Am Anfang war die Mail
wohl streichen. Und wir brauchen natürlich die Liste der Angehörigen. Vielleicht wissen die etwas, was uns weiterhilft.«
Weddings Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken, eine Todesnachricht überbringen zu müssen. Er hatte schon von Kollegen gehört, die von den Hinterbliebenen angegriffen und ernsthaft verletzt worden waren. Während er seine Liste noch einmal durchging, umrundete Keller den letzten Kreisverkehr beinahe völlig. Die Fliehkraft schob sie sanft in ihren Sitzen zur Seite.
Während sie die Toreinfahrt des Präsidiums passierten, fasste Wedding noch einmal zusammen: »Also, aufgrund der Situation gehen wir erst einmal von zwei Tätern aus, von denen zumindest einer aus dem näheren Umfeld der Toten stammen muss. Außerdem benötigen wir noch den Vornamen der Toten. Die meisten Ergebnisse fehlen uns noch, sodass wir auf Autopsie und Spurensuche warten müssen.« Er klappte sein Notizbuch mit einem leisen Geräusch zusammen. »Wenigstens die Toten laufen uns nicht davon.«
Leseprobe "Der Richter und sein Mörder" von Andreas Kimme lmann
Kategorie: Kriminalroman |
180 Seiten | als Taschenbuch: 9 ,90 € | als E-Book: 5,99 € | ISBN 978-3-944935-09-6
PROLOG
»Hätte ich gewusst, dass die Nacht so endet, dann hätte ich doch noch meine Pfeife geraucht«, war das Letzte, was Robert Bergmann dachte, bevor die Kugel in seinem Kopf einschlug.
Sieben Minuten zuvor hatte er sein Schlafzimmer betreten, nachdem er einige Stunden an seinem Schreibtisch verbracht und über seinen Akten gebrütet hatte. Seit seine Frau nicht mehr da war, ging er immer spät zu Bett. Er hatte keine Lust, darüber nachzudenken, was in den letzten Monaten passiert war. Stattdessen stürzte er sich auf seine Arbeit und erlaubte sich nicht, zur Ruhe zu kommen. Andernfalls würde er wahnsinnig werden.
Als Thea noch hier war, waren sie immer früh ins Bett gegangen. Sie hatten sich geliebt und waren danach eng umschlungen eingeschlafen. Dann war Thea auf einmal fort gewesen und mit ihr das Bedürfnis nach Schlaf und Ruhe.
Er sah auf den Digitalwecker, der auf dem Nachtkästchen stand: 4:32 Uhr. Eigentlich lohnte es sich gar nicht mehr zu schlafen. Um sieben wollte er schon wieder aufstehen.
Es war noch dunkel im Zimmer. Er drückte auf den Lichtschalter. Es gab einen gedämpften Knall, ein kurzes Aufflackern, dann wieder Dunkelheit. Er war bei dem Knall zusammengezuckt. Der Schlafmangel hatte ihn schreckhaft gemacht. Robert Bergmann seufzte und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. Schweiß.
›So kann das nicht weitergehen‹, dachte er. Er musste endlich wieder richtig schlafen.
Er ging auf den Flur hinaus, zum Sicherungskasten. Er ertastete ihn mit den Händen, öffnete ihn, strich mit den Fingerspitzen über die Sicherungen, bis er die richtige fand und setzte sie wieder ein. Das Licht ging wieder an. Er schnaufte tief durch.
Auf dem Weg zurück ins Schlafzimmer machte er doch noch einen kleinen Abstecher in sein Arbeitszimmer. Er schaltete das Licht an und stellte erleichtert fest, dass es diesmal keinen gedämpften Knall gab. Zufrieden blickte er auf die rote Aktenmappe auf seinem Schreibtisch. Er nahm sie noch einmal in die Hand und wog sie ein wenig hin und her, fast als sei er sich nicht sicher, der Schwere des Falls gewachsen zu sein.
»Fleissen, Edgar Henry«, stand in Blockbuchstaben auf dem weißen Etikett, das sich auf der Akte befand.
»Ich kriege dich«, murmelte Robert. »Und wenn du deinen Anwälten noch so viel bezahlst, ich kriege dich.«
Er legte die Akte wieder auf seinen Schreibtisch zurück und nahm stattdessen seine Pfeife zur Hand, die unberührt daneben lag. Er nahm sie in den Mund und zog daran. Sie war kalt.
Thea hatte den Duft seiner Pfeife gemocht. Seit sie weg war, rauchte er nicht mehr. Er hatte die Lust dazu verloren.
Robert legte die Pfeife zurück auf den Schreibtisch und öffnete das Fenster. Die laue Nachluft kam herein und füllte den Raum mit einem angenehmen, frischen Geruch. Er atmete tief ein. Die Nacht war klar. Er konnte die Sterne sehen, die über dem Wald strahlten. Es war völlig ruhig. Nicht einmal die Grillen zirpten heute Nacht. Robert liebte die Abgeschiedenheit seines Hauses. Es lag auf einem kleinen Hügel, mitten am Waldrand. Wenn man auf der Schlafzimmerseite aus dem Fenster sah, konnte man das Haus des nächsten Nachbarn nur ganz klein von Weitem sehen, aber auch nur, wenn dort Licht brannte. Wollte er Bernd und Lisa besuchen, war es gut eine
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