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Am Anfang des Weges

Am Anfang des Weges

Titel: Am Anfang des Weges Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Paul Evans
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denn?«
    Die Liste der Shakes und Malzgetränke nahm mindestens zwei Drittel der Speisekarte ein. Die Geschmacksrichtungen reichten von Banane-Karamell bis Grashüpfer. Außerdem gab es zwei saisonale Spezialitäten, Lebkuchen und Rhabarber. Ich fragte ihn, welche besser sei.
    »Kommt drauf an.«
    »Worauf?«
    »Ob Sie lieber Lebkuchen oder Rhabarber mögen.«
    Dumme Frage . »Ich probiere Rhabarber.«
    »Gute Wahl.« Er tippte meine Bestellung ein. Ich reichte ihm einen Zehndollarschein, und er gab mir etwas Wechselgeld und einen Kassenzettel wieder. »Sie sind Nummer vierunddreißig«, sagte er, was mich leicht amüsierte, da außer mir niemand wartete.
    »Gehört dieser Wald hinter dem Restaurant Ihnen?«
    »Nein. Ich weiß nicht, wem er gehört. Das ist ein Privatgrundstück. Eines Tages standen die ›Betreten-verboten‹-Schilder einfach da.«
    »Würde ich Ärger bekommen, wenn ich dort zelte?«
    »Möchte ich bezweifeln. Hin und wieder sehe ich da morgens jemanden wegschleichen. Wir hatten sogar mal einen Burschen, der über ein Jahr dort gelebt hat. Niemand hat sich groß darüber aufgeregt. Und er war auch nicht besonders vorsichtig. Hat sich eine kleine Hütte gebaut. Ich komme jetzt nicht mehr auf den Namen.« Er wandte sich zu dem Mädchen am Grill um. »Wie hieß gleich wieder dieser Bursche, der in dem Wald dort hinten gelebt hat?«
    Sie sagte etwas, und er nickte. »Ach ja.« Er wandte sich wieder um. »Sein Name war Itch. Sein Vater war in Seattle eine große Nummer in der Politik. Er hat über ein Jahr dort gelebt. Keine Ahnung, warum er sich ausgerechnet diesen Ort ausgesucht hat. Es hat ihm hier einfach gefallen, nehme ich an. Er ist immer den Highway auf- und abgelaufen und hat das verlorene Kleingeld und die Aluminiumdosen der Leute eingesammelt, und wenn er genügend Geld beisammenhatte, ist er hierhergekommen und hat sich was zu essen geholt. Eines Tages ist er dann einfach auf und davon. Ich hab ihn seitdem nicht mehr gesehen. Warum fragen Sie?«
    Ich hatte ganz vergessen, was ich gefragt hatte. »Frage ich was?«
    »Ob Sie da hinten zelten können.«
    »Ich suche nach einem Ort zum Übernachten.«
    »Na, bei dem Regen werden Sie da aber ganz schön nass werden.« Hinter ihm flackerte wieder eine Flamme auf. »Wo kommen Sie her?«
    »Aus Seattle.«
    Er musterte mich kurz, dann sagte er: »Sie können in dem Eisenbahnwaggon schlafen.«
    Ich sah auf den großen roten Eisenbahnwaggon. »Der da drüben?« Noch eine dumme Frage.
    »Das ist der Einzige, den ich habe. Es gibt keine Matratzen mehr. Aber wenn es Ihnen nichts ausmacht, auf Holz zu schlafen …«
    »Danke. Ein Dach über dem Kopf würde ich sehr zu schätzen wissen.«
    Hinter ihm rief jemand: »Nummer vierunddreißig!«
    Er wandte sich um und packte mein Essen in eine Tüte, dann reichte er sie mir zusammen mit dem Shake. »Wenn Sie gegessen haben, kommen Sie einfach wieder her, dann schließe ich Ihnen den Waggon auf.«
    »Danke.«
    Der Essbereich befand sich hinter dem Restaurant in einem separaten Gebäude. Der Raum war sauber und mit sechs Picknicktischen eingerichtet. An den Wänden hingen Landkarten mit den Wanderwegen der näheren Umgebung und ein Artikel über Bärenangriffe. (Der Artikel war von der örtlichen Handelskammer veröffentlicht worden, daher wurde darin viel Gutes über Bären gesagt.)
    Ich setzte mich an einen der Tische und wickelte meinen Straußenfleisch-Burger aus dem Wachspapier. Straußenfleisch mag aussehen wie Rindfleisch, aber es schmeckt nicht so gut. Ich goss einfach noch ein bisschen Ketchup darüber.
    Meinen Füßen tat die Pause gut. Seit dem Tag zuvor hatte ich meine Socken nicht mehr gewechselt, und ich hatte das Gefühl, als würde mein Fleisch sie aufsaugen. Ich freute mich darauf, sie auszuziehen, aber so weit war es noch nicht. Ich war noch beim Essen.
    Als ich mit dem Essen fertig war, machte ich den Tisch sauber. Dann ging ich zurück zu dem Drive-in. Inzwischen parkten drei Autos davor, und vor dem Fenster hatte sich eine Schlange gebildet. Als der Mann mich kommen sah, sagte er: »Warten Sie einen Augenblick. Ich muss Ihnen aufschließen.« Etwa zwanzig Minuten später trat er aus einer Seitentür ins Freie. »Hier entlang.«
    Ich folgte ihm hinter das Gebäude und dann ein paar Stufen hoch zu dem Eisenbahnwaggon. Er zückte einen Schlüsselring und sperrte die Tür auf. Wir traten beide ein und standen dann in dem schmalen Gang des Waggons. Das Innere des Waggons war U-Boot-grau gestrichen

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