas zu essen. Er ließ sich von der Schaukel rutschen und ging hinüber zu seiner Ma. Er zupfte am Ärmel des Mantels aus Schafswolle, und sie sackte zur Seite. Ihre Augen waren glasig und starrten ins Leere. Sie war wieder einmal betrunken. Sie sah älter aus als die Mütter der anderen Kinder, und er konnte es nicht leiden, wie sie sich die Haare mit einem Gummi zusammenband. Dann sah sie aus wie die tote Katze, die er letzten Sommer im Kanal treiben gesehen hatte. Ihr Atem roch nach Schnaps.
    Im Regen durfte er nicht aufs Karussell, seit er gestürzt war und sich den Arm gebrochen hatte. Damals hatte ihn die Fürsorge mitnehmen wollen – wieder einmal. Seine Ma sah jetzt nicht zu ihm her, also würde es auch keine Prügel setzen. Er gab sich Schwung und drehte sich einmal, zweimal, und er wurde richtig schnell, ganz allein.
    Plötzlich ging der Scheinwerfer an. Er sah eine Spritze, gleich neben dem Karussell. Bei der nächsten Drehung würde er sie aufs Gras kicken … Leider reckte er sich zu weit vor, seine klammen Finger rutschten ab, und er fiel der Länge nach hin.
    Eine Weile lang lag er wimmernd da, und seine verfrorenen Hände taten schrecklich weh. Schließlich rollte er sich herum und setzte sich müde auf. Im Flutlicht sah er, dass seine Knie aufgeschürft waren und winzige Bluttröpfchen hervortraten. Er hatte sich die Hosenbeine aufgerissen. Seine Ma würde ihn umbringen.
    Außerhalb des Lichtscheins war es richtig dunkel. Die Knie und die Hände taten ihm weh. Und er fror entsetzlich.
    Dann schob sich ein großer Schatten zwischen ihn und die Lichtquelle, ein Erwachsener in einem langen schwarzen Mantel und mit einem Päckchen, das in alte Zeitungen eingewickelt war. Der salzige Geruch nach Pommesbude haftete ihm an.
    »Hast du dir wehgetan?«, sagte eine

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