Altern verboten
Delegation von Terra Prima empfangen und eine Botschaft unseres hochverehrten P.O.L. entgegennehmen.« Primdirektor Neptos Gulfstrom war nach dem P.O.L. der zweite Mann der Republik und die DUX sein Flaggschiff. »Mit anderen Worten: Ich gehe davon aus, daß Sie einen unaufschiebbaren Grund haben, mich in Ihre Konferenz einbeziehen zu wollen.«
»In der Tat, verehrter Primgeneral.« Niebuhr van Rhein deutete eine Verneigung an. »Auf Genna, einem unserer ältesten Glaucaurisplaneten, hat sich ein Drama abgespielt, ein ungeheuerlicher Sträflingsaufstand …« Der Erste Stellvertreter des Primgenerals berichtete. Geschickt stellte er die schwerwiegendsten Vorfälle an den Anfang, also die Verluste an Schiffen und Personen. In jedem dritten Satz ließ er den Namen Tigern fallen. Am Schluß nannte er den zur Debatte stehenden Vorschlag der Generalin Bukowa.
Der Oberbefehlshaber lehnte sich in seinem Sessel zurück, stützte den Ellbogen auf den Handrücken und das Kinn in die Faust. Seine Miene verriet weder Bestürzung noch Wut. Ein paar Atemzüge lang dachte er nach. »Uran Tigern also …« sagte er schließlich. »Ich habe jahrelang nicht mehr an ihn gedacht … das sieht ihm ähnlich …« Nachdenklich blickte er auf einen Punkt außerhalb des VQ-Darstellungsbereiches. Für Kalderion sah er aus wie ein Mann, der versuchte, sich zu erinnern. »Was für ein Zufall, daß ausgerechnet Bergen in der Nähe war.« Der Subgeneral lächelte. »Bergens Großvater hat Tigern einst verhaftet, wissen Sie das? Bergen ist nicht irgend jemand, verstehen Sie? Seine Sippe stellte in den letzten drei Jahrhunderten viermal den Primgeneral. Merican Bergen will der fünfte werden. Ich trau's ihm zu, ehrlich gesagt …« Ein wenig wirkte es, als spräche der Primgeneral mit sich selbst. Das tat er häufiger, auch dann, wenn er eine Konferenz persönlich leitete. »Tja, und dazu kommt: Bergens Großvater wurde vor ein paar Jahren mit der Höchsten Ehre ausgezeichnet … kann nicht lange nach Tigerns Verbannung gewesen sein … seitdem lebt der Glückliche das paradiesische Leben der Privilegierten von Terra Prima …«
Wieder perlte Kalderion ein Schauer über Nacken und Rücken. Die Höchste Ehre …! Nur wenige Menschen kannten jemanden, der jemanden kannte, dem das Wohnrecht auf dem Mutterplaneten geschenkt wurde. Seinen Lebensabend auf dem verbotenen Planeten zu verbringen, auf der guten alten Erde, das war der heimliche Traum eines jeden! Aber nur aufgrund außergewöhnlicher Leistungen vergab der regierende P.O.L. dieses seltene Privileg. Bergens Großvater hatte es also geschafft …
»… Merican Bergen …« Vetian sah auf. »Hat ihn nicht neulich einer von Ihnen für die Beförderung zum General vorgeschlagen?«
»Ich, verehrter Primgeneral«, meldete sich General Jonas.
»Ich habe den Vorschlag unterstützt, verehrter Primgeneral«, sagte Josefina Bukowa. »Und unterstütze ihn noch.«
»Nun gut.« Vetian lächelte ein kaltes Lächeln. Drei seiner oberen Schneidezähne waren aus Gold. »Dann wollen wir dem Kommandeur des Zwölften Pionierkampfverbandes doch Gelegenheit geben, sich vor seiner Beförderung noch einmal auszuzeichnen. Wenn sein Großvater Tigern seinerzeit verhaftet hat, ist es doch irgendwie sinnig, wenn der Enkel das Problem Tigern endgültig aus der Welt schafft. Was meinen Sie, meine Damen und Herren?« Seine kantige Miene verzog sich zu einem amüsierten Lächeln. »Kurz und gut: Ihre Vorschläge sind sehr vernünftig. Zögern Sie nicht länger …!«
*
Calibo Veron sah mitgenommen aus. Das sonst so glänzende Schwarz seiner Haut war einem stumpfen Anthrazit gewichen. Seine Stimme klang gepreßt. »Acht Mann und vier Maschinen verloren«, meldete er knapp. Er nannte die Namen der Vermißten. »Der Graviton-Sog des Frachters hat sie ins Hyperuniversum gerissen.«
Bergen nickte stumm. »Ich hätte nicht gedacht, daß der Frachter noch seine KRV-Triebwerke aktivieren kann.«
Veron senkte den Blick und schüttelte den Kopf. »Das rechte hat zwei Volltreffer abgekriegt und brannte schon. Auch Waffenleitstand und Maschinenleitstand haben wir getroffen. Ich glaube kaum, daß der Kahn die Rückkehr ins Normaluniversum übersteht. Trotzdem – wir hätten ihn entern müssen. Tut mir leid, mein Subgeneral.«
»Es ist, wie es ist, Veron«, sagte Bergen. »Wir haben es wenigstens versucht. Sie trifft keine Schuld. Gehen Sie wieder in Ihre Kabine, setzen Sie Ihre Pause fort.«
»Ich glaube kaum, daß
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