Als unser Kunde tot umfiel
Harald.
Ich schaute meinen Kollegen ungläubig an und musste mir ein Lachen verkneifen.
„Du meinst, ob wir unsere Mitarbeiter jeden Tag in Habt-Acht-Stellung antreten lassen?“
Harald merkte, dass ich ihn auf dem Arm nehmen wollte. „Ha, ha, sehr witzig, aber mal ehrlich, wie macht ihr das denn mit der Kontrolle der Leistung eurer Mitarbeiter?“
Ich merkte, dass er es wirklich ernst meinte und dass hier eine kollegiale Beratung angebracht war. Aber ein Blick auf die Uhr sagte mir, dass ich schon zum nächsten Termin düsen musste. Ich fragte, ob wir uns später noch treffen wollten, dann bräuchten wir nicht auf die Uhr zu schauen. Harald sagte zu.
Palluch vs. Hinrichsen – Der Ton macht die Musik
Hinrichsen: Na, herzlichen Glückwunsch. Der Feldwebel kontrolliert den Schuhputz, und wenn er nicht sein eigenes Spiegelbild erkennt, lässt er alle noch einmal zum Nachbessern wegtreten. Das muss doch eigentlich jedem klar sein, dass diese Art der Kontrolle grenzwertig ist.
Palluch: Möchte man meinen. Aber was, wenn man es nicht anders gelernt hat? Ich kenne wenige Unternehmen, die bei der Einarbeitung erklären, wie Mitarbeiter bei ihnen motiviert oder behandelt werden sollen. Plattitüden, klar – aber ganz konkret hört man das doch eher selten.
H: Du meinst Sprüche wie: Bei uns steht der Mitarbeiter im Zentrum, seine Entwicklung ist uns allen ein Anliegen oder Ähnliches? Klingt toll, aber wenn man dann mal tiefer bohrt, weiß in der Regel kein Mensch, was er eigentlich genau machen soll, um die selbst gesteckten Auflagen zu erfüllen.
P: Genau so. Bei der Einarbeitung und Einstellung wird halt auf Managementkompetenz, was auch immer das konkret bedeuten soll, und die fachliche Eignung geachtet. Was ja auch sinnvoll ist, schließlich kann ich als Nicht-Controller wohl kaum einschätzen, ob jemand seinen Job gut und richtig macht, geschweige denn Prozesse so organisieren, dass sie Sinn ergeben.
H: Du meinst, da müsste man als Unternehmen auch Klarheit schaffen? So in der Art: „Bei uns wird eher ein selbstverantwortliches, vertrauensvolles Miteinander gepflegt?“
P: Ich finde, das müsste selbstverständlich sein. Aber wenn ich über die Fälle im Einzelhandel nachdenke, die durch die Presse geistern – Kameras im Pausenraum und Taschenkontrolle bei Dienstschluss –, kann ich nachvollziehen, warum auch manche Unternehmen mit Stasi-Methoden geführt werden. Je nachdem, aus welchem Umfeld man als Chef kommt, muss man manchmal gesagt bekommen, welchen Grad der Kontrolle und wie viel Druck auf die Mitarbeiter das Unternehmen von einem erwartet.
H: Aber ehrlich, so etwas würde ich als Chef gar nicht mitmachen. Solche leeren Phrasen sind ja reine Zeitverschwendung! Da wüsste ich aus dem Stand 25 praktische Tipps, die echte Veränderung bringen.
P: Ich finde, das Problem geht noch viel tiefer. In vielen Fällen wird doch die Teamentwicklung einfach en passant gesteuert, ohne dass der Chef bewusst darangeht. Wenn dann einmal Zeit ist, wird eine Klettergarten-Teamrunde eingelegt. Wer kennt nicht die Pflichtveranstaltungs-Weihnachtsfeiern mit befohlenem Spaßfaktor? Da soll dann alles, was über das Jahr versäumt wurde, aufgeholt werden.
H: Klar, von einer Veranstaltung im Jahr wird der Braten nicht fett. Aber ich finde, in den letzten Jahren hat sich viel verändert und Chefs gehen viel bewusster mit dem Thema Teamentwicklung um. Trotzdem haben die wenigsten Führungskräfte einen Plan in der Schublade, wie sie konkret für ein ausgezeichnetes Teamklima sorgen. Schade! Denn in einer guten Arbeitsatmosphäre würden sich viele Probleme von alleine erledigen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Betriebsklima sogar einen direkten Einfluss auf Gewinn und Kundenzufriedenheit hat.
P: Ist ja auch logisch. Wenn man sich gegenseitig unterstützt und die Fluktuation im Team niedrig ist, merken die Kunden, dass sie es mit einem zufriedenen und stabilen Team zu tun haben – und kaufen gleich etwas mehr. Freilich ist die Agenda der meisten Chefs auch ohne das Thema Teamentwicklung voll genug.
H: Dabei ist es eine der wichtigsten Aufgaben einer Führungskraft, für ein vernünftiges Arbeitsumfeld zu sorgen! Und eigentlich ist das gar nicht so schwer. Braucht aber Zeit und Struktur. Und da lauern jede Menge Fallen.
Houston, wir haben ein Problem – „Management by Fear“
Wenn der Chef den Gang betritt, kann man in den Büros eine Stecknadel fallen hören. Jeder wartet nur auf die nächste Demütigung.
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