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Als Mutter streikte

Als Mutter streikte

Titel: Als Mutter streikte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Malpass
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war nicht anzukommen. Perse und Trubshaw waren bereits im Bett. Mutter, Vater und ich hockten unbequem auf alten Küchenstühlen im ratzekahlen Wohnzimmer.
    Vater räusperte sich und fragte: «Hast du wohl irgendwo die Zeitung von heute gesehen, Clementine?»
    «Gewiß habe ich sie gesehen», sagte Mutter. «Ich habe mir erlaubt, deine Schuhe darin einzuwickeln. Sie sind ganz unten in dem großen schwarzen Koffer.»
    «Oh, schon gut», sagte Vater hastig. «Ist auch nicht so wichtig.»
    «Wirklich, sehr rücksichtsvoll von dir.» Noch nie hatte ich Mutter so schlechter Laune gesehen. Dann bekam ich sie zu spüren.
    «Sagtest du nicht, du wolltest um acht eine kleine Party geben. Vi?» sagte sie bissig. Es war jetzt fast neun.
    «Oh, es war keine feste Verabredung», sagte ich. «Ich sagte dir doch, daß Johnnie sich nur kurz von mir verabschieden wollte.»
    «Also diese Hinterwäldler da oben in den Hügeln -» sagte Mutter kopfschüttelnd, «aber du läßt dir ja anscheinend alles -»
    «Du tust gerade so, als ob es Höhlenbewohner wären», sagte ich gekränkt und ging nach draußen. Kein Johnnie zu sehen weit und breit. Nur der Mond, von Wolkenschleiern überzogen, hing hinter dem Gezweig der hohen Ulmen und stand kalt und still über Harker’s Clump.
    Schließlich ging ich enttäuscht ins Haus zurück. Mutter sah auf die Uhr. «Hat er dich sitzenlassen, Kleines?» Das klang jetzt liebevoll. Ihre Stimmung war anscheinend umgeschlagen.
    «Ja, meine Lieben, nun schlafen wir zum letztenmal im alten Pfarrhaus», sagte sie melodramatisch.
    «Also, Clem, nun nicht noch diese Töne. Diese Sentimentalität ist ja wirklich unerträglich», sagte Vater. «Du wolltest hier heraus, du hast erreicht, was du wolltest. Nun werde nicht auch noch rührselig.»
    «Schade, Harry», sagte Mutter kühl, «daß dir jedes tiefere Gefühl abgeht.»
     

27
     
    Am nächsten Morgen gab es kein Shepherd’s Delight, keine Miss Buttle, keinen Johnnie mehr für mich. Ein Taxi brachte uns zum Flugplatz Donington, wo Vater sich sogleich ein ganzes Bündel Zeitungen und Zeitschriften kaufte. «Wer weiß, wann wir wieder ein zivilisiertes Blatt zu Gesicht bekommen.»
    «Wir fliegen schließlich nicht ins Quellgebiet des Amazonas», sagte Mutter sarkastisch.
    Mutter und Vater waren schon öfter geflogen. Für mich aber war es noch aufregend und faszinierend. Wir saßen ganz vorn in der Maschine. Perse nutzte jede Gelegenheit, mit dem Steward zu kokettieren. Trubshaw hatte sich mit roten Ohren in Comic-Hefte vertieft.
    Die Fahrt von Guernsey nach Sark mit dem Schiff verlief stürmisch. Das Schiff stampfte und schwankte. Um mich abzulenken, griff ich nach einer von Vaters Zeitungen. Angestrengt starrte ich auf die Buchstaben, denn ich wagte keinen Blick mehr auf den tanzenden Horizont zu riskieren. Und gerade als Mutter sagte: «Wir sind da, Vi», fiel mein Auge auf eine kleine Notiz.
    «Der Farmer John Wrighton auf Harker’s Clump bei Shephard’s Delight wurde gestern mit lebensgefährlichen Verletzungen ins Krankenhaus eingeliefert. Er war beim Pflügen unter den Traktor geraten. Das Fahrzeug hatte sich auf einem der abschüssigen Felder in den Hügeln überschlagen.»
    «Vi, nun komm endlich und laß die Zeitung sein», sagte Mutter ungeduldig.
    Ich sah auf und erblickte grüne Felsen, einen Leuchtturm, einen kleinen Hafen und darüber einen Himmel, so blau, wie ich ihn noch nie gesehen hatte.
    «Mutter», sagte ich, «Johnnie, er ist -»
    Aber Mutter hatte kein Ohr für mich. «Harry! Wo ist bloß Trubshaw?»
    Vater sah sich besorgt um. «Irgendwo auf diesem verdammten Schiff muß er ja sein.»
    «Mutter, denk doch bloß -» versuchte ich wieder.
    «Sieh doch mal unten im Maschinenraum nach», sagte Mutter.
    «Hier gibt es keinen Maschinenraum», sagte Vater gereizt. «Wir sind schließlich nicht auf der     «Perse!» schrie Mutter. «Wo ist Trubshaw?»
    «Weiß ich nicht», rief Perse zurück. Sie hatte sich mit den Matrosen angefreundet und half beim Auslegen der Gangway.
    Schließlich kriegte ich einen hysterischen Anfall und fing an zu weinen und zu schreien.
    «Vi - hast du den Verstand verloren?» sagte Mutter streng. «Harry, ich bitte dich, geh doch mal hin und sieh nach, ob Trubshaw nicht in der Toilette oder sonstwo sitzt und schläft. Sonst nehmen sie ihn wieder mit zurück nach Guernsey.»
    Endlich konnte ich Mutter die Notiz in der Zeitung zeigen. «Ach du lieber Himmel, jetzt wissen wir auch, warum er nicht

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