Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Am Anfang des Weges

Am Anfang des Weges

Titel: Am Anfang des Weges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
Vom Netzwerk:
und roch nach nasser Farbe. »Benutzen Sie das Klo besser nicht«, sagte er. »Es funktioniert nicht, und es gäbe eine Riesensauerei. Sie können die Toiletten hinter dem Restaurant benutzen. Ich werde die Tür offen lassen.«
    Ich staunte, wie viel Vertrauen er einem völlig Fremden entgegenbrachte.
    »Danke.«
    »Keine Ursache.«
    Er ging hinaus und schloss die Tür hinter sich. Ich hatte noch nie in einem Zug gesessen (es sei denn, man zählt die Parkeisenbahn im Disneyland dazu), geschweige denn, in einem geschlafen. Die Schlafkoje war eine lange, hölzerne Schale, in der früher einmal eine Matratze gelegen hatte. Ich rollte meine Isomatte aus, zog den Reißverschluss meines Schlafsacks auf und breitete ihn darüber aus. Ich legte mich probehalber hin. Nicht schlecht. Hart, aber daran gewöhnte ich mich allmählich. Weich war in meinem Leben kaum noch etwas.
    Mit dem Einbruch der Nacht wurde der Regen heftiger, und das Geräusch wurde durch die hölzerne Kiste verstärkt, in der ich Unterschlupf gefunden hatte. Ich war froh, ein Dach über dem Kopf zu haben.
    Ich nahm die Taschenlampe und mein Reisetagebuch aus meinem Rucksack, um mir ein paar Notizen zu dem Tag zu machen. Ich schrieb ein paar Zeilen über den Obdachlosen in dem Jack in the Box und das Lehrerbuch. Ich fragte mich, ob ich im Laufe der Zeit so werden würde wie er – von Dingen schwafeln, die andere nicht verstehen konnten. Das Lehrerbuch .
    Ich hasste die Nacht und die Dämonen, die bis zum Einbruch der Dunkelheit warteten, bevor sie sich zeigten. Obwohl ich den ganzen Tag an McKale und manchmal auch an Kyle und seinen Verrat dachte, besaß das Gehen doch eine Macht, die meine Dämonen in Schach hielt. Aber in der Stille der Nacht kamen sie scharenweise hervor. In solchen Stunden fühlte ich mich wie ein Fremder in meinem eigenen Kopf; ich wanderte durch eine geheimnisvolle und gefährliche Landschaft.
    Ich glaube, es war Twain, der schrieb: »Ich nehme an, ich bin wie der Rest der Menschheit: nachts nicht ganz richtig im Kopf.«

Fünfundzwanzigstes Kapitel
    Ich habe die Nacht in einem Eisenbahnwaggon verbracht. Ich kann mir nicht vorstellen, was der neue Tag bringen wird, außer natürlich noch mehr Gehen. Und noch mehr Regen.
    Alan Christoffersens Tagebuch
    Die Welt war still, als ich aufwachte. Die Morgensonne war noch nicht über die Berge geklettert, und die Welt war noch blau und grau. Die Luft war so kalt, dass ich meinen Atem sehen konnte.
    Ich packte meine Sachen zusammen. Es regnete nicht mehr, aber draußen war alles noch so nass, als hätte der Regen erst vor ein oder zwei Stunden aufgehört. Ich umrundete den noch im Dunkeln liegenden Drive-in und drückte gegen die Toilettentür. Ich war froh, als sie aufging.
    Ich rasierte mich mit warmem Wasser und füllte dann meine Feldflasche mit kaltem. Ich schulterte meinen Rucksack und machte mich wieder auf den Weg.
    Der Highway überquerte einen Fluss, und unter mir sah ich eine Gruppe von Leuten, die Kajaks aus einem Lastwagen luden. Niemand war in Eile. Mir wurde bewusst, dass ich selbst es auch nicht war. Zum ersten Mal dachte ich darüber nach, wie einfach mein neues Leben war. Keine Termine. Keine geschäftlichen Verabredungen oder Besprechungen. Keine E-Mails oder Telefonkonferenzen. Ich musste nur an das Notwendigste denken – Wasser, Essen, Schlafen und von Zeit zu Zeit ein Dach über dem Kopf.
    Die Straße war in Dunst gehüllt. Ich war mir nicht sicher, ob dieser kühle Nebel vom Asphalt aufstieg oder sich vom Himmel herabsenkte. Nachdem es ein paar Meilen steil bergauf gegangen war, erblickte ich Wasserfälle, die am Nordhang der Berge herabstürzten. Südlich von mir erstreckte sich der Skykomish River. Selbst in meiner gegenwärtigen seelischen Verfassung konnte ich die Schönheit dieser Landschaft nicht ignorieren.
    Gegen zehn Uhr erreichte ich die Stadt Baring, wo ich in einem Diner am Straßenrand ein schlichtes, aber köstliches Frühstück zu mir nahm: Eier mit Würstchen. Es war ein stiller Tag, grau und trübe. Selbst wenn der Himmel nicht bedeckt gewesen wäre, hätte der dichte Baldachin der Bäume um mich herum kaum einen Sonnenstrahl durchgelassen. Moos und Flechten ließen den Wald grün schimmern, und selbst die Betongeländer der Brücken waren mit Moos bewachsen.
    Am Spätnachmittag erreichte ich den Campingplatz von Moneycreek, wo ich eine Pause einlegte, um einen Apfel, etwas Dörrfleisch und eine Hand voll Studentenfutter zu essen.
    Die Straße war

Weitere Kostenlose Bücher