Altern verboten
Sträflingsbehausungen hinunter; jeder mit 120 Meter Durchmesser; ein Gennajahr entspricht dreizehn Terrajahren, ein Gennatag hundertachtunddreißig Terrastunden …« Duck Kalderion beschränkte sich auf Stichworte. Die Aufmerksamkeit der Herrschaften so kurz wie möglich und nur so lange wie unbedingt nötig in Anspruch zu nehmen, gehörte zu den Kardinalfähigkeiten eines Stabsprotokollanten. Aber natürlich konnten die Herrschaften nicht jeden Planeten der Republik kennen. »… vierter Planet Leukos, Glaucaurisabbau auf seinem Mond Orkus seit 1381 nGG …«
»Danke, Subhauptmann, diese Fakten sind hinlänglich bekannt«, unterbrach ihn General Lurenz Myr. Wie Kalderion trug auch der untersetzte Logistikchef eine bordeauxrote Uniform. Fast alle trugen Bordeauxrot – bis auf drei. »Ein paar einführende Worte noch zur aktuellen Lage bitte«, verlangte Myr.
»Verlust von elf Frachtern der Klasse I samt Ladung und Besatzung, Subgeneral Merican Bergen mit Flaggschiff und fünfzehn Einheiten des Zwölften PK-Verbandes vor Ort, Verlust von sieben Sparklancern samt Besatzung und Kampfmaschinen …« Auch diese Fakten hätten eigentlich hinlänglich bekannt sein müssen, denn jedem der anwesenden Stabsoffiziere lagen Myrs Aktennotiz und die seitdem eingegangenen Berichte vor. Der letzte war der Anlaß für die hastig einberufene Sicherheitskonferenz. »… vier Frachter von Unbefugten gekapert, einer auf Orkus notgelandet, einer mit unbekanntem Ziel ins Hyperuniversum gesprungen, von zweien fehlt jede Spur …«
»Neuigkeiten über die uns bekannten Berichte und Protokolle hinaus?« Diesmal unterbrach ihn der Vorsitzende selbst, Subgeneral Niebuhr van Rhein, der Erste Stellvertreter des Primgenerals. Üblicherweise moderierte er solche Sitzungen. Kalderion verneinte erleichtert, entfaltete seine Tastatur und begann mitzuschreiben. »Dann bitte ich die Anwesenden um eine Stellungnahme zu den ungeheuerlichen Vorgängen auf Genna.« Der Subgeneral blickte in die Runde. Acht von dreizehn Stabsoffizieren hatten seinem dringenden Rundruf kurzfristig Folge leisten können. Wenigstens war der Stab beschlußfähig.
»Verheerend«, sagte der Mann links von ihm, Primoberst Caisar Russlan, zweiter Stellvertreter des Primgenerals. Er sah van Rhein zum Verwechseln ähnlich.
»Absolut verheerend«, nickte der Mann rechts von ihm, Primoberst Don Germani, dritter Stellvertreter des Primgenerals. Er sah van Rhein und Russlan zum Verwechseln ähnlich. Alle drei trugen weiße Uniformen, alle drei hatten sie weiße Schnurrbärte, volles weißes Haar, kantige Gesichter und wasserblaue Augen, alle drei waren sie ungewöhnlich groß und massig, und alle drei dienten sie als Double des Primgenerals.
»Diese Handschrift ist unverwechselbar!« Eine etwa sechzig Jahre alte Frau trommelte mit den Fingern auf dem Tisch herum. General Eurike Mejarim – groß, dürr und mit aufgetürmtem blauem Haar – war für die Koordination mit dem höchsten Regierungsgremium der Republik zuständig, mit dem Direktorium auf Terra Sekunda. »Es ist die Handschrift Uran Tigerns!«
»Ich habe sein Dossier in der zentralen Datenbank ausgegraben.« General Myr zog ein flaches, rundes Gerät aus seiner Brusttasche und aktivierte es; sein IKH. Im Spiralnebel vor der Stirnwand entfärbte sich eine runde Fläche von zwei Metern Durchmesser. Daten und Zahlen erschienen auf ihr. »Seit sechsundzwanzig Jahren sitzt Tigern samt Sippe und Eidmännern auf Genna. Bis vor acht Jahren haben wir regelmäßig Begnadigungen für Gefangene ausgesprochen, die bereit waren, uns Interna aus der Sträflingsgesellschaft zu verraten. Nach unseren letzten Informationen müßte Tigern sieben Kinder haben, von Drogen und Arbeit ausgezehrt und todkrank sein.«
»Und warum sind diese Informationen schon acht Jahre alt?« wollte der Chef der Flotte wissen, ein knapp fünfzig Jahre alter General namens Alv Nigros. Er hatte schwarzes Haar, dunkelbraune Haut und schwarze, glühende Augen. »Haben Sie die Geheimdienstarbeit auf Genna im Jahre 46 etwa eingestellt, Kollege Myr?«
»Sie wissen selbst, daß wir keinem Agenten die Arbeit unter Eis zumuten können!« Myr schlug den gleichen scharfen Tonfall an, in dem Nigros sich an ihn gewandt hatte. »Für unsere Informationen sind wir auf Begnadigte und Kommunikatorenhirne angewiesen. Aus diesen Quellen erhielten wir seit Tigerns Verbannung über achtzehn Jahre lang keinerlei Hinweise auf Kontakte zwischen den Schächten oder die Entwicklung
Weitere Kostenlose Bücher