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Altstadtrebellen

Altstadtrebellen

Titel: Altstadtrebellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Giebel
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Bild nicht gesehen, da ich schon aufgestanden war. Ich vermute, das Bild zeigt ein Haus, einen Baum, ein Auto, ein paar Männchen, unten am Bildrand eine Wiese, oben die Sonne.
     

Laster am Arm
     
    Mit den verkohlten Käskrainern im Magen mache ich mich auf den Weg Richtung Ranftl Sepp, da ist mein Platz, denke ich, da werde ich jetzt andocken. Drei Schritte vor meinem Ziel packt mich von hinten der Würth Reinhold am Arm. Ein cholerischer Frührentner, völlig unausgefüllt, hochengagiert, Mitglied in allen möglichen Vereinen, nervt jeden, der in seiner Nähe ist. Außerdem ist er einer von den Menschen, die glauben, alles mit Zahlen und Statistiken erklären zu können.
     
    Er zieht mich hastig zwei Schritte zurück, fuchtelt mit seinem anderen Arm wild in Richtung Garten gegenüber: »Da, geh amal her, schau amal da rüber, siegst du die Blumen da drüben? Ha, siegst du die Blumen? Herrliche Blumen, ha?«
     
    Sein bebender Schädel nähert sich dem meinem: »Weißt du, wie viele Blumenlaster jedes Jahr von Holland nach Deutschland kommen, ha?«
     
    »Keine Ahnung!«
     
    »460 000 Blumenlaster jedes Jahr von Holland nach Deutschland! Da frag ich dich...«, sein ganzer Körper bebt, sein Arm fuchtelt in Richtung Garten, »… und da frag ich dich, ham mir Blumen oder ham mir keine Blumen, ha?«
     
    Ich antworte wie in Trance: »Mir ham Blumen!«
     
    »Siegstas.« Er zieht mich verschwörerisch zu sich und bröselt mir seine feuchte Aussprache ins Ohr: »Siegstas, du verstehst mich, du bist auf meiner Seite. Verstehst du, das wäre mal ein Thema, da sollten sich die in Brüssel mal drum kümmern, aber wenn du mich fragst, das ist so ein Thema, da traut sich wieder keiner ran!«
     
    Von mir kommt nur noch ein leises, apathisches: »Ja, ja.«
     
    In diesem Augenblick stolziert Dr. Manfred Portzner von der anderen Seite heran: »Aaahhh, der Reinhold Würth, hat schon wieder ein Thema, was? Hahaha.«
     
    Portzner links, Würth Reinhold rechts, und ich dazwischen, das ist nicht der Platz, wo ich stehen bleiben wollte.
     
    »Hat schon wieder ein Thema, sag mal, Reinhold, hab ich da vielleicht was von Lastern gehört? Ja? Ich sage immer, wir Menschen möchten von den Folgen unserer Laster befreit werden, aber nicht von unseren Lastern selbst, hahaha!«
     
    »Sehr gut, Herr Dr. Portzner«, meint der Würth Reinhold hektisch, meinen Arm immer noch fest im Griff. »Das haben Sie wieder was gesagt«, wird er plötzlich hochdeutsch, »um nicht zu sagen, da haben Sie ein Fass aufgemacht. Aber ich sage Ihnen was, Herr Dr. Portzner, das ist auch so ein Thema, an das sich wieder keiner rantraut! Aber Sie kennen sich halt aus, Sie sind ja ein internationaler Mensch!«
     
    »Ja, das stimmt allerdings«, meint Portzner, geht einen Schritt nach vorne und setzt seinen weltmännischen Blick auf, »ich bin schon viel rumgekommen, wenn Sie das meinen. Mosambik, Angola …!«
     
    Jetzt, denke ich mir, musst du auch mal was sagen: »Ah, Afrika!«
     
    »Ja«, meint Portzner lächelnd, »ich sag ja immer Deutsch Südwest, oder halt, nein, das ist ja schon Namibia, Deutsch Ostafrika, so ist es, aber egal, Kolonie bleibt Kolonie, haha!«
     
    Das ist das Stichwort für den Würth Reinhold, er löst seinen Griff von meinem Arm und widmet sich ganz dem von ihm so verehrten Portzner, und ich kann mich endlich neben dem Ranftl Sepp niederlassen.
     

Reichsmark im »Hahnhof«
     
    Ich kenne nicht jeden aus der Straße. Das liegt daran, dass manchmal jemand stirbt. Und dann gibt’s eine Erbengemeinschaft, die streitet dann, oft lang, das Haus steht leer, es zerfällt, und dann wird irgendwann im Eiltempo ein modernes Vierfamilienhaus hingestellt, in dem dann Notare, Unternehmer und Tierärzte aus Diepholz, Bottrop oder Soest wohnen. Die sind sicher alle sehr nett, aber ich kann mich nicht um jeden kümmern.
     
    Gerade summen wir »La Paloma«, als ich merke, wie sich Herbert wie von der Tarantel gestochen aufrichtet und zu den Tierärzten und Unternehmern blickt: »Sag amal, hat der da einen Laptop?«
     
    »Herbert!«, rufe ich ihm beschwichtigend zu.
     
    »An Laptop am Straßenfest? Dem hau ich heut noch eine rein! Des gibt’s ja wohl nicht. Was macht er denn da?« Er wird laut: »Machen wir wieder Börsengeschäfte? Ha? Schweineschultern verschachern, aber beim Schlachten nicht zuschauen können?«
     
    Herbert nimmt einen tiefen Schluck vom billigen Rotwein, sinniert vor sich hin und beginnt ein Selbstgespräch: »Reg dich

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