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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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gekommen ist, der arme Junge.»
    Trubshaw kam die Treppe von der Brücke heruntergeklettert, und wir gingen an Land, wo ich mich plötzlich in einem verwirrenden Gedränge von Menschen, Pferden, Karren und Gepäck befand. Wir stiegen in einen offenen Wagen, das Pferd wieherte, und wir rollten den Hügel hinauf.
    «Wo ist das Postamt?» fragte ich den Kutscher.
    «Was willst du denn um Himmels willen auf dem Postamt?» fragte Vater.
    «Johnnie Wrighton ist schwer verletzt.»
    «Was für ein Johnnie Wrighton denn?»
    Aber in diesem Augenblick hielt auch schon der Kutscher an. «Hier ist das Postamt, Miss.»
    Ich sprang aus dem Wagen. «Vi», riefen Vater und Mutter wie aus einem Mund, aber ich ließ mich nicht aufhalten, rannte ins Postamt und gab ein Telegramm an Miss Buttle auf: SEHR BESORGT ÜBER JOHNNIES BEFINDE STOP ERBITTE NACHRICHT STOP VIOLA REMPLE. Darunter setzte ich die Adresse des Hotels, in dem wir wohnten, bis die Möbel eintrafen.
    Im Hotel hatten Perse und ich zusammen ein Zimmer, und ich merkte, wie sie mich die ganze Zeit beim Auspacken beobachtete. Schließlich sagte sie ganz sanft: «Vi - kriegst du vielleicht ein Baby?»
    «Nein. Wie kommst du denn bloß darauf?»
    «Ja, was hast du denn dann? Warum bist du auf dem Postamt gewesen?»
    Ich zeigte ihr mit Tränen in den Augen die Zeitungsnotiz.
    «Du lieber Gott», sagte Perse. «Der Ärmste. Aber du - du liebst ihn doch nicht?» fragte sie.
    «Nein, aber ich habe ihn sehr gern. Ich habe Miss Buttle ein Telegramm geschickt. Ich will wissen, wie es ihm geht.»
    «Fein.» Perse, die um alle Gefühle einen so weiten Bogen machte wie andere Leute um Gefahren, stand auf und sagte energisch: «Also los, packen wir aus. Du, sieh mal, wie findest du meinen neuen Pyjama? Sexy, was?»
    Dann gingen wir hinunter zum Abendessen. Mutter sah großartig aus: Pelzcape, Ohrringe, Perlenkette - phantastisch. Sie war auch gut gelaunt.
    «Nun - ist das nicht eine ganz himmlische Insel?»
    «Ist denn hier im Hotel keine Bar?» fragte Perse enttäuscht.
    «Den Lagonda habe ich ja nun mal verkauft», sagte Vater, «aber einen Mini könnten wir hier sehr gut gebrauchen.»
    «Also, ihr seid mir die Richtigen», sagte Mutter und breitete
    gereizt ihre Serviette aus. «Mein Leben lang habe ich auf den Tag gewartet, wo ich euch meine geliebte, herrliche Insel zeigen kann. Und nun interessiert sich Perse nur für die Bar, du trauerst deinem Lagonda nach, und Vi weint. Ich könnte euch alle schütteln, wie ihr da seid.»
    Perse kam mir jetzt zu Hilfe und sagte: «Aber Vi kann doch wirklich nichts dafür, Mutter, ich verstehe sie sehr gut. Schließlich ist Johnnie ihr bester Freund, und sie weiß nicht einmal, ob er überhaupt noch lebt.»
    Da beugte sich Mutter über den Tisch und legte ihre Hand auf meinen Arm. «Aber mein Liebes, woher sollte ich das denn wissen? Du hast mir doch kein Wort davon gesagt, daß ihr euch so nahesteht. Armes Kleines! Also, Harry, davon hättest du mir ja auch etwas sagen können. Du wirst doch schließlich davon gewußt haben.»
    «Wovon?» fragte Vater.
    «Nun, davon, daß unser Liebling in Johnnie Wrighton verliebt ist.»
    «Das erste, was ich höre.»
    «Bitte, hört jetzt auf damit», sagte ich, noch immer weinend.
     
    Am Sonntag kam kein Telegramm von Miss Buttle. Auch kein Telegramm am Montag. Ich konnte es nicht mehr ertragen und ging zu meinen Eltern und sagte: «Miss Buttle hat auf mein Telegramm nicht geantwortet. Wie kann ich bloß etwas über Johnnie Wrighton in Erfahrung bringen?»
    «Wie wär’s, wenn du den Pfarrer anriefest. Der muß ja schließlich wissen, was mit seinen Schäfchen los ist», meinte Vater.
    «Vater - würdest du ihn vielleicht für mich anrufen?» bat ich.
    Nach einer Flasche Rotwein und einer guten Zigarre hätte Vater den Papst im Vatikan angerufen. «Natürlich, mein Mädchen, gerne», sagte er und ging hinaus in die Halle.
    Als er zurückkam, sah er sehr ernst aus. Er sah mich an und sagte: «Vi, er weiß noch nichts Genaues. Er wird sich erkundigen und dich dann zurückrufen.»
    «Aber er lebt?»
    «Ja. Er lebt.»
    Vater schwieg, aber offensichtlich bedrängte ihn noch etwas anderes. «Ich habe eine traurige Nachricht für dich, mein Kind. Miss Buttle ist gestorben.»
    «O nein», schrie ich auf, und Tränen schossen mir in die Augen. «Ich habe sie doch am Freitag noch gesehen!»
    «Am Freitagnachmittag ist es passiert. Herzschlag. Es tut mir so leid für dich, Vi.»
    Gegen Abend wurde ich ans Telefon

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