Als wir Roemer waren
Erstes Kapitel
I rgendwann haben die Wissenschaftler draußen im Weltall was Komisches entdeckt. Das war ein Ding, das Millionen Galaxien an sich ranzieht, und eine davon ist die Milchstraße, das ist unsere Galaxie, aber die Wissenschaftler konnten das Ding nicht sehen, weil es hinter massenhaft Staub versteckt war. Sie dachten, »das Ding da muss echt riesengroß sein, dass es die ganzen Galaxien an sich ranziehen kann, und dann auch noch wahnsinnig schnell, mit Millionen Stundenkilometern, aber was es genau ist, weiß keiner, es ist ein Rätsel.« Sie dachten, »das ist komisch, das ist unheimlich«, und dann sagten sie, »wir nennen das Ding einfach mal den Großen Attraktor.«
Der Große Attraktor zieht uns an, auch jetzt, in dieser Minute. Wahrscheinlich ist er ein riesengroßes schwarzes Loch, weil schwarze Löcher verschlucken nämlich alles, sogar das Licht, deswegen kann man sie auch nicht erkennen, sie sehen einfach nur aus wie ein total dunkles Stück Nacht. Jede Wette, eines Tages passiert eine große Katastrophe, wir kommen da immer näher und näher dran, und dann werden wir auf einmal ganz reingezogen. Wie wenn uns eine große Hand packt, und schwupp sind wir weg, aus einem schwarzen Loch kann nämlich nichts wieder raus, und dann sitzen wir da für immer und ewig drin fest. Das ist ein komischer Gedanke, dass wir jeden Tag ein Stück näher
an den Großen Attraktor rangezogen werden, und kaum einer weiß was davon, die Leute leben ganz normal ihr Leben, essen Toast zum Frühstück und gehen in die Schule, gucken sich im Fernsehen ihre Lieblingssendungen an und haben keinen blassen Schimmer.
Wir waren auf dem Heimweg vom Supermarkt, ein anderer als sonst und weiter weg, weil das sicherer war, und das war ein Abenteuer, Mum hat gesagt, wir müssen ganz schnell machen, wie die Vögel, die runtergeflogen kommen, sich was zum Essen aufpicken und mit dem Futter im Schnabel wieder wegfliegen. Es hat sogar richtig Spaß gemacht, wir haben uns einen Einkaufswagen geschnappt und sind mit einem Affenzahn los und haben alles reingeschmissen, Dosen und Packungen und Milch und Alufolie usw. usw. Dann hat Jemima eine lilane Bonbondose entdeckt und gesagt, »ah, die will ich haben, die muss ich haben, bitte, Mum«, und Mum hat gesagt, »jetzt sei nicht albern, Lamikin«, das sagt sie manchmal zu ihr, Lamikin. »Und das sind auch gar keine richtigen Bonbons, das sind Hustenbonbons, die sind nichts für dich.« Aber Jemima hat nicht zugehört, sie hört nie zu, und sie hat angefangen zu plärren, die alte Heulsuse, und sie hat gesagt, »aber ich muss sie haben, ich muss die lilane Dose haben.«
Sie hat nicht mehr damit aufgehört, den ganzen Rückweg nicht, und dann waren wir auf einmal fast zu Hause. Wir sind bei Mrs. Potter vorbeigefahren und an den hängenden Bäumen, die so komisch aussehen, wie Haare, und ich dachte, »au nein«, ich dachte, »jetzt gibts ein Theater«, aber ich hab natürlich nichts gesagt, weil wir nie was sagen können, wenn Jemima dabei ist, weil sie noch zu klein ist und nichts versteht. Aber dann gings doch noch mal gut. Jemima hat sich furchtbar aufgeführt, genau was ich erwartet hatte, und wie Mum angehalten hat, hat sie gesagt, »ich bleib hier sitzen, ich will wieder in den Supermarkt«, aber Mum war
da drauf gefasst, sie sagte, »wenn du mitkommst, kriegst du eine Überraschung«, und das hat funktioniert, denn Jemima hat sich wieder eingekriegt und »na gut« gesagt. Und dann haben wir wieder ganz schnell gemacht. Mum hat Jemima aus dem Kindersitz genommen, und dann haben wir die ganzen Tüten aus dem Kofferraum geholt, ich hab ziemlich viele geschleppt, obwohl sie echt schwer waren, und dann nichts wie ab zur Haustür, fast gerannt sind wir, Mum hatte den Schlüssel schon in der Hand, und ich hab mich noch mal kurz umgeschaut, obwohl ich es eigentlich nicht wollte, aber ich konnte nicht anders, ich musste, ich hab zum Zaun und zu den Büschen rübergeguckt, aber da war nichts, und das war gut so, da war kein Mensch da.
Dann waren wir drin, Mum hat die Tür zugemacht, und ich dachte, »hurra hurra«, ich dachte, »so viel Essen, damit kommen wir ewig aus.« Wir haben alles in den Kühlschrank und in die Schränke gepackt, und dann bin ich erst mal rauf zu Hermann gegangen. Ich hab seine Näpfe sauber gemacht und ihm Nüsse und frisches Wasser gegeben. Jemima ist hinter mir her, wie immer, und ich hab sie zugucken lassen und gesagt, »nein, du darfst ihn nicht in die Hand
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