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Altstadtfest

Altstadtfest

Titel: Altstadtfest Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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Es geht um das Attentat von Samstagabend.«
    Stumm musterte ich den Knaben eine Weile. Sein Bart war ein schlechter Witz, er hatte ein Glitzern im Blick, das ebenso Überheblichkeit wie Unsicherheit signalisieren mochte, und er hatte mich fotografiert. Mit Pickel. Ich wollte wissen, warum.
    »Kommen Sie rein«, sagte ich und gab den Weg frei.
    Zehn Minuten später saßen wir uns gegenüber, jeder einen Becher Kaffee in der Hand. Ich hatte mir das Gesicht gewaschen und die Zähne geputzt, mehr nicht. Immer noch trug ich das Wrack von Morgenmantel, war barfuß, roch nicht besonders. Zu essen gab es nichts.
    »Lassen Sie sich von dem Chaos nicht stören«, sagte ich. »Die Putzkolonne streikt, und mein Chauffeur weigert sich, hier sauber zu machen. Ich hätte keine Gewerkschaftsmitglieder nehmen sollen.«
    Er schenkte mir ein schwaches Lächeln, bevor er mit gespitzten Lippen in seinen Becher pustete.
    »Also, was sollte das mit dem Foto, Sie Paparazzo?«
    »Das hat nichts zu bedeuten. Brauchen wir für unsere Akten. Außerdem weiß mein Auftraggeber gerne im Voraus, mit wem er es zu tun hat.«
    »Mit einem verkaterten, unrasierten Privatflic. Das hätte ich ihm gleich sagen können. So, und jetzt lassen Sie sich nicht alle Würmer aus der Nase ziehen! Worum geht es? Wer ist Ihr Mann?«
    Er setzte den Becher, aus dem er eben trinken wollte, wieder ab, zog eine Visitenkarte aus der Innentasche seines Anzugs und legte sie auf meinen Schreibtisch. Die Bewegung, mit der er das tat, hatte etwas Gespreiztes, Ehrfürchtiges. Aber vielleicht kam mir das nur so vor. »Der Name dürfte Ihnen etwas sagen«, merkte er an.
    Ich beugte mich vor, um den Namen auf der Karte zu lesen, ohne sie anfassen zu müssen. Dottore Flavio Petazzi, stand da, umrankt von italienischen Begriffen und Abkürzungen.
    »Nö«, machte ich. »Petazzi sagt mir nix. Es gab mal einen Radfahrer, der so ähnlich hieß. Geht es um Doping?«
    »Wirklich nie gehört?«, fragte er mit vorwurfsvollem Blick. »Komplett ahnungslos, Herr Koller?« Dann trank er endlich einen Schluck.
    Ich zog meine Uhr aus und legte sie vor mir auf den Schreibtisch. Er reagierte, allerdings anders, als ich erwartet hatte.
    »Das ist kein deutscher Kaffee«, sagte er und tippte gegen den Becher.
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Auch kein italienischer.«
    »Französischer.«
    Er nickte nachdenklich, fast ein wenig anerkennend. Anscheinend war ich gerade mehrere Stufen in seiner Achtung gestiegen. Von unterirdisch bis knapp unter Bodenniveau.
    »Okay, jetzt raus mit der Sprache. Was will dieser Petazzi, warum ich, und wer sind Sie überhaupt? Ich habe meine Zeit nicht gestohlen.«
    »Gerne.« Geschäftig stellte er den Becher ab, um eine zweite Visitenkarte auf den Tisch zu legen. Der Name auf ihr lautete Dr. Wolfgang C. Nerius, und irgendwie kam sie mir protziger vor als die aus Italien, obwohl weniger draufstand. Vielleicht wegen der verschnörkelten Schrift. »Ich bin ein Freund von Signor Petazzi und unterstütze ihn während seines Aufenthalts in Deutschland. Sie wissen wirklich nicht, um wen es sich handelt?«
    Stöhnend sah ich zur Seite.
    »In Italien«, fuhr Nerius unbeeindruckt fort, »gehört Signor Petazzi zu den prominentesten Leuten überhaupt. Er ist hochrangiger Politiker, Unternehmer, Mäzen und eine ganze Menge mehr. Florenz, seine Heimatstadt, hat ihn zum Ehrenbürger ernannt. Das ist das eine. Das andere betrifft seinen Besuch in Heidelberg, einen Besuch aus traurigem Anlass.« Wie auf Befehl verdüsterte sich seine Miene. »Signor Petazzis Tochter gehört zu den Toten vom Uniplatz.«
    Ich starrte ihn an. Auch wenn es albern war, plötzlich kam ich mir dämlich vor in meinem Penneroutfit und den schlechten Manieren. Aber nur, um mir umgehend selbst zu widersprechen: War es meine Schuld, dass ich frühmorgens aus dem Bett geklingelt wurde, dass man nicht zuvor Telefonkontakt aufnahm, um mir die Gelegenheit zu geben, meinen Pickel auszuquetschen?
    »Sie wurde 22«, sagte Nerius. »Kein Alter, um zu sterben.«
    »Tut mir leid«, murmelte ich und setzte mich gerade hin.
    »Ja, es ist unfassbar. Sie war sein einziges Kind. Und nun sieht er sich in der Pflicht herauszufinden, wer sie ihm genommen hat. Deshalb bin ich hier.«
    Wieder starrte ich ihn an, als sei er der Weihnachtsmann. »Verstehe ich nicht«, sagte ich schließlich. »Was hat das mit mir zu tun?«
    »Ich weiß, es ist Sache der Polizei und der Geheimdienste, den Mörder zu ermitteln. Wir haben gestern den ganzen

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