Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
Vom Netzwerk:
war leer bis auf ein paar Bündel Briefe und ein paar vergilbte Papiere. Die Briefe verbrannte ich gleich im Kamin, wo Miss Buttle nie Feuer gemacht hatte. Auch ein paar alte Fotos wanderten dorthin. Nur drei davon wollte ich mir zur Erinnerung aufbewahren. Eines zeigte Miss Buttle als kleines Mädchen. Auf einem anderen war sie mit einem älteren Herrn zu sehen. Es mußte ihr Vater sein. Das dritte, etwas unscharfe Foto von ihr mußte in den letzten Jahren aufgenommen sein.
    In dieser toten Wohnung einer Toten wurde mir ganz traurig zumute. Ich seufzte, nahm mir vor, alles weitere auf später zu verschieben, und zog sacht die Tür hinter mir zu.
     
    Auf Harker’s Hill wehte der Wind meine trüben Gedanken fort. Lerchen jubelten hoch in der Luft. Hügel, Wälder, Wege und Felder lagen im Schein der späten Nachmittagssonne da.
    Johnnie kam auf mich zu, aber er hatte mich wohl noch nicht gesehen. «Johnnie!» schrie ich. Ich sah, wie das alte belustigte und fröhliche Lächeln in seinem Gesicht aufblitzte. Dann fing er mich in seinen Armen auf.
    Wir lachten und küßten und herzten uns wieder und wieder. «O Vi», sagte er atemlos, «wie gut es ist, dich wiederzusehen.»
    «Hast du auch wirklich keine Schmerzen mehr?» fragte ich zwischen unseren Küssen.
    «Nein, ich bin wieder ganz gut auf den Beinen», sagte er. «Nur hin und wieder sticht mich die eine Rippe noch etwas. Du, Vi, ich bin übrigens vorhin deiner Mutter begegnet und habe sogar eine Tasse Tee mit ihr getrunken. Sie hat mich aufgefordert, heute abend mit euch zu Abend zu essen. Sie ist wirklich furchtbar nett, und weißt du, ich hatte den Eindruck, sie mochte mich.»
    «Ist ja toll.» Das war wirklich der allerglücklichste Tag meines Lebens. Johnnie streichelte mir die Wange und sagte: «Ach, Vi, jetzt werden wir doch bestimmt bald heiraten?»
    «Wenn du mich noch magst...» sagte ich, und dann fielen wir uns wieder in die Arme und küßten uns endlos.
     
    Als ich zurückkam, saß Mutter in der Hotelhalle und trank einen Sherry.
    «Da bist du ja, Violachen. Weißt du, dieser Johnnie Wrighton ist wirklich ein reizender Junge. Ich habe ihn vorhin getroffen und einen Tee mit ihm getrunken», sagte sie. «Und ich hätte gar nicht gedacht, daß er so gescheit und intelligent ist. Übrigens kommen er und Perse heute abend hier ins Hotel, um mit uns zu essen. Weißt du, du hast für dein Alter schon eine gute Nase. Dieser John Wrighton wäre keineswegs der schlechteste Ehemann für dich.»
    «Aber Mutter, was ist denn in dich gefahren?»
    «Also Viola», sagte sie gereizt, «ich habe mir das alles gründlich überlegt. Ihr liebt euch, er ist ein tadelloser junger Mann, er hat dir etwas zu bieten.» Und dann explodierte sie. «Warum hast du eigentlich immer und immer nur Widerreden, wo ich doch nur dein Bestes will, Viola?»
    «Ich dachte bloß...»
    «Um Himmels willen, hör auf zu denken. Tu doch bloß einmal das, was ich dir sage.» Ärgerlich nahm sie ihre Handtasche.
    «Gut, Mutter», sagte ich lammfromm. «Wenn du meinst, daß es so am besten ist.»
    «Allerdings meine ich das.» Und damit ging sie auf die Tür zu.
    «Mutter, was ist das da für ein Brief? Du hast ihn liegenlassen.»
    «Ach, alte Papiere, Kind. Ich war auf der Bank.» Dann war sie nach oben verschwunden.
    Ich sah mich um, ich war allein in der Halle, und ich konnte nicht anders: ich führte einen richtigen echten Freudentanz auf.
     
    Auch ich ging hinauf und machte mich für den Abend zurecht. Ich schminkte meine Lippen modisch blaß und legte Lidschatten auf, wenn auch nur ganz wenig. Dann ging ich wieder hinunter in die Halle, um auf Johnnie zu warten, als Perse erschien.
    «Du, ist das vielleicht ein Verlobungsessen?» fragte sie aufgeregt.
    «Das wohl nicht», sagte ich, «aber so was Ähnliches.»
    «Mensch, dann werde ich ja bald Brautjungfer.»
    Da kam auch schon Johnnie herein, und ich lief auf ihn zu und schlang die Arme um seinen Hals. «O Lieber, Mutter kann es kaum noch erwarten, dich als Schwiegersohn zu haben.»
    «Wirklich?» Er strahlte.
    Jetzt erschien Mutter, mit großem Auftritt. Mit ausgestreckten Armen ging sie auf Johnnie zu und umarmte ihn. «Wie lieb von Ihnen, Johnnie, daß Sie gekommen sind.» Sie schloß die Arme um uns beide. «Ihr wißt nicht, Kinder, wie glücklich ihr mich macht. Und hier habt ihr gleich euer Hochzeitsgeschenk.» Und damit schob sie Johnnie den Umschlag von vorhin in die Hand.
    Johnnie hielt den Umschlag hoch, so daß ich lesen konnte,

Weitere Kostenlose Bücher